Schon 1854 wurde der Hauptmaschinenschacht - Tagschacht - (s.Anhang 2, Nr. 30, Seite 349) angesetzt und abgeteuft. Die Gesellschaft ging dann an den Bau eines Zechen- und Scheidhauses und legte den lange geplanten Stauweiher an, wobei der Fuhrweg am Müllenberg verlegt werden mußte. Der alte Fuhrweg führte bis dahin auf der Seite bergab, auf der heute noch die Krickelbergschen und Biegerschen Grubenhäuser stehen.

Für Zwecke der Erzaufbereitung wurden mit den unterirdischen Erweiterungsmaßnahmen auch erhebliche oberirdische Werkanlagen angelegt bzw erweitert.

So wurde das Pochwerk erweitert (s. Anhang 2, Nr. 19) und je ein Rundherd- bau (Nr I) an der Stelle, wo später die Neue Kaserne (am Carl-Stollen) als Junggesellenheim erbaut wurde (s.Anhang 2, Nr 16), beim Glückmanns-Krämers-Häuschen der Rundherdbau (Nr. II) (s.Anhang 2, Nr. 14) und gegen- über dem Wiesentälchen der Rundherdbau (Nr. III) (s. Anhang 2, Nr. 10, Seite 349) errichtet. (Rundherde dienten der Erzaufbereitung.)

Über die Lage der Grube Friedrichssegen und über die Aufschlußarbeiten der Jahre 1854 bis 1864 berichtet der Herzoglich Nassauische Oberbergrath F. Ordernheimer in seinem Buch aus dem Jahre 1865 "Das Berg- und Hüttenwesen im Herzogthum Nassau" im 1. Band:

Die Grube Friedrichssegen baut auf dem sogenannten "EMSER Gangzug" (Gang ist die Bezeichnung für eine Erzlagerstätte). Dieser Gangzug hat sei- nen Anfang bei Dernbach im Westerwald (Grube Schöne Aussicht) und geht über Arzbach (Grube Silberkaute und Silberkäutchen), Mercur (Pfingstwiese) bei Ems, Bergmannstrost (Lindenbach) bei Nievern, Friedrichssegen (Kölsche Löcher) bei Oberlahnstein und Grube Rosenberg Braubach. Als süd- westliche Fortsetzung dieses Gangzuges können wohl die Gänge bei Altlay an der Mosel angesehen werden.

Auf dem Tiefen- oder Heinrichstollen, 119 m über dem Lahnspiegel, sind bis jetzt (1865) 21 Erzmittel bekannt (1861 waren es 18 Erzmittel), wozu noch ein weiteres kommt, das bis auf diese Sohle nicht niedersetzt; ausserdem sind im oberen Stollen (Peterstollen) weiter in O. noch zwei Mittel ausgerichtet. Dieselben werden in Kluft und Gangmittel unterschieden, je nach Streichungsrichtung von dem Hauptstreichen des Gangzuges wenig abweicht und dann dem Streichen von Klüften sich nähert, oder dasselbe unter mehr oder minder schiefen Winkeln, bis 60 - 70o nach N. und S. aufgerichtet, scheidet. Die einzelnen Mittel, welche 10 bis 63 m von einander entfernt liegen, werden durch südlich fallende, mehr oder minder in der Richtung W. im O. streichende Klüfte getrennt und von W. nach O. mit den Nummern 1 - 23 bezeichnet.

Die Längenerstreckung, innerhalb welcher diese 23 Mittel auftreten, beträgt 889 m. Vom Mittel Nr. 1, welches in Höhe des ehemaligen Zechenplatzes (alter Sportplatz) aufsetzt, ist in circa 730 m in W. noch ein Mittel in den sogenannten Bärnsköpfen bekannt, das zur Zeit noch wenig aufgeschlossen und rauh ist. Sämtliche Erzmittel haben eine massige Structur; selten tritt eine unvollständige bandartige auf. Sie sind zum Theil geschlossen, meistens aber zerklüftet und drusig, namentlich da, wo Brauneinsenstein auftritt. Gegen ihr Nebengestein sind die Gangmittel in den seltensten Fällen scharf begrenzt oder durch Bestege (Verwerfungen) von ihm abgesondert, sondern meist mehr oder minder fest in demselben verwachsen. Im allgemeinen findet eine deutlichere Absonderung von den Nebengesteinen bei Kluftmitteln statt.

Zum Beispiel hier die Beschreibung des Mittel Nr. 1: Es ist ein Gangmittel von 35 m Länge und circa 60 cm Mächtigkeit. Es streicht h. 11, fällt mit 80o in O. ein und liefert Bleiglanz, Blende, Spateisenstein und Quarz. Durch zwei südlich fallende Klüfte wird es in 3 Stücke getrennt; sein Nebengestein ist blauer Thonschiefer.

Auf der Grube Friedrichssegen in der Gemarkung Oberlahnstein, Amts Brau- bach, haben im Peter- und Heinrichstollen die Aufschlussarbeiten feldwärts in Nordosten noch nicht ein befriedigendes Resultat geliefert, dagegen hat sich der von der Heinrichstollensohle aus geführte Tiefbau (der "Innere Grubenschacht") günstig gestaltet. Der Maschinenschacht ist unter dieser Sohle 39 Lachter (= 81,58 m) tief abgeteuft und bei 35 Lachter (= 73,22 m) Teufe (= Tiefe) die zweite Ge- zeugstrecke (II. Tiefbausohle) aufgefahren worden. Der Maschienschacht auf den Bärnsköpfen hat eine Teufe von 20 Lachter (= 41,84 m) erreicht und der neue sogenannte Hauptmaschinenschacht (Tagschacht) eine solche von 37 Lachter (= 77,40 m) erreicht. Auf letzterem ist eine 40pferde- kräftige Dampfmaschine mit Expansion für die Förderung und Wasserhaltung aufgestellt worden.

Ebenfalls von demselben Verfasser wird über das Aufbereitungsverfahren aus den Anfängen der Grube Friedrichssegen berichtet:

Das aus der Grube gelangende Haufwerk wird auf Roste mit 1 1/4 Zoll im Quadrat haltende Löcher gestürzt und durchgeworfen. Was auf denselben liegen bleibt geht zur Handscheidung, und was durchfällt, zur nassen Aufbe- reitung. Bei der Handscheidung erfallen Stufferze von Bleiglanz, Weiss- und Braun- bleierz, Kupferkies, Blende, Spath- und Braunsteineisen, sodann Walz- und Pocherze. Das zur nassen Aufbereitung gelangende Haufwerk wird durch 5 Separationstrommeln separiert. Diejenigen Stücke, welche 10 - 12 Linien Größe (Linie = altes preußisches Längenmaß von 2,18 mm) haben, gelangen zur Klaubarbeit. Dasjenige, was eine Grösse von 1/2 bis 8 Linien hat, gelangt zur Setzarbeit.

Alles was unter der letzten Grösse erfällt, wird in einen Spitztrichter-Apparat geführt. Derselbe besteht aus 32 Trichtern, wovon 4 Stück Sand, 6 Stück den Schlamm und die übrigen die Mehle separiren und direct auf die Stossheerde und rotirenden Heerde zur continuirlichen Verarbeitung führen. Die hierbei erfallenden Abgänge gelangen zur weiteren Verarbeitung auf einen Roundpuddel und zwei hierzu vorhandene Stossheerde. Bei der Klaubarbeit erfallen gleiche Erzsorten wie bei der Handscheidung und bei der Setzarbeit erhält man ausser den Schmelzerzen noch Walz- und Pocherze.

Die Walzerze der Handscheidung und Klaubarbeit werden gewalzt und durch zwei Trommeln separirt. Die Löcher dieser Trommeln haben einen Durchmesser von 0,5 - 5 Linien. Der Sand, welcher durch die 0,5 Linien grosse Löcher der Trommeln fällt, gelangt ebenfalls auf den erwähnten Spitztrichter-Apparat. Die bei der Handscheidung, Klaube- und Setzarbeit fallenden Pocherze werden auf einem Pochwerk gepocht. Es wird an den beiden langen Seiten ausgetragen und zwar durch Siebe, deren Öffnung 3/4 Linien im Quadrat messen. Der sich ergebende Sand wird auf den Spitztrichter-Apparat geleitet.

Die Apparate, mit denen die Aufbereitung bewerkstelligt wird sind:

1. 5 Separationstrommeln,

2. 1 Walzwerk mit 2 Trommeln,

3. 21 Setzsiebe,

4. 1 Pochwerk mit 15. Stempeln,

5. 1 Auftragerad mit einer Trommel und einem Spitztrichterapparat mit 22 Spitztrichtern,

6. 12 Stoßherde,

7. 4 Planenherde,

8. 3 rotierende Herde,

9. 1 Roundpuddel,

10. 6 Doppelpumpen zur Hebung der Waschwasser,

11. 1 großer Spitztrichter außerhalb des Gebäudes, in welchem sämtliche Abgangswasser und Schlämme geleitet und konzentriert werden. Die konzentrierten Schlämme werden durch eine Pumpe auf einen rotierenden Herd gehoben und darauf verwaschen.

12. 1 zwölfpferdekräftige Dampfmaschine.

Durchschnittlich gelangen jährlich zur Aufbereitung: Rohe Erze 105 300 Ctr.

Hieraus resultieren aufbereitete Erze: Bleierze 11000 Ctr. Blende 9 000 Ctr.

Die Bleierze werden aufbereitet bis zu 50 % 1000 Pfund (10 Ctr.) rohe Erze kosten aufbereitet: 1 fl. 45 kr.

Die Abgänge enthalten an Erzen 1 1/4 % Der durchschnittliche Wert der Erze beträgt pro Ctr. Bleierz 4 fl. 40 kr, Blende 1 fl. 1 fl. hat den Wert von ca. 1, 70 DM.  

Die Aufbereitung beschäftigt 5 Aufsichtsbeamte, 2 Schreiner und 30 Arbeiter. Für all diese Arbeiten wurden weitere Wasserreservoire erforderlich, die unter- und oberhalb der Rundherdbauten angelegt wurden (s. Anhang 4 Seite 354).

