Die hier gezeigte kleine Dokumentation des alten Bergmannsfriedhofs im Wald zu Friedrichssegen wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Lady EvA Schmidt of Glenmore (EmaeS), die, in Zusammenarbeit mit Herrn Christ, vom "Arbeitskreis Grube Friedrichssegen", der ihr viele Hintergrundinformationen gab, diese Dokumentation erstellt hat.
Artikel der Rhein-Zeitung Nr. 254 vom
31.Oktober/1.November 1996
HIER |
Ganz im Wald versteckt, und nur zu Fuß erreichbar, liegt unter hohen Tannen verborgen der Bergmannsfriedhof von Friedrichssegen (Ortsteil von Lahnstein). Ein seltsam, geheimnisvoller Ort, den ich noch aus Kindertagen kenne. Mein Vater, der in Friedrichssegen geboren wurde und auch hier lebte, kann sich noch an Beerdigungen von Verwandten erinnern, die damals noch mit einem Leichenwagen, welcher von Pferden gezogen wurde, stattfanden.
Hier gibt es keine großen Engel oder Grabmäler zu sehen, sondern einzig ein Stück Vergangenheit. Langsam verfallend und wieder mit der Natur ringsum eins werdend ist es ein Ort der Stille der die Vergänglichkeit des Seins vor Augen führt aber auch ein Weiterleben in anderer Form.
Geschichte der Grube Friedrichsegen
Schon zu Zeiten der Römer hat man wahrscheinlich
im Friedrichssegener Tal nach Erzen gegraben (ausführliche
Info hier)
Die erste urkundliche Erwähnung ist die Vergabe von Schürfrechten von König
Friedrich II. an den Mainzer Erzbischof Sigfrid im Jahre 1220. Die nächste
urkundliche Erwähnung des Erzbergbaues fand im Jahre 1768 statt. Zu dieser Zeit
arbeiteten in den "Kölsche
Löschern" im Lahnsteiner Wald bis zu 20
Bergleuten. Ab ca. 1850 findet man dann die Bezeichnung "Zeche Friedrichssegen".
1852 wurde die Zeche verkauft und als "Anonyme Aktiengesellschaft des Silber-
und Bleibergwerkes Friedrichssegen bei Oberlahnstein" (früher gab es Ober- und
Niederlahnstein das dann im Jahre 1969 zu Lahnstein zusammengefügt wurde... was
bis zum heutigen Tage von den Lahnsteinern nicht akzeptiert wird) geführt. In
den folgenden Jahren blühte die Grube Friedrichssegen auf (ausführliche
Info hier).
Gefördert wurden 1880 12 981 Tonnen Erze und 1886 13 761 Tonnen Erze. Die
Gesamtlänge der Stollen und Strecken betrug 22 723 m, davon 18 200 m mit
Schienen für Loren. Modernste Aufbereitungsanlagen wurden errichtet wie z.B.
1875 eine Gasanstalt mit 1900 m Leitungen, 1880 eine Grubenzahnradbahn, welche
die erste im Königreich Preußen war, und eine Streckenlänge von 2509 m vom
Kölsch Loch nach Ahl bis zur Lahn hatte. 1884 wurde durch die Grube
Friedrichssegen für
42.000 Mark
der Friedrichssegener Bahnhof erbaut, der heute noch in Betrieb ist und ein
wenig an "Anna Karenina" erinnert.
Fotos ©EmaeS
Bahnhof Sommer 2005
Foto ©EmaeS
Bahnhof im Modell wie er 1884 ausgesehen hat
Im dahinter liegenden Haus hat mein Vater (EmaeS) seine Jugend verbracht und in
späteren Jahren war ich oft dort bei Verwandten zu Besuch
Am 24. April 2005 fuhr die 52 8106 durch
Friedrichssegen im Lahntal in Richtung Marburg.
Mit freundlicher Genehmigung von "Hennings's
Dampflokseiten"
Zwischenstop in Friedrichssegen an der Lahn.
Der Sonderzug mit der BR 01 118 der Historischen Eisenbahn ( HEB ) aus Frankfurt
hat in diesem Bahnhof zum Fototermin geladen im Sommer 1992
Mit freundlicher Genehmigung von "Die
BahnGalerie - Galerie der Züge"
Er liegt ein wenig versteckt und ist in der Nähe des Denkmals für die Opfer von Friedrichssegen aus dem 1. und 2. Weltkrieg zu finden.