Diese sind heute noch zu sehen:

Weiher unterhalb der ehemaligen Neuen Kaserne (Anhang 2, Nr. 15)

Weiher unterhalb Glückmanns-Krämers-Häuschen (Anhang 2, Nr. 14)

Weiher unterhalb Knopps-Dommermuth`s Haus (Anhang 2, Nr. 10) (heute Wolfgang Hellmeister`s Pferdestall)

Weiher vor der Neuen Welt, wo einmal der Damm war (Anhang 2, Nr. 9)

Diese Weiher und auch unterirdischen Reservoire (Carl-Stollen) (Anhang 2, Nr. 17) und ein Weiher vor der Neuen Welt (dieser ist auf alten Plänen noch ersichtlich), faßten zusammen 13 000 m 3 Wasser.

Im Zusammenhang mit dem Wasserhaushalt des Friedrichssegener Tales und somit auch der Grube Friedrichssegen kann man feststellen, daß aus jedem Nebental des Friedrichssegener Tales ein Bach, Bächlein oder Rinnsal fließt. Aus (s. Anhang 4, Seite 354) dem Süßgrund, dem Diebig, dem Ammental am Friedhof, dem Wiesentälchen, dem Olsborn, der Försterdell, der Waldbach bei der ehemaligen Neuen Kaserne, dem Hahn bei der ehemaligen Friedenskirche, dem Erzwerg im Kölsch Loch, dem Oberhahn aus Richtung Schacht Providence in Richtung Tagschacht und dem Herrmanns-Feld. 1858 bereits wurde die erste Dampfmaschine auf der Grube aufgestellt und ein Schornstein errichtet. (Diese Dampfmaschine dürfte sicherlich die erste Dampfmaschine im Stadtgebiet Lahnstein gewesen sein). 1862 wurde auf dem Bärnskopf eine weitere Dampfmaschine aufgestellt und eine Röhrenleitung im Distrikt Birkelstein gelegt (s. Anhang 2, Nr. 41). Der Haldenplatz auf der Grube im Sauerheck (Tagschacht) wurde in den Jahren 1863 - 1864 erweitert.

Auch dort wurde 1863 eine Dampfmaschine aufgestellt (s.Anhang 2, Nr. 30).

Im Jahr 1886 flossen dem Hauptmaschinenschacht - Tagschacht - 360 Liter, 1890 pro Minute 1000 Liter und 1907 500 Liter Wasser zu. Das sind 1907 720 m3 Wasser je Tag. Für Zwecke der Wasserhaltung wurden im Hauptmaschinenschacht - Tagschacht - :

1 Wasserhaltungsmaschine mit 100 Ps,

1 direkt wirkende Wasserhaltungsmaschine mit 180 Ps und

2 Speisepumpen

und im "inneren Grubenschacht": (s.Anhang 2, Nr. 39)

2 Dampfpumpen vorgehalten und eingesetzt.

Von den später so zahlreichen Stollenbauten hatte zunächst der Heinrich- Stollen, der, bevor er diesen Namen erhielt, der tiefe Stollen genannt wurde, (F. Odernheimer "Das Berg- und Hüttenwesen im Herzothum Nassau", 1865, Seite 117) eine besondere Bedeutung, da dieser den Hauptgang nach 304 m erreichen konnte. Durch diesen erfolgte die Förderung der in den Tiefbausohlen gewonnnenen Erze, wobei man als Transportmittel Pferdeförderung einsetzte. Im Jahr 1867 wurde, um den Gang in der Teufe zu untersuchen und zugleich für die erste Gezeugstreckensohle einen besseren Wetterwechsel herzustellen, der Heinrich-Stollen mit der 1. Tiefbausohle zum Durchschlag gebracht. Damals (1867) bestanden bereits 3 Tiefbausohlen unterhalb der Heinrich-Stollen-Sohle; in jenem Jahr fand man bei den Gewinnungsarbeiten eine vielbestaunte Kristallschlotte von etwa 4 m Länge, 3 m Höhe und 1 m Breite, die allseitig mit Kristallen aus Braunbleierzen besetzt waren.

Die Ausbeute nahm in der Folge stark zu. Die Roherzförderung betrug:

1855 = 1 605 Tonnen, 1860 = 2 967 Tonnen, 1865 = 3 450 Tonnen, 1870 = 6 271 Tonnen, 1875 = 14 044 Tonnen, 1880 = 34 705 Tonnen und 1885 = 34 070 Tonnen.

Es gab auch schon 1860 Statistiken, die sicherlich, wie alle Statistiken, mit Vorsicht zu genießen sind. Trotzdem soll hier eine solche folgen um zu zeigen, daß unsere Grube Friedrichssegen rentabel war.

Aus dem naturwissenschaftlichen Jahrbuch Heft XVI des Jahres 1861 folgt die Beschreibung der im Herzogthum Nassau an der unteren Lahn und dem Rhein aufsetzenden Erzgänge von Fr. Wenkenbach.

Über die Produktion der Haupt=Gruben im Jahr 1860 mag nachfolgende Übersicht einen Begriff geben, wobei aber hervorgehoben werden muß, daß auf diesen Gruben bedeutende Neubauten im Gange sind, weshalb sich bezüglich der Ausbeute ein ungünstiges Resultat ergibt. ========================================================= Namen Förderung Werth Ausgaben Belegschaft der Bleierz Blende Kupfererz der Gruben Centner Centner Centner Förderung fl. fl. ========================================================= Mercur 16 738 4 818 20 56 344 144 997 8 7 4 Bergmannstrost 6 903 1 116 110 31 608 63 520 9 3 Friedrichssegen 14 190 2 586 - 74 375 70 495 2 2 1 Rosenberg 1 684 250 56 5 230 7 374 2 0 Holzappel 43 818 42 760 - 210 905 215 982 9 2 2 ======================================================================================

In den Jahren waren:

1855 = 138 Mitarbeiter (davon 4 Beamte),

1860 = 166 Mitarbeiter (davon 6 Beamte),

1865 = 186 Mitarbeiter (davon 5 Beamte),

1870 = 238 Mitarbeiter (davon 7 Beamte),

1875 = 285 Mitarbeiter (davon 11 Beamte),

1880 = 856 Mitarbeiter (davon 21 Beamte),

1885 = 575 Mitarbeiter (davon 24 Beamte)

beschäftigt.

Nachstehend die Aufteilung der Mitarbeiter auf die Beschäftigungsarten: ========================================================= Beschäftigungsart/Jahr 1855 1860 1865 1870 1875 1880 1885 ========================================================= Beamte............................. 4 6 5 7 11 21 24 Bergleute, unter Tage...... 76 76 82 103 119 322 217 Aufbereiter........................ 56 74 81 98 114 418 239 Schlosser, Schmiede...... - 2 2 9 12 24 17 Schreiner.......................... - 3 5 10 9 16 7 Zimmerleute..................... - - 3 4 3 8 7 Maurer............................... 1 4 2 2 6 11 20 Sattler................................ - - - - - 2 1 Spengler............................ - - - - - - 1 Maschinenführer, Heizer.. - 1 5 3 6 14 24 Fuhrleute, Taglöhner......... 1 - 1 2 5 20 18 ========================================================= Total: 138 166 186 238 285 856 575 =========================================================

Die Anzahl der Familienangehörigen der Arbeiter betrug 1885 831.

Nachstehend sind für die Jahre die am Tage verdienten Löhne aufgeführt: ------------------------------------------------------------------------------------------- Jahr: 1855 1860 1865 1870 1875 1880 1885 -------------------------------------------------------------------------------------------- Hauer in der Grube: 1,68 2,07 2,11 2,20 2,95 2,83 2,81 M *) Aufbereiter ü.Tage: 0,43 0,68 0,80 1,04 1,64 1,55 1,62 M **) *) bei 8 Stunden Arbeit am Tage **) bei 12 Stunden Arbeit am Tage Der Hauer hatte demnach schon damals einen 8 Stunden Arbeitstag. --------------------------------------------------------------------------------------------

Zum Vergleich: 16 Jahre später, im Jahre 1901, zahlte man einem Hauer bei 8 Stunden Arbeitsteit am Tag schon 4, 05 Mark und einem Aufbereiter bei 12 Stunden Arbeitszeit 2,60 Mark, im Jahre 1905 zahlte die Grube Friedrichssegen einem Hauer bei 8- stündiger Arbeitszeit in der Grube 4,29 Mark einem Aufbereiter bei 12-stündiger Arbeitszeit über Tage 3,03 Mark. Ein jugendlicher Arbeiter erhielt im gleichen Jahr für 8 Stunden Arbeit am Tage 1,35 Mark.

Weibliche Mitarbeiter wurden nicht beschäftigt.

Grundsätzlich wurde der Verdienst der Bergleute unter Tage nach dem Gedinge festgelegt. Das Gedinge war ein Lohn, der vor Ort zwischen einem Beauftragten der Betriebsleitung (Fahrsteiger/Steiger) und den Bergleuten ausgehandelt wurde und als Bemessungsgrundlage einen Meter fertiggestellter Strecke (inkl. Bohren, Schießen, Wegräumen des gesprengten Materials, Legen von Lutten, Gleis und Leitungen) vorsah. Zu diesem Gedinge gehörten meistens mehrere Gedingehauer. Die Festlegung wurde etwa monatlich überprüft und gegebenenfalls geändert.

Ein Lohnvergleich aus dem Jahre 1885:

Auf Grube Friedrichssegen wurden einem Hauer unter Tage 2.81 Mark auf Grube Holzappel 2.10 Mark gezahlt.

Auf Grube Friedrichssegen wurde ein Aufbereiter über Tage mit 1,62 Mark auf Grube Holzappel ein Schlepper unter Tage mit 1,44 Mark entlohnt.

Es wurden immer mehr Arbeitskräfte benötigt, die möglichst auch in unmittelbarer Nähe der Werks- und Grubenanlagen wohnen sollten. Hierzu wurden ab 1868 bis 1871 beim Hauptmaschinenschacht - Tagschacht - die Wohnanlage Tagschacht für 48 Familien errichtet. Noch während des Baues der Wohnanlage Tagschacht wurde im Jahre 1870 in der Wohnanlage Tagschacht ein Arbeiter-Kasino und eine grubeneigene Volksschule (s. Anhang 2, Nr. 33) erbaut, die im Januar 1871 den Lehrbetrieb mit vorerst einem Lehrer aufnahm.

>>>>>>Die Gruben-Aktiengesellschaft hatte sich - als sie von der Gemeinde Ober- lahnstein das Land für die Arbeiterkolonie überlassen bekam, verpflichtet eine Schule zu bauen, sie zu unterhalten, sie zu heizen, für Lehrmittel zu sorgen und den Lehrer zu bezahlen Die aus der Elementarschule Entlassenen sind verpflichtet gewesen, bis zum 18. Lebensjahr eine ebenfalls eingerichtete Fortbildungsschule zu besuchen. Für die weibliche Schuljugend ist eine Industrieschule eingerichtet, in welcher ua auch Unterricht in weiblicher Handarbeit erteilt wurde. In der neuen Schule wurde dann auch schon am 4. Mai 1871, im sogenannten Betsaal, der erste evangelische Gottesdienst gehalten. So wie die Beschäftigtenzahlen, geben auch die Schülerzahlen ein gutes Bild der Bevölkerungsschwankungen, wie auch über die konfessionelle Entwick- lung im Grubengebiet Friedrichssegen wieder. An Schulkindern gab es in den Jahren: 1871 = 40 (davon 26 ev, 14 rk) 1896 = 141 1883 = 138 1897 = 108 (davon 69 ev, 39 rk) 1889 = 121 1905 = 116 (davon 61 ev, 55 rk) 1913 = 57 (davon 27 ev, 30 rk) 1919 = 32 (davon 14 ev, 18 rk). Über die Schulverhältnisse im Bergbaudorf Friedrichssegen wird zu einem späteren Zeitpunkt ausführlich berichtet. (s.Seite 280) Im Jahre 1885 waren in 44 Häusern 105 Wohnungen mit Garten- und Acker- land an Arbeiterfamilien verpachtet, und zwar zum Preise von 8 Mark pro Monat. In dem Preis von 8 Mark waren der nötige Brand und die Instandhal- tungsrücklage (jährliches Tünchen, Ölanstrich) mit einbegriffen. Bis zum Jahre 1867 bestand ein eigener Knappschaftsverein. Als im glei- chen Jahre der allgemeine Knappschaftsverein Nassau (gemeint ist hier der Bereich des ehemaligen Herzogtums Nassau) gegründet wurde, trat die Gesellschaft diesem bei, jedoch unter Beibehaltung einer eigenen Krankenkasse. Diese gewährte freie Kur und Arznei, Beitrag zu Beerdi- gungskosten, sowie Krankenlohn nach den gesetzlichen Bestimmungen. Der Knappschaftsverein Nassau gewährte Unterstützung der Invaliden, der Witwen und Waisen. - - - - Die Arbeiten der Bergleute sind schon immer mit großen Gefahren verbunden. Die Arbeiten unter Tage, in niedrigen und schmalen Stollen, in engen und steilen Gesenken, in mangelhaft verbauten Grubenbauen stellten harte Anfor- derungen an die Bergleute. Da es im Erzbergbau keine "Schlagende Wetter" gibt (hochexplosives Gemenge von Metangas und Luft) bleiben hier die Unfälle mit Todesfolge meist auf Einzelpersonen beschränkt. Die häufigsten Unfälle ereigneten sich im Bergbau - durch plötzlich hereinbrechende Massen, - durch Sturz in Schächte und Gesenke, - durch Fahrloswerden, - bei Schießarbeiten - beim Ausräumen von Sturzrollen. Am 27. Mai 1853 verunglückte der Häuer Ph. A. Löwenstein aus Frücht; er stürzte beim Nachhausegehen in einen alten unversicherten Schacht. Am 26. Oktober 1856 wurde der Maurer K. Zimmerschied aus Frücht im Abbau durch plötzliches Hereinbrechen einer Erzwand während der Unter- mauerung der First erschlagen. Am 10. Februar 1862 wurde der Häuer Friesenhahn. G. aus Dahlheim im Abbau durch das plötzlich Hereinbrechen einer Erzwand während des Ab- keilens derselben erschlagen. Am 5. August 1864 kam der Häuer Erlenbach Ph. aus Becheln durch das zu frühe Losgehen eines Schusses ums Leben. Dr. Michel berichtet in der 1925 erschinenen Stadtgeschichte der Stadt Ober- lahnstein, daß 1865 ein Bergmann in den Kölnischen Löchern in eindringen- dem Wasser ertrunken sei. Am 11. März 1885 wird berichtet, daß am vergangenen Samstag die Familie des Schäfers R. zu Frücht von einem höchst bedauernswerthen Unglücksfalle heimgesucht wurde. Der älteste Sohn, 24 Jahre alt, arbeitete schon längere Zeit als Bergmann auf der Grube "Friedrichssegen". In der Frühe des genannten Tages wollte derselbe nach beendigter Nachtschicht zu Tage fahren. Während der Förde- rung wurde er jedoch unwohl, suchte am Geländer des Fahrstuhles einen Halt und da er sich wahrscheinlich zuweit übergelegt hatte, stürzte er vor den Augen der Kameraden in die schauerliche Tiefe. In schrecklichem Zustand wurde die Leiche bald darauf zu Tage gefördert. Die Beerdigung erfolgte am Dienstag Mittag unter großer Betheiligung der Ortseinwohner und der Gewerkschaft Friedrichssegen in Uniform und Trauerfahne. Am 14. 12. 1899 verunglückten die Bergleute Baugarth und Seibel beim Anbohren einer Pfeife und wurden schwer verletzt. Dieser Unfall wurde am 7. April 1900 in Wiesbaden verhandelt, wobei Seibel zu 10 Mark Geldstrafe verurteilt wurde, wegen verstoß gegen § 5 der Bergpolizeiverordnung. - - - - Der seit 1878 bestehende Consumverein wurde als eingetragene Genossenschaft geführt und lieferte den Bewohnern der Grube Friedrichssegen gute und preiswürdige Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände des Haushalts ect. Es ist seit Beginn des Jahres 1879 die Regelung getroffen, dass der Verkauf fernerhin nur gegen Bar stattfinden soll, während den Bergleuten früher ein auf eine bestimmte Summe bemessener Kredit gewährt wurde. Der Consum-Verein der Grube Friedrichssegen bei Oberlahnstein ging aus einem "Specereigeschäft" hervor. (s. Geschäftsübrsicht des 1. Betriebsjahres 1878/79 Bestand an Waaren aus dem früheren Specereigeschäft auf Seite 39). Aus dem Kreisblatt für den Kreis St. Goarshausen, mit dem Lahnsteiner Anzeiger verbunden, entnehmen wir hierzu eine Bekanntmachung des Königlichen Amtsgerichts zu Niederlahnstein vom 31. Mai 1880: In das Genossenschaftsregister des Amtsgerichts Niederlahnstein wurde heute zu folge Verfügung vom 26. Mai 1880, bei laufender Nr. 19, woselbst die unter der Firma "Consumverein, Grube Friedrichssegen bei Ober- lahnstein" bestehende Genossenschaft eingetragen: In der Generalversammlung vom 25. April 1880 sind zu Vorstandsmitglieder gewählt worden: 1) Director Carl Heberle, als Vorsitzender; 2) Obersteiger Joh. Immel, als Stellvertreter; 3) Buchhalter Gustav Müller, als Rendant: 4) Obersteiger Wilhelm Nau, als Besitzer; 5) Maschinenmeister Friedrich Weckerle als Beisitzer; 6) Bergmann Philipp Hermes, als Beisitzer; 7) Maurer Heinrich Peter Arnold als Besitzer; alle von Grube Friedrichssegen. Eingetragen zu folge Verfügung vom 26. Mai 1880 am 31. Mai 1880. Laux Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgericht.   Die von 1878 bis 1889 veröffentlichen Betriebsergebnisse weisen jährlich folgende Überschüsse aus: Geschäftsjahr 1878/1879 7 682, 00 Mark Geschäftsjahr 1879/1880 3 806, 00 Mark Geschäftsjahr 1880/1881 4 016, 00 Mark Geschäftsjahr 1881/1882 5 997, 00 Mark Geschäftsjahr 1882/1883 5 445, 00 Mark Geschäftsjahr 1883/1884 4 480, 00 Mark Geschäftsjahr 1884/1885 4 116, 00 Mark Geschäftsjahr 1885/1886 4 808, 00 Mark Geschäftsjahr 1886/1887 4 500, 00 Mark Geschäftsjahr 1887/1888 3 972, 00 Mark Geschäftsjahr 1888/1889 4 020, 00 Mark. Diese erzielten Überschüsse kamen den Mitgliedern zugute. Der Geschäftsbericht des 1. Betriebsjahres 1878/79 ist nachstehend wieder- gegeben: 1878/79 Geschäfts-Übersicht d e s 1. B e t r i e b s - J a h r e s des Consum-Vereins Grube Friedrichssegen bei Oberlahnstein Eingetragene Genossenschaft ______________________oooOOOooo_____________________________ 1. W a a r e n - C o n t o M Pfg M Pfg M Pfg M Pfg 1. Bestand aus dem früheren 1. Eintrittsgelder 88, - Specereigeschäft - - 4 059, 08 2. Beiträge 1 036, 50 2. Ankäufe - - 107 555, 68 1 124, 50 3. Brutto-Überschuss - - 16 500, 33 3. Laden-Einnahmen 121 697, 03 4. Sonstige Einnahmen 37, 35 121 734, 38 5. Vorräte am Schlusse des Jahres zum Ein- kaufswerth - - 5 256, 21 -- 128 115, 09 128 115, 09 ____________________ _______________________ 2. Gewinn- und Verlust-Conto M Pfg M Pfg M Pfg M Pfg 1. Sämmtliche Unkosten - - 8 726, 86 P e r W a a r e n - C o n t o 2. An Inventar-Conto laut Brutto-Überschuss Statut 12 % Abschreibung - - 91, 32 von oben - - 16 500, 33 3. Netto-Überschuss - - 7 682, 15 16 500, 33 16 500, 33 Die Generalversammlung beschloss diesen Netto-Überschuss von 7 862 Mark 15 Pfg. zu vertheilen wie folgt: 1. Dem Reservefonds Zuschreibung 8 % ............................614 Mark 57 Pfg 2. Dividende 12 %..............................................................3 496 Mark 97 Pfg 3. Zur Gründung eines Baufonds.....................................3 570 Mark 61 Pfg ================ 7 682. Mark 15 Pfg =============== 3. Bilanz am Schlusse des Jahres 1878/79 A c t i v a M Pfg M Pfg P a s s i v a M Pfg M Pfg 1. Kassabestand 4 609, 52 1. Antheile der Mitglieder 1 036, 50 2. Ausgeliehene Kapitalien 3 000, 