Es wurde eine für diese Zeit vorbildliche Sozialstruktur geschaffen. Friedrichssegen hatte eine Volksschule, eine Simultankirche, eine Krankenanstalt mit eigener Apotheke, eine Badeanstalt, ein Beamten- und Arbeiterkasino mit jeweils einer Kegelbahn, eine Wäscherei und von 1885 - 1923 ein eigenes Standesamt (vorher und nachher gehörte es zu Oberlahnstein).
!900 wurde die Grube verkauft da die
Erzvorkommen fast ausgebeutet waren (ausführliche
Info hier)
Zwischen 1904 und 1913 kam es zu wiederholten aber leider unrentablen
Versuchen die Grube weiter zu betreiben.
1952 bis 1957 fanden letzte bergbauliche Aktivitäten statt, die alten Halden
wurden aufbereitet.
Weltweiten Ruhm erlangte die Grube
vor allem durch die hier gefundenen braunen und grünen, bis 3cm großen
Pyromorphite
- häufig in als so genannte
"Emser
Tönnchen" ausgebildet. Bereits
1867 wurde auf der dritten Tiefbausohle ein gewaltiger Hohlraum
angefahren, dessen Wände über und über mit Pyromorphitkristallen bedeckt
waren: 10m hoch, 10m lang und 2m breit.
Das "Bergbaumuseum Friedrichssegen" bietet eine große Anzahl alter Grubenbilder aus der Zeit um 1905/1910 und ein Modell des Friedrichssegener Tales mit Gebäuden und Werkanlagen aus dieser Zeit. Ebenfalls zu sehen sind Friedrichssegener Mineralien. Darunter "Emser Tönnchen" aus der Sammlung der Urenkelin des letzten Direktors der Grube Friedrichssegen.
Falls Sie daran interessiert sind den Belegungsplan und
die einzelnen Sterbefälle einzusehen klicken Sie bitte auf die nachfolgenden
Links. Alle Dokumente stammen aus dem Archiv von Herrn Hans-Günther Christ.
Es öffnet sich ein Dokument im pdf-Format. Wenn Sie keinen Adobe Reader
installiert haben können Sie dies kostenfrei mit einem Klick auf dieses
Symbol nachholen.
Sterbefälle Kinder und Erwachsene nach Alphabet und Datum von 1885 - 1894 und von 1894 - 1937 |
Sterbebuch von 1925 - 1937 (Handschriftliche Aufzeichnung) |
Belegungsplan - soweit vorhanden mit Grabnummer und Tätigkeit |
Sollte jemand noch Informationen haben zu diesen Dokumenten wären wir dankbar für eine Nachricht
Der Bergmannsfriedhof
Dieser Friedhof war offiziell von 1872 - 1937 die letzte
Ruhestätte Friedrichssegener Bürger auf dem ca. 500 Menschen ihre letzte
Ruhestätte fanden. Er unterteile sich in 2/3 für die
Kindergräber und 1/3 für Erwachsene. Dies war so, weil es damals eine sehr hohe
Kindersterblichkeit gab. Als kleines Beispiel: Von 1875 - 1895 starben in
Friedrichssegen 100 Menschen, davon waren 80 Kinder und nur 20 Erwachsene oder
auch: im 2.Halbjahr von 1854 starben 15 Menschen... davon waren 12 noch Kinder.
Die erste Belegung des Bergmannsfriedhofs beim Tagschacht an der Hermanswiese
ist datiert auf den 09.Juli1872. Der Bergmann Arnold
war der erste Verstorbene der hier beerdigt wurde. Wann dieser Friedhof
aufgelassen wurde ist nicht genau bekannt. Es sind leider keine Belegungspläne
beim Friedhofsamt der Stadt Lahnstein vorhanden. Erkennbare letzte Belegung im
Jahre 1937 als Frau Eleonore Hirschbrunn, geborene Herber hier ihre Ruhestätte
fand.
Es gibt allerdings auch Aussagen, das noch in den Kriegsjahren (1939-1945)
Beerdigungen stattgefunden haben sollen.
Offiziell von 1937 an wurden die verstorbenen Friedrichssegener in Oberlahnstein
beerdigt, bis dann 1954 eine neuer Friedhof hinter der Schule und katholischen
Kirche in Friedrichssegen geweiht wurde. Die als erste auf diesem Friedhof
beerdigte Friedrichssegenerin war Frau Arnold.