00 2. Reservefonds: 7 609, 52 a. Bestand 4 059, 08 3. Waaren-Bestände - - 5 226, 21 b. Eintrittsgelder 88, 00 4. Inventar 669, 68 c. Zuschreibung 614,57 Abschreibung 669, 68 - - 4 761, 65 3. Dividende 3 496, 97 4. Baufonds 3 570, 61 12 865, 73 12 865, 73 ________________________ __________________ 4. Von Mitgliedern. Zahl der Mittglieder am Anfange des Jahres.............................................................................38 Personen Neu eingetretene im Jahre...............................................................................50 Personen Ausgetreten.......................................................................................................3 Personen =========== Zugang 47 Personen =========== Bestand am Schlusse des Jahres............................85 Personen Grube Friedrichssegen, 30. Mai 1879 Der Vorstand Heberle sen. Müller Immel   Von diesem Consumverein der Grube Friedrichssegen sind Wertmarken erhalten die auch als Consumgeld bekannt sind. Die wohl älteste Wertmarke ist etwa im Durchmesser 2 mm größer als die heutigen 10 Pfennigmünze. Auf ihr ist auf der einen Seite in der Mitte das Bergmannszeichen "Hammer und Schlägel" zu sehen umrundet mit "Consum-Verein Grube Friedrichssegen eG" und auf der anderen Seite die Wertangabe: Gut für 3 Kg Brod (dies ist kein Schreibfehler: so wurde Brot früher einmal geschrieben). Diese Wertmarke ist bis 1889 ver- wendet worden. Desweiteren gibt es eine achteckige Blechmarke in der Größe von 29 mm X 31 mm in einfachster, einseitig lesbarer Prägung am oberen Rand kreisförmig angeordnet: CONS.VER.Grube und darunter: E (Hammer und Schlägel) und G. In einer weiteren Reihe: Friedrichssegen und die Wertangabe: 2 Kg Brot. (Diese Wertmarke stammt aus der Zeit vor 1889.) Es gibt noch eine weitere achteckige Messingmarke in der Größe 34 mm X 31 mm mit der einseitigen Prägung: Cons.Ver.Grube E. Hammer und Schlägel, G. Friedrichssegen Wertangabe: 3 Kg Brot. (Auch diese Wertmarke stammt aus der Zeit vor 1889.) Eine weitere Wertmarke ist so groß wie die heutige 2 Pfennigmünze. Auf ihr ist auf der einen Seite eine Bergmannslampe zusehen, umrundet mit Consum-Verein Grube Friedrichssegen und auf der anderen Seite die Wertangabe: Gut für 2 Kg Brot. Diese Wertmarke ist nach 1889 geprägt. Es kann angenommen werden, daß den Arbeitern ein Teil des erzielten Gewinnes in diesen Wertmarken (Consumgeld) ausgezahlt wurde. Im Consum kostete 1 Pfund Brot zweitweise 11 und 12 Pfennige. Die Wertmarken werden unter Münzsammlern heute zu erheblichen Preisen gehandelt. Wir erhielten die beschriebenen Wertmarken als Leihgabe von Herrn Walter Scholz und Frau Elfriede Bodleé, geborene Kaul. In einer außerordentlichen Generalversammlung des Consum-Vereins Friedrichssegen, eingetragene Genossenschaft, am 26. September 1889, zu Friedrichssegen a. d. Lahn, wurde beschlossen, den Consum-Verein in einen Verein ohne eingetragene Genossenschaft umzuwandeln und in Folge dessen die seitherige Genossenschaft rückwirkend vom 1. September 1889 ab aufzulösen. (L.Tgbl.) Seit dieser Zeit wurden keine Betriebsergebnisse mehr veröffentlicht.   Für die Beamten und längere Zeit auf den Werken beschäftigten Arbeiter ist eine Altersversorgungskasse vorhanden. Eine Badeanstalt und eine Wäscherei sind eingerichtet. 1870 wurde ein Polizeimeister angestellt. 1872 wurde der Bergmannsfriedhof (s. Anhang 2, Nr. 36) unweit des Tagschachtes erstmals belegt. Es wurde der am 7. Juli 1872 verstorbene Bergmann Arnold am 9. Juli 1872 als erster auf dem Bergmannsfriedhof beigesetzt. So steht es im Sterbebuch der evangelischen Kirchengemeinde Frücht, Seite 434 Nr. 3 vermerkt. 1873 erwarb die Grube von der Stadtgemeinde Grundbesitz für ein Wasserreservoir und eine Aufbereitung am Schrotwieserberg (s. Anhang 2, Nr 14). Bei dem Wasserreservoir handelt es sich um den Schlammweiher unterhalb der ehemaligen Neuen Kaserne (s. Anhang 2, Nr. 15). Am 12. 02. 1878 wurden 15 Grubenfelder unter dem Namen "Consolidirte Friedrichssegen" zusammengeschlossen. Am 24. 12. 1889 wurden dann die restlichen 15 Grubenfelder konsolidiert. Welche Bedeutung der Grube Friedrichssegen beigemessen wurde, geht aus einem Bericht im "Lahnsteiner Anzeiger" Amtsblatt der Kgl. Ämter Braubach und St. Goarshausen vom 9. 12. 1879 hervor: Oberlahnstein, 9. Dezbr. Die Direction der Grube Friedrichssegen ist unablässig bestrebt, für die Steigerung der Rentabilität, Mehrung der Ausbeute der Gruben, wie den Verkehr in loco zu sorgen. Dieselbe hat zum Anschlusse an die Naussauische Staatsbahn von dem Ahler Hammerwerk aus bis zur Grube eine, mit Dampf resp. Lokomotive betriebene Eisenbahn angelegt, welche die Ausgaben an Transportkosten verringert, die Abschaffung eigener Pferdegespanns ermöglicht und An- und Abfuhr erleichtert. Auch hat die Direction einen eigenen Polizeidiener angagirt und es wird wohl am Ende noch dazu kommen, daß Grube Friedrichssegen von hier getrennt und zur selbständigen Gemeinde erhoben wird; Die Bevölkerung eines größeren Dorfes zählt es schon, hat Arzt und Apotheke, Kirche und Schule, Geschäft und Gewerbe, nur noch keine Rathhaus und keinen Bürgermeister, noch keine Postagentur und keinen Telegraph. Was Letzteres anbelangt, so glauben wir, daß die in Stücken zuvorkommende Postverwaltung einem in diesem Sinne an sie gerichtetes Gesuch nicht abschlägig begegnen würde, denn Postanstalten hat man vielfach auf größeren Gruben und isolirt gelegenen Werken. Eine geeignete Persönlichkeit zur Übernahme der Agentur würde sich wohl finden lassen. Im selben Jahr kann man auch lesen, daß man im Friedrichssegener Tal auch Kirmes (hier ist immer die Kirmes der evangelischen Kirche Frücht die Ursache) feiern konnte. Es steht im Lahnsteiner Anzeiger zu lesen: Grube Friedrichssegen, den 30. April 1879 Nächsten Sonntag, den 4. Mai findet auf hiesiger, zahlreich bevölkerter Grube die diesjährige Kirchweihe statt. Da dieselbe stets sehr schön ver- laufen, auch von den Wirthen für gute Bedienung und Speisen und Getränken gesorgt gewesen ist, so läßt sich mit Bestimmtheit annehmen, daß auch die diesjährige Kirmeß jeden Besucher Befriedigung gewähren wird. Durch unser im tiefen, tiefen Thal gelegenes heimisches Asyl klingen nur dann fröhliche Weisen, denen die sonst üblichen gewöhnlichen Klänge der Hammerschläge alsdann weichen. Die Wege nach hier und der gesamten Nachbarschaft, sowohl dem Rheine, wie der Lahn und dem Lande sind eben in gutem Zustande und das erst jungfräuliche Grün des Waldes so einladend, daß wir auf recht zahlreichen Besuch rechnen dürfen, um so mehr, da nach altem guten Gebrauche der erste Maisonntag sehr gern zu Ausflügen, sog. "Maifahrten" benutzt wird. - - - - Im Jahre 1880 war die Belegschaft auf 856 Mitarbeiter angestiegen. Mehr Mitarbeiter wurden in der Folgezeit nicht mehr beschäftigt. Bermerkenswert war die Aufbereitungsanlage der Grube Friedrichssegen, die die Trennung von Blende und Spateisenstein schon um 1880 auf elektro-mag- netischem Wege vornahm, da bei der innigen Verwachsung eine Trennung der beiden Materialien auf naß-mechanischem Wege nicht möglich war. Seit dem Jahre 1881 besteht in Friedrichssegen eine Aufbereitung, welche mittels Elektromagnetismus eisenhaltige Erze von anderen beigemischten Erzen zu trennen vermag. In der Grube Friedrichssegen wird ein sehr viel Eisen und Zink enthaltendes Erz gewonnen, welche beiden Mineralien bei den fast gleichen spezifischen Gewichten sehr schwer durch die bis jetzt be- kannten Methoden zu trennen waren. Diese in Friedrichssegen in sehr gro- ßen Mengen auftretenden Erze werden in zwei verschiedenen in der Grube getrennten Sorten zu Tage gefördert, und zwar als Scheiderze und als soge- nanntes Grubenklein. Die Scheiderze sind große Erzstücke, welche durch die Handscheidung teilweise getrennt werden können, sodaß reine verkäufliche Erze direkt ausgeschieden werden, während ein Teil derselben, welche zu sehr verwachsen sind, zum weiteren Aufschluß der magnetischen Aufberei- tung übergeben werden, um Blende und Eisen von einander zu trennen. Das Grubenklein geht direkt zur nassen Aufbereitung, wird hier separiert und ge- walzt und auf Setzmaschinen verarbeitet. Es werden bei dieser Arbeit eben- falls wie bei der Handscheidung Blei, Blende, Zinn, Eisen usw. als fertige Erze erzielt und als Zwischenprodukte Eisenerz, Zinkblende und taubes Gestein oder Berge. Das zinkhaltige Eisenerz wird ebenfalls der magnetischen Aufbereitung zum weiteren Aufschluß übergeben. Diese beiden Erze von Handscheidung und Aufbereitung, welche der magnetischen Aufbereitung zugeführt werden, unterscheiden sich wesentlich von einander in Bezug auf die Stück- und Korngröße, und zwar wechselt dieselbe bei den Erzen von der Handscheidung von 40 bis 120 mm, und bei denjenigen von der Aufbereitung von 6 mm abwärts. - Die Verarbeitung dieser Erze auf elektromagnetischem Wege zerfällt in drei verschiedene Abteilungen: 1. die Röstung, 2. die Trennung durch Elektromagnete 3. die Aufbereitung auf Setzmaschinen. Die Röstung. Zur Vorbereitung für die Scheidung durch Elektromagnete werden die blend- haltigen Eisenerze geröstet, wobei das Eisen in magnetisches Eisenoxydoxydul umgewandelt wird. Die Röstung geschieht bei den trocken ausgeschiedenen Erzen in Schachtöfen, in welchen das Erz mit Koksabfall geschichtet niederbrennt. Wegen des Schwefelgehaltes der Zinkblende ist der Brennmaterialverbrauch gering, etwa 50 kg auf 8 000 kg Erz, die täglich von einem Ofen durchgesetzte Menge, zu dessen Bedienung zwei Arbeiter erforderlich sind. Die Kosten der Röstung betragen etwa 80 Pfg auf 1000 Kg Erz. Die gerösteten Erze gelangen zu einem Steinbrecher und von diesen zu einem tiefer stehenden Walzwerk, welches sie bis zu 5 mm Korngröße zer- kleinert, und von dem sie einem Becherwerke zufallen, welches sie den elektromagnetischen Apparaten zuführt. Die Röstung der feinen Erze aus der nassen Aufbereitung von 6 mm Korngröße und abwärts geschieht in Flammröstofen, sog. Fortschaufelungs- ofen. Der Ofen besteht aus einer Röstsohle von 4 m Breite und 12 m Länge, ist von zwei Seiten zu bedienen und befinden sich auf jeder Seite 1 Feuerung, 1 Ausziehöffnung und 5 Arbeitsöffnungen. Außerdem ist noch ein kleiner Ofen in Betrieb mit einseitiger Bedienung, 7 m langer und 2 m breiter Röstsohle, 1 Feuerung, 1 Ausziehöffnung und 2 Arbeitsöffnungen. Die Erze werden am hinteren Teile des Ofens aufgegeben und nun langsam vorge- schaufelt, so daß sie, wenn sie an die Feuerung gekommen sind, nach einiger Zeit ausgezogen werden können. Die Zeitdauer der Röstung beträgt ungefähr 1 1/2 Stunden. Diese beiden Öfen sind im Stande, in 24 Stunden 18 000 bis 20 000 Kg Erze zu rösten. Der Kohlenverbrauch und die Arbeiterzahl ist bei denselben viel bedeutender und folglich auch die Kosten höher; sie betragen pro 1 000 Kg Erz etwa 2,50 Mark. Nach der Röstung werden die Erze auf eine neben dem Röstofen liegende Kühlsohle ausgebreitet, um nicht zu heiß auf die Apparate zu gelangen. Sie werden dann über kleine Roste, welche etwa zusammengeschmolzene Stücke zurückhalten, durch Lutten abgezogen und durch Becherwerke demselben Behälter wie die gewalzten Erze der trockenen Scheidung zugeführt. Die Trennung durch Elektromagnete In diesem Behälter durchlaufen die Erze eine Separationstrommel mit 4 mm Lochweite; die durchfallenden Körner von 1 bis 4 mm gehen durch Abfall- röhren zu den Apparaten, während die von der Trommel ausgeworfenen Erze auf einem kleinen, ganz in der Nähe des Becherwerkes stehenden Walzwerkes zerkleinert werden und von diesen wiederum dem Becherwerk zufallen, um abermals in die Separiertrommel zu gelangen. In der magnetischen Aufbereitung befinden sich 16 Elektromagnetapparate, und zwar zu beiden Seiten je 8; 4 gehören zu einer Abteilung und sind je 2 über und neben einander angeordnet. Die 2 oberen erhalten das Erz aus dem Behälter und scheiden, wenn auch noch nicht vollständig, die Blende vom Eisen. Die geschiedenen Produkte werden, jedes für sich, zur nochmaligen Verarbeitung auf einen der darunter stehenden Apparate geführt. Die aus diesen fallenden Produkte sind folgende: 1. Blende mit Quarz, 2. Eisenstein, 3. ein Mittelprodukt der Blende und 4. ein Mittelprodukt des Eisensteins. Beide Mittelprodukte werden zur nochmaligen Verarbeitung den Apparaten übergeben. Da bei der Verarbeitung dieser Erze sehr viel Staub entsteht, so ist die Einrichtung getroffen, daß sämtliche Apparate mit einem Exhaustor in Verbindung stehen, durch welchen aller Staub abgezogen wird, sodaß ein schädlicher Einfluß desselben auf die Gesundheit der Arbeiter nicht stattfinden kann. Die Konstruktion der elektromagnetischen Apparate ist folgende: Es befinden sich auf einer festen Achse ebenfalls fest die Elektromagnete. Um diese Magnete ist eine Messingtrommel drehbar, vor der sich ein Schüttelwerk und ein Verteilungskasten befinden. Die Erze gelangen durch Abfallröhren und Trichter auf den Verteilungskasten und von diesem wieder auf das Schüttelwerk, welches das Erz weiter zur Messingtrommel befördert. Sobald die Erze in die Nähe der Trommel gelangen, werden die Eisenoxydul- oxydteilchen festgehalten, während die Blende herabfällt. Durch die Drehung der Trommel gelangen die Eisenteilchen schließlich aus dem Bereiche des Elektromagnetes und fallen auf der anderen Seite der Trommel herab. Der Apparat ist auch für Erzsorten verschiedener Korngröße und verschiedenen Eisengehaltes anwendbar, indem das Schüttelwerk der Trommel genähert oder von derselben entfernt werden kann. Der elektrische Strom zur Magne- tisierung der Elektromagnete wird durch Dynamomaschinen erzeugt, und zwar ist eine solche Maschine, welche zu ihrem Betriebe 1 Pferdekraft nötig hat, im Stande, 4 solcher Apparate zu betreiben bzw mit Elektrizität zu versor- gen. Der Strom tritt an der einen Seite der durchbohrten Trommelachse ein, umkreist die Magnete und tritt an der entgegengesetzten Seite wieder aus. Die Vorteile dieses Apparates gegenüber anderen ähnlicher Art sind im we-sentlichen folgende: 1. Die Magnete laufen nicht um, sondern sind festliegend, während eine Messingtrommel, vor welcher das Eisen angezogen wird und welche selbst nicht mangnetisch ist, um diese Magnete umläuft. Dadurch, daß nun die Magnete nicht, wie sonst, bei derartigen Apparaten direkt mit dem zu verarbeitenden Material in Berührung kommen, sondern von der Trom- mel vollständig umschlossen werden, sind sie gegen Staub, Wärme usw geschützt. 2. Während es bei allen anderen elektromagnetischen Apparaten nötig ist, den elektrischen Strom in bestimmten Zwischenräumen zu unterbrechen, um dem von den Magneten angezogenen Eisen zu gestatten, wieder abzu- fallen, zu welchem Zwecke dasselbe noch von einer umlaufenden Brüste oder anderen Einrichtung abgebürstet oder abgestreift werden muß, da ja der Magnetismus nicht sofort mit dem Aufhören des elektrischen Stromes schwindet, ist bei diesen Apparaten sowohl die lästige und viel Reparatur kostende Stromunterbrechung als auch die Abstreifung vermieden. Der elektrische Strom wirkt konstant; die angezogenen Eisenerzteilchen haften auf der Trommel, werden von derselben mitgenommen und auf der entge- gengesetzten Seite, wo die Wirkung des Elektromagnetes sie nicht mehr beherscht, fallen gelassen. 3. Auch bezüglich der Durchsatzmengen und der Beschaffenheit des aufbereiteten Gutes zeichnet sich der Apparat aus. Von den bis jetzt bekannten und im Betrieb befindlichen Apparaten sind besonders die von Siemens & Halske und von Wassermann zu nennen. Der Apparat von Siemens & Halske ist nicht im Stande, jedes Material, namentlich ein Gemenge von Schwefelzink und Eisenoxydoxydul, wie es auf der Grube Friedrichssegen und den meisten Bergwerken vorkommt, zu verarbeiten, wie durch Versuche nachgewiesen ist. Der Wassermann´sche Apparat kann infolge der Anwendung von zu schwa- chen natürlichen Magneten nicht so große Mengen, wie der der Grube Friedrichssegen verarbeiten. Die Apparate der Grube Friedrichssegen sind im Stande, mit je 2 Abteilungen der Apparate in 12 Stunden 24 000 Kg ge- geröstetes Erz zu verarbeiten, und werden daraus etwa 7 000 Kg Zinkblende und 17 000 kg Eisen erzielt. Das Rohprodukt hat einen durchscnittlichen Gehalt von 12 bis 15 pCt. Zn und 20 bis 22 pCt Fe, währen das aufbereitete Zinkerz einen Gehalt von 33 pCt Zn, das Eisenerz 36 bis 38 pCt Fe und 10 pCt. Mangan ergibt. Das produzierte Eisenerz geht zur Ladebühne, um von hier aus nach dem Erzmagazin befördert zu werden; es wird keiner weiteren Behandlung mehr unterworfen. Das Zinkerz jedoch unterliegt einer weiteren Verarbeitung auf Setzmaschinen. Die von der magnetischen Aufbereitung kommenden Zink- erze werden einem Becherwerk zugeführt, von diesem gehoben und durch eine Separationsanlage von 3 Trommeln mit 3, 2 und 1 mm Lochweite nach der Korngröße separiert. Jede Korngröße fällt alsdann einer Setzmaschine zu. Dieses Verarbeiten der Zinkerze hat den Zweck, die noch in den Erzen enthaltenen