1956 erhielt der neue Friedhof eine Leichenhalle.
Vorbei an den alten Halden, welche sich heute in Privatbesitz befinden und immer noch gute Fundmöglichkeiten bieten,
und begleitet vom sanften Murmeln und Plätschern des kleinen Erzbach, der sich durch das ganze Tal schlängelt,
geht es durch schöne Wälder, welche teils völlig
sich selbst überlassen, teils gepflegt dem Wanderer viel Erholung und
Alleinesein mit sich und seinen Gedanken bieten
zum alten, verborgenen Bergmannsfriedhof ...
... der ziemlich versteckt unter, den ganzen Boden bedeckenden, Pflanzen liegt.
Foto ©EmaeS
Bergmannsfriedhof Sommer 2005
Im Modell ist, rechts hinten, zu sehen wo der Friedhof zu finden war als hier
noch Heuser standen
Ich betrete etwas scheu diese Ruhestätte über den noch sichtbaren alten Weg an dessen Ende ein Stein steht auf dem noch zu lesen ist "Wir ruhen in Frieden", Früher stand hier ein wunderbarer, steinerner Engel. Er wurde irgendwann einmal zerschlagen und es ist kein noch so kleines Stückchen mehr von ihm auffindbar. Auch ein Bild steht nicht mehr zur Verfügung.
und suche die wenigen noch erhaltenen Grabstätten auf. Alles ist verwittert und zugewachsen. Manche Grabsteine sind noch mit lesbaren Inschriften versehen, andere nicht mehr leserlich.
Besonders berührt hat mich dieser noch sehr gut erhaltene Grabstein... die Inschrift ist lesbar als wäre sie erst wenige Jahre alt, dabei sind 98 Jahre vergangen seit ein Steinmetz diese Worte in den Stein gehauen hat. Das kleine Mädchen, welches hier seine letzte Ruhestätte gefunden hat, war erst 7 Jahre auf dieser Welt als es sie wieder verlassen musste.
Bilder der Vergänglichkeit
Hier handelt es sich um die Grabplatte von Herrn Beilstein der als
Lehrling in der Grube anfing und sich hocharbeitete zum Magazinverwalter
und danach zum Bergverwalter. In späteren Jahren war er der
Standesbeamte von Friedrichssegen.
Als Bergverwalter bewohnte der dieses schöne Haus das heute noch steht
und bewohnt ist.
Ich war eine lange Weile an diesem stillen,
sonderbaren Ort mitten im Wald von Friedrichssegen, habe die Ruhe auf mich
wirken lassen und versucht zu erfühlen was diese Stätte mir sagen möchte.
Über die noch sichtbare alte Allee verließ ich den alten Bergmannsfriedhof
wieder.
Fotos ©EmaeS
Ich schaute noch einmal zurück auf den Gottesacker mit seinen längst verfallenen Kreuzen, Gräbern und Grabsteinen. Es gibt keine Angehörigen mehr, niemanden mehr der trauert... eine fast vergessene Stätte welche nur noch Einheimische kennen... und dennoch eine kleine Reise in die Kindheit für mich denn hier ist ein Angehöriger zur letzten Ruhe gebettet worden. Ihn selbst kannte ich nicht aber seine Frau ist ein Teil meiner Kindheitserinnerungen. Sie war in meinen Kindertagen schon sehr alt und ich denke ab und an zurück an ihre Wohnung in Friedrichssegen die so herrlich heimelig war. Ich sehe noch vor mir die Küche mit dem riesengroßen Herd und dem plüschigen Sofa und ich erinnere mich an das Bild darüber das ich als kleines Mädchen immer in stiller Ehrfurcht betrachtete.... es zeigte einen Förster welcher von den Tieren des Waldes zu seiner letzten Ruhestätte gebracht wurde die mitten im Wald lag... wie seltsam, ihr Mann war Förster und er wurde auf dem Bergmannsfriedhof mitten im Wald begraben... sein Grab jedoch habe ich nicht mehr gefunden....
Impressionen vom Wegesrand
Von der ehemaligen Müllkippe des Tagschacht - abgerissen 1970
Sonntag 23.April 2006 - Nur im April blühen die Bodendeckerpflanzen in dieser wundersamen blauen Farbe und verwandeln das ganze Gebiet des alten Bergmannsfriedhofes in ein sanftes blaues Waldmärchen.