Berge zu entfernen sowie auch noch Blei zu gewinnen. Durch die Setzarbeit wird der Zinkgehalt der Erze bedeutend erhöht, sodaß ein Zinkerz mit 38 pCt. Zink resultiert. Die Bleierze haben einen Gehalt von etwa 65 pCt. Blei und 40 g Silber. Die ganz feinen Schlämme, welche namentlich durch den Exhaustor angezogen werden, gelangen auf sogenannten Rund- herden zur Verarbeitung, und wird daraus ein Bleiprodukt von 55 pCt. Blei, ein Zinkprodukt von 32 pCt. Zink erzielt. Als verkäufliche Erze werden also im ganzen gewonnen: Blende mit 38 pCt. Zn bzw. 32 pCt. Zn. Eisen mit 36 bis 38 pCt. Fe mit 10 pCt. Mg. Blei mit 65 pCt. Pb und 40g Ag bzw 55 pCt. Pb und 30 Ag. Auf dieser Aufbereitungsanlage wurde auch zeitweise Zinkblende anderer Gruben (zB Grube Merkur, Bad Ems) verarbeitet. Daß es sich bei dieser Aufbereitungsanlage um eine technische Neuerung handelt geht auch aus den Exkursionen der Bergakademie Berlin und des Vereins deutscher Ingenieure hervor, die schon 1880 mit 30 Studenten und 1886 mit 50 Ingenieuren die Grube Friedrichssegen besichtigten. Diese Anlage wurde von Herrn Direktor Heberle eingehend beschrieben (leider ist von dieser Beschreibung kein Exemplar aufzutreiben) und bei Industriemessen- und Austellungen vorgestellt. Daher rührt auch ein Betriebszweig der Grube Friedrichssegen, in dem sie den Bau von elektro-magnetischen Scheide-Apparaten betrieb. Um das Jahr 1880 wurden die Erze wie folgt verkauft: Bleierze nach Braubach, S.B. Golschmiedt Kupfer nach Hamburg, Norddeutsche Affenerie und Burbach/Siegen Firma Schreiber Zink Stollberg in Westfalen, Gesellschaft für Bergbau und Hüttenbetrieb Huy, Belgien Societé Astro Belge, Eschweiler, Rhein - Nassau Eisen Oberhausen a. d. Ruhr, Gute Hoffnungshütte (Quelle: HstAW Abt. 416, Nr. 55) - - - - - Die Grube Friedrichssegen trug sich schon lange mit dem Gedanken, zur Verringerung der Transportkosten, eine dampfbetriebene Eisenbahn zu bauen. Dazu hatte sie bereits 1873 von der Stadt Oberlahnstein am Schrotwieserberg geeignetes Gelände angekauft und die erforderlichen Genehmigungen rechtzeitig beantragt.   Bereits im November 1879 wurde ein Polizei-Reglement und Polizei - Verordnung für die Grubeneisenbahn des Bergwerks: Consolidirte Grube Friedrichssegen bei Oberlahnstein mit folgendem Wortlaut erlassen: Aufgrund des § 11 der Verordnung über die Polizei-Verwaltung in den neu erworbenen Landestheilen vom 29. September 1867 und auf Grund der der §§ 197, 207 und 208 des allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865 werden von den unterzeichneten Behörden zur Sicherung des Betriebes auf der zu dem Bergwerk Consolidirte Grube Friedrichssegen bei Oberlahnstein gehörigen Lokomotiv-Eisenbahn nachstehende Vorschriften erlassen: § 1 Die Aufsicht, die Unterhaltung und Bewachung der von dem Bergwerk Consolidirte Grube Friedrichssegen der Gemarkung Oberlahnstein nach dem Lagerplatz an der Lahn führenden Lokomotiv-Eisenbahn, deren Ausgangspunkt 228 Meter unterhalb der südwestlichen Ecke des Hauptaufbereitungsgebäudes des Bergwerk Friedrichssegen liegt, wird von dem hierzu durch den Grubenvorstand zu bestellenden Beamten ausgeübt, der von der zuständigen Behörde zu vereidigen ist. Derselbe tritt in Beziehung auf die ihm bei der Anstellung übertrage- nen Funktionen dem Puplikum gegenüber in die Rechte eines öffentlichen Polizeibeamten. Bei Ausübung seines Dienstes muß er ein Schild "Bahnauf- seher" tragen. Er ist für die Ausführung der durch Gegenwärtiges getroffenen Vorschriften der von dem Grubenvorstande zu ertheilenden Dienstinstruktionen und der sonst zur Sicherheit des Betriebes noch zu treffenden amtlichen Anordnungen verantwortlich und dem zuständigen Königlichen Revierbeamten von dem Grubenvorstand namhaft zu machen. Vor erfolgter Bestellung des Bahn-Aufsehers darf der Lokomotivbe- trieb nicht eröffnet werden. § 2 Die Grubeneisenbahn mit ihren sämmtlichen Nebenanlagen muß fortwährend in einem vollkommenen, betriebsfähigen und gesicherten Zustande erhalten werden, dergestalt, daß dieselbe ohne Gefahr mit der für dieselbe gestatteten größten Geschwindigkeit (§ 10) befahren werden kann. Die Überführung der Grubeneisenbahn über die Nassauische Staatsbahn muß nach Anweisung der Königlichen Eisenbahn-Direction zu Wiesbaden hergestellt und in gesichertem, betriebsfähigen Zustande gehalten werden. Auf Anstehen der Königlichen Eisenbahn-Verwaltung, resp. deren Lokal-Baubeamten hat der Grubenvorstand etwa erforderliche Reparaturen und Ergänzungen an der Überführung sofort ausführen zu lassen, widrigenfalls die Königliche Eisenbahn-Direction berechtigt ist, das Erforderliche auf Kosten des Bergwerks Consolidirte Grube Friedrichssegen ausführen zu lassen. Befindet sich die Überführung nach Ansicht des Lokal-Baubeamten der Königlichen Eisenbahn-Direction in einem gefahrdrohenden Zustande, so muß der Betrieb der Grubeneisenbahn so lange eingestellt werden, bis dieser Zustand beseitigt ist. Das bei Station 2 der Grubeneisenbahn überbrückte Bachbett muß stets in einem solchen Zustand gehalten werden, daß dasselbe seinem ur- sprünglichen Zwecke in dem ganzen Umfange wie bisher dienen kann. § 3 Die Geleise sind außerhalb der Lade- und Abladeplätze in einer Breite, welche die größten Wagenbreiten um 0,3 m übersteigt, von allen Anlagen, Erhebungen, Anhäufungen von Erde, Sand, Materialien, Geräthen und anderen Gegenständen frei zu halten. Die Übergänge sind stets fahrbar zu erhalten. § 4 Zwischen zusammenlaufenden Gleisen ist ein Markirzeigen anzubrin- gen, welches die Grenze angibt, bis zu welcher in jedem Bahngeleise Fahr- zeuge verschoben werden dürfen, ohne den Durchang von Fahrzeugen auf dem anderen Geleise zu hindern. Die Steigungsverhältnisse der Grubeneisenbahn sind an solchen Stellen, wo sich dieselben verändern, durch dauerhafte, in die Augen fallen- de Zeichen kenntlich zu machen. § 5 Die Bahnstrecke ist häufig, mindestens täglich Vor- und Nachmittags je einmal zu revidiren. § 6 Die Betriebsmittel sollen fortwährend in einem solchen Zustande ge- halten werden, daß die Fahrten mit der größten zulässigen Geschwindigkeit (§ 10) ohne Gefahr stattfinden können. Die auf der Grubeneisenbahn zu verwendenden Wagen müssen derartig konstruirt sein, daß ein selbstthätiges Öffnen derselben unmöglich ist. Die Konstruktion dieser Wagen bedarf der vorherigen Zustimmung der Königlichen Eisenbahndirection zu Wiesbaden. § 7 Es darf kein Wagen oder Zug abwärts ohne Lokomotive an der Spitze abgelassen werden, und müssen außer an der Maschine an jedem Wagen kräftige, leicht zu handhabende Bremsvorrichtungen angebracht sein. Lokomotive und Wagen müssen vor dem Ablassen eines jeden Zuges unter einander so verbunden sein, daß eine zufällige Lösung der Kupplungen nicht stattfinden kann. Auf dem ersten und letzten Wagen eines jeden aus höchstens 6 Wagen zu formirenden Zuges muß sich unter allen Umständen ein Bremser befinden. Vor dem Ablassen eines jeden Zuges sind die Bremsen auf ihre Wirksamkeit zu untersuchen, und Wagen mit mangelhaft wirkender Bremsvorrichtung durch solche mit vollkommener Bremsvorrichtung zu ersetzen. Die Aufstellung der zu jedem Zuge nicht verbundenen Wagen muß stets derartig eingerichtet sein, daß die Wagen auf die eigendliche Fahrbahn nicht übergehen können. § 8 Die Bremser müssen sich stets beim Zug befinden, zuverlässig kräftig und mindestens 18 Jahre alt sein, sie haben an den bei Eintritt der Dunkelheit vollständig beleuchtet zu haltende Endpunkte und Abzweigungen der Schienengeleise, sobald der Zug gehalten hat, die Weichen zu stellen, den Anordnungen des Zugführers Folge zu leisten und sind für die Befolgung der ihnen vom Grubenvorstande zu ertheilenden Dienstinstruktionen verantwortlich. § 9 An der Stelle, wo die Grubeneisenbahn den von Oberlahnstein nach Miellen führenden Weg kreuzt, ist ein Bahnwärter aufzustellen und von dem Grubenvorstande mit einer Dienstinstruktion zu versehen; außerdem muß in einer Entfernung von 15 m von den Übergangsstellen der Grubeneisenbahn über die Wege an jeder Wegstrecke eine Warnungstafel mit der Aufschrift "Halt" angebracht und erhalten werden. Sämmtliche Wegverlegungen sind nach dem Bache hin und, sofern sie gleichzeitig in oder über dem Niveau der Grubeneisenbahn liegen, auch nach letzterer seitlich abzuschließen. § 10 Die größte zulässige Geschwindigkeit für Züge und einzeln fahrende Lokomotiven darf in keiner Richtung drei Meter in der Sekunde überschreiten. Außerdem darf an den Übergangsstellen der Grubeneisenbahn über die nassauische Staatsbahn über Wege und auf den Lade- und Abladeplätzen, sowie auf gegebenes Signal zum langsamen Fahren nicht schneller als im Geschwindschritt eines Menschen gefahren werden. Die einzeln fahrenden Lokomotiven oder der Zug muß halten, wenn vorwärts sich in einer Entfernung unter 50 Meter Menschen, Thiere und sonstige Hindernisse auf der Grubeneisenbahn befinden, und darf erst nach deren Beseitigung wieder in Betrieb gesetzt werden. Vor jeder Weiche muß der Zug halten, damit die Bremser rechtzeitig die Wagen zur Bedienung der Weichen verlassen können. § 11 Auf jeder Lokomotive muß sich eine Glocke befinden, mit welcher in einer Entfernung von 60 Meter von jeder Übergangsstelle bis zu deren er- folgter Passirung stark geläutet werden muß. § 12 Vom Beginn der Dämmerung an, sowie bei starkem Nebel dürfen Züge nicht abgelassen und nicht weiter befördert werden, wenn nicht auf der Lokomotive zwei hellleuchtende Laternen so angebracht sind, daß dieselben über die Lokomotive und über die etwa von ihr geschobenen Wagen hervor- ragen. § 13 Jede Lokomotive muß mit Bahnräumern, einem verschließbaren, an dem Feuerkasten dicht anschließenden Aschenkasten, sowie mit Vorrich- tungen versehen sein, durch welche der Auswurf von Funken aus dem Schornstein wirksam verhütet wird. § 14 Bei angeheizten Lokomotiven soll so lange sie still stehen, der Regu- lator geschlossen, die Steuerung in Ruhe gesetzt und die Bremse angezogen sein. Die Lokomotive muß dabei stets unter Aufsicht stehen. § 15 Ohne Erlaubnis des Bahnaufsehers (§ 1) darf außer dem Lokomotiv- führer, Heizer, dienstuendem Wagenpersonal, den Mitgliedern des Grubenvorstandes und den Königlichen Bergbeamten Niemand auf der Lokomotive oder in den Wagen mitfahren. § 16 Das unbefugte Betreten des Bahnkörpers der Grubenbahn und ihrer Zubehörungen mit Ausnahme der zu Übergängen bestimmten Stellen ist ver- boten. Die Polizeibeamten in Ausübung ihres Berufs sind befugt, die Bahn zu überschreiten und zu betreten. Sobald das Herannahen der Züge oder einer Lokomotive durch das Läuten der Glocke (§ 11) signalisirt wird, müssen Fuß- gänger, Fuhrwerke, Reiter, Viehtreiber mit ihrem Vieh bei den aufgestellten Warnungstafeln (§ 9) Halt machen und dürfen erst, nach dem die Züge passirt sind, die Grubeneisenbahn überschreiten. Der Bahnwärter (§ 1) ist befugt, einzelnen Personen das Begehen des Bahnkörpers unter den Vorbehalten des Widerrufs zu gestatten. Nimand darf Gegenstände auf die Grubeneisenbahn oder so in deren Nähe legen, daß der Zug sie berühren kann. § 17 Die Führung der Lokomotive darf nur solchen Personen übertragen werden, welche wenigstens ein Jahr lang in einer mechanischen Werkstätte gearbeitet haben und nach wenigstens einvierteljährigen Lehrzeit durch eine von einem Maschinenmeister im Beisein des Königlichen Revierbeamten abzuhaltenden Prüfung und durch Probefahrten ihre Befähigung in Führung und Wartung der Lokomotive nachgewiesen haben. Sie sind für die Beob- achtung aller beim Betriebe der Lokomotiven erforderlichen Sicherheitsmaß- regeln und für die Befolgung der ihnen vom Grubenvorstande zu ertheilenden Dienstinstructionen verantwortlich. Die Heizer müssen mit Handhabung der Lokomotive mindestens so vertraut sein, um die Maschine erforderlichen Falles in Gang und Stillstand setzen können. § 18 Dienstinstructionen für den Bahnaufseher (§ 1), für den Bahnwächter (§ 9), für die Bremser (§ 8) und für die Lokomotivführer (§ 17) sind zur Kenntnis des zuständigen Königlichen Revierbeamten zu bringen. § 19 Es ist verboten solche optischen und akustischen Signale auf der Grubeneisenbahn zu geben, welche auf der nassauischen Staatseisenbahn gebraucht werden, alle auf der Grubeneisenbahn anzuwendenden Signale bedürfen vor Einführung der Zustimmung der Königlichen Eisenbahndirektion zu Wiesbaden; auch ist letzterer der jeweilige Fahrplan zur Kenntnißnahme einzureichen. § 20 So lange die Grubeneisenbahn eingeleisig ist, bedarf es vor gleich- zeitiger Befahrung derselben mit 2 Lokomotiven in entgegengesetzter Rich- tung besonderer Genehmigung der unterzeichneten Behörden. Die Befahrung der Grubeneisenbahn in derselben Richtung mit ge- trennten Zügen darf nur dann geschehen, wenn zwischen dem Ablassen zweier Züge ein Zeitraum von mindestens 20 Minuten verflossen ist. Das Befahren der Grubeneisenbahn auf einem neu anzulegenden zweiten Geleise oder während der Nacht, bedarf der vorherigen Zustimmung der zuständigen Behörden. § 21 Gegenwärtige Vorschriften sind durch dauernden Aushang auf dem Bergwerk Consolidirte Grube Friedrichssegen, Auszüge aus denselben, welche sich auf die §§ 1, 9, 10, 11, 12, 15, 16, 21 und 22 zu beschränken ha- ben, in gleicher Weise an den Warnungstafeln (§ 9) zur Kenntniß des Publi- kums zu bringen. § 22 Wer diesen Vorschriften zuwiderhandelt, oder die zur Bahnanlage gehörigen Einrichtung beschädigt, verfällt in die durch §§ 207 und 208 des allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865 angedrohten Strafen und, so- weit diese Strafen nicht zutreffend und anwendbar sind, oder nach den allge- meinen strafrechtlichen Bestimmungen eine härtere Strafe eintritt, in eine Polizeistrafe bis zu 30 M an deren Stelle im Unvermögensfalle des Contravi- enten verhältnißmäßige Haftstrafe tritt. Bonn, 3. November 1879. Königliches Oberbergamt Bassert Wiesbaden, den 10 November 1879. Königliche Regierung, Abtheilung des Innern Mollier Die oben wiedergegebenen Bestimmungen entstammen dem Lahnsteiner Anzeiger (Nr.141,142 und 143 des Monats Dezember des Jahres 1879). Im Jahre 1880 wurde dann die grubeneigene Eisenbahn von der Lahn nach der Grube Friedrichssegen bei Oberlahnstein als gemischte Adhäsions- und Zahnradbahn gebaut. Der Erbauer der Grubenbahn, A. Kuntze, Ingenieur und Betriebsdirektor der Drachenfelsbahn in Königswinter, hat dieselbe in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Band XXVI, Seite 169 eingehend beschrieben. Der Separatabdruck, herausgegeben in Leipzig, Verlag von Richard Bauer, 1883, wird hier wiedergegeben. Die schmalspurige Eisenbahn von der Lahn nach der Grube Friedrichssegen bei Oberlahnstein Gemischte Adhäsions- und Zahnradbahn Von A. Kuntze Ingenieur und Betriebsdirector der Drachenfelsbahn in Königswinter   1. Einleitung In dem Seitenthale der Lahn, welches bei Ahlerhütte - zwischen Ems und Oberlahnstein - auf der linken Seite in das Lahnthal einmündet, liegen die Grube, die Aufbereitungen und sonstigen Anlagen der >Anonymen-Actien- Gesellschaft des Blei- und Silberbergwerks Friedrichssegen<. Die Lager- plätze und die Hauptmagazine sind unmittelbar am Lahnufer gelegen; die Entfernung von hier bis zur Grube beträgt etwa 2,5 km. Die gewonnenen Erze werden auf den Lagerplätzen und in den Magazinen während kürzerer oder längerer Perioden angesammelt, und da eine Verbindung mit der vor- beiführenden Staatsbahn zur Zeit nicht vorhanden ist, von hier aus per Schiff zur Verhüttung transportirt. Der Transport der Erze von der Grube nach der Lahn und der Kohlen und sonstiger Materialien in umgekehrter Richtung ge- schah bis dahin per Achse. Im Jahre 1879/1880 betrug das Quantum der thalabwärts transportirten Erze 18 000 Tonnen, das ist pro Arbeitstag 60 Tonnen; thalaufwärts wurden pro Tag etwa 14 Tonnen an Kohlen, Kalk und anderen Materialien transportirt, und waren damit durchschnittlich15 bis 20 Pferde beschäftigt. Das Fahrkonto erreichte in diesem Jahre die Höhe von 37 500 M. Bei dem starken Verkehr war der Weg durch das Thal im Winter - und selbst bei nur kurzer Regenzeit im Sommer - kaum fahrbar zu halten, und eine weitere Steigerung der Production der Grube konnte wegen der Schwierig- keiten der Abfuhr nicht stattfinden. Diese, besonders im Winter äußerst fühl- baren Mißstände machten eine Verbesserung der Transporteinrichtungen dringend notwendig. Die Direction der Grube zog den Verfasser in dieser An- gelegenheit zu Rathe, und nach Erörterung der verschiedenen, bei den vorlie- genden Verhältnissen in Betracht zu ziehenden Anlagen übernahm derselbe die Projectirung und späterhin auch die Ausführung einer schmalspurigen Ei- senbahn. 2. Beschreibung der Bahnanlage Spurweite, Steigungs- und Krümmungs-Verhältnisse. Die Bahn ist eine gemischte Adhäsions- und Zahnradbahn nach dem Sy- stem Riggenbach. Die wesentlichen Daten über Steigungs- und Krüm- mungsverhältnisse derselben sind in nachstehender Zusammenstellung enthalten, und ist das Nähere aus der Situation und dem Längenprofile der Bahnlinie zu ersehen. Spurweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 m Länge der durchgehenden Bahnlinie einschl. der Abzweigungen am Pochwerk und auf der oberen Halde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .2 670 m Höhendifferenz der Endpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119,4 m Mittlere Steigung (auf 2 550 m). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1:21,4 (47o/oo) Gesamtlänge der Strecken in Steigungen. . . . . . . . . . . . . . . 2 170 m (81 o/o) " " " " der Horizontalen . . . . . . . . . .. 500 m (19 o/o) " " " " Curven . . . . . . . . . . . . . . . . .1 120 m (42 o/o) " " " " der Geraden. . . . . . . . . . . . .1 550 m (58 o/o) Stärkste Steigung auf der Adhäsionsbahn . . . . . . . . . . . . . . . . 1:20(50 o/oo) Steigung auf der Zahnradbahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 1:10 (100 o/oo) Länge der Zahnradbahn. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618 m (vertheilt auf 3 Strecken von 90, 357 und 171 m Länge). Kleinster Curvenradius auf der Adhäsionsbahn: 1. Auf freier Strecke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . 100 m 2. In der Nähe der Ladestellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .50 m 3. In den von der Maschine befahrenen Ladegleisen. . . . . .. . . . . . . . 40 m 4. In den nur von Wagen befahrenen Ladegleisen. . . . . . . . . . . . . . . .10 m Radius der Curven auf der Zahnradbahn durchweg. . . . . . . . . . . . . . . .145 m. Erd- und Felsarbeiten. Trotzdem die Trace der Bahn sich den Terainverhältnissen möglichst anschmiegt, waren doch an einzelnen Stellen größere Felseinschnitte und Ausschnitte nicht zu vermeiden. Es wurden rund 8 600 cbm Fels und 3 800 cbm Felsgeröll und Boden, in Summa 12 400 cbm, gelöst und transportirt. In dieser Summe sind die zur Herstellung des Bahnplanums zwischen den Sta- tionen 21 und 23 aus der Halde daselbst transpotirten Massen nicht enthalten; dieselben betrugen etwa 9 000 cbm. Jedoch genügten diese Massen zur An- schüttungen für den Bahnkörper und die Wege-Verlegungen noch nicht voll- ständig, und wurden nach Inbetriebnahme der Bahn die von dem Pochwerk abzufahrende Berge (täglich 25 bis 30 Wagenladungen) zur Fertigstellung dieser Anschüttungen und auch als Bettungsmaterial für den Oberbau verwendet. Bei dem bedeutenden Längengefälle der Bahn und der geringen Länge der einzelnen Einschnitte wurde die Anlage von Seitengräben nicht für nöthig gehalten; nur an einzelnen Stellen sind neben dem Bahnkörper schmale Gräben zur Trockenhaltung desselben aufgeworfen. Brücken, Durchlässe, Trockenmauerwerk und Wegeverlegungen. Zur Überführung der Grubenbahn über die Staats-Eisenbahn, über den Bach und den durch das Thal führenden Weg war die Herstellung von vier größeren Bauwerken erforderlich. Das bedeutendste derselben ist die Überführung der Staatsbahn und des neben liegenden Parallelweges bei Station 1, 5. Die Brücke schneidet die Staatsbahn unter einem Winkel von 64 Grad 20´: sie hat zwei mittlere Öffnungen von je 8,5 m und 2 Endöffnungen von je 5,24 m nor- maler Lichtweite, die mit Blechträgern überspannt sind. Die lahnwärts gelegene Endöffnung ermöglicht eine bequeme, von dem vorbeiführenden Wege unabhängige Verbindung der beiderseits der Grubenbahn liegenden Theile des Lagerplatzes (Fig. 5. Taf. XII) (Tafeln s. Anhang 10 Seite 387). Die drei Brücken zwischen den Stationen 18 und 20 (Fig. 2, Taf. XII) sind ge- wölbt; die beiden ersteren haben je eine Öffnung von 5 m, die letzte hat zwei Öffnungen von 6 m und 5 m normaler Lichtweite. In den Fig. 4, 5 und 6, Taf. XIII, ist die letzte Brücke dargestellt und die Construction dieser Brücke daraus zu ersehen. Die Gewölbe und die zu einem Mauerkörper vereinigten Parallelflügel haben eine Breite von nur 1,8 m. Auf dem mit einer Ziegelrollschicht abgedeckten Mauerkörper sind 2 Langschwellen von 20 x 20 cm starkem Eichenholz gelagert und in Entfernungen von etwa 1,4 m durch eingemauerte Ankerbolzen mit demselben verbunden; auf diesen Langschwel- len, deren Entfernung von einander 1,25 m beträgt, ruhen die 15 x 15 cm star- ken Querschwellen aus Eichenholz, welche die Schienen und die Zahnstan- gen tragen. Außer diesen Bauwerken wurden noch etwa 250 lfd. Meter gemauerte Durchlässe zur Unterführung des Baches unter dem Bahnkörper hergestellt. Zur Vermeidung von Niveau-Kreuzungen der Bahn mit dem Wege war eine Verlegung des letzteren auf eine Länge von etwa 500 m erforderlich. Die Bö- schungen des Bahnkörpers mußten an vielen Stellen zum Schutze gegen Wasserspülung und Erreichung steilerer Neigungen mit Steinpflaster verse- hen werden, und wurden zu diesem Zweck an 1 200 cbm Trockenmauerwerk ausgeführt. Die Mauerkörper der sämmtlichen Bauwerke sind aus Bruchsteinen mit Kalkmörtel ohne Schichtsteinverblendung hergestellt. Das Steinmaterial für die Überführung der Staatsbahn - eine feste Grauwacke - lieferte ein in der Nähe der Baustelle lahnabwärts liegender Steinbruch; Die Ecksteine für Pfei- ler wurden aus demselben Material hergerichtet. Zu allen übrigen Bauwerken, zu den Durchlässen und dem Trockenmauerwerke fanden die besseren der bei Felsarbeiten gewonnenen schiefrigen Bruchsteine Verwendung. Die in Mörtelmauerwerk hergestellten Mauerkörper sind mit Ziegelstein-Rollschicht abgedeckt; die Auflagersteine für die eisernen Überbauten und die Anfänge der Rollschichten sind Pfälzer Sandsteine. Die offenen Fugen der sichtbaren Mauerflächen wurden bei noch frischem Mörtel mit Trassmörtel glatt gestri- chen; Cement fand nur zum Vergießen der Auflagerplatten der eisernen Über- bauten und der Mittelstütze der größeren Drehscheibe Verwendung. Die im Vorstehenden näher beschriebene Construction der massiven Brücken, welche für Bahnen, die mit geringerer Geschwindigkeit befahren werden, durchaus empfehlenwerth ist, erfordert nur geringe Mauermasse von einfachster Form. Da dieselben zudem nur auf Druck beansprucht werden, so ist die Verwendung von minderwertigem Steinmaterial zur Herstellung derselben ohne Bedenken, und konnten somit diese Bauwerke durch Benut- zung der an Ort und Stelle sich vorfindenden Materialien äußerst billig herge- stellt werden, wie sich dies aus der Zusammensetzung der Kosten ergibt. O b e r b a u. Die sehr kräftigen Stahlschienen sind 95 mm hoch, im Kopfe 50 mm, im Fuße 95 mm breit und im Stege 12,7 mm dick und wiegen 25 kg pro lfd. Meter. Dieselben ruhen auf eichenen Querschwellen von 1,8 m Länge. 18 cm Breite und 13 cm Dicke. Auf der Adhäsionsbahn beträgt die Entfernung der Schwel- len von einander 1,07 m (Fig. 7, Taf. XII); auf der Zahnradbahn ist dieselbe durch die 3 m langen Zahnstangensegmente bedingt zu 1 m. Unter den Zahn- stangenstößen liegen Schwellen von 1,8 m Länge, 24 cm Breite und 15 cm Dicke. Die Schienen wurden von den Rheinischen Stahlwerken als Ausschuß- schienen einer größeren Lieferung für den Preis von 170 M pro 1 000 Kg loco Hütte geliefert. Die normale Länge der Schienen beträgt 9,14 m (30´engl.); ein kleiner Theil derselben ist 8,35 m (28´engl.), 7,93 m (26´engl.) und 7,32 m (24´ engl.) lang. Die Schienenstöße sind auf der Adhäsionsbahn schwebend, auf der Zahnradbahn schwebend oder fest angeordnet, je nachdem die un- veränderliche Schwellentheilung von 1 m auf der Zahnradbahn dies bedingte. Aus Fig. 7, Taf. XII ist die Anordnung der Schienenstöße und die Vertheilung der Schwellen zu ersehen. Da besondere Curvenschienen nicht vorhanden waren und die geringste Differenz in den Längen der Schienen 0,61 m betrug, so konnte ein Verschieben der gegenüberliegenden 0,61 Schienenstöße gegeneinander um ------- = 0,3 m in den Curven 2 nicht vermieden werden. Die Schienen sind mit 12 mm starken Hacknägeln auf den Schwellen befestigt; gegen das Wandern zu Thal wurden die Schienen nur in den Steigungen 1 : 10 gesichert, und zwar jede Schiene durch 4 Stück Holzschrauben von 10 mm Durchmesser, die direct durch den Schienenfuß in die Schwellen geschraubt wurden. In den Curven sind die Geleise mit Überhöhung und Spurerweiterung nach folgenden Angaben verlegt: Radius der Curve Spurweite Überhöhung 145 m 1,007 m 4 cm 120 m 1,010 m 7 cm 100 m 1,010 m 8 cm 40 m 1,015 m 10 cm Die passenste Überhöhung wurde in der ersten Zeit des Betriebes durch Beobachtung des Ganges der Maschine in den Curven bestimmt. Der wesentlichste Constructionstheil der Zahnradbahn - die Riggenbach` sche Zahnstange und die Einfahrstücke zu derselben - sind in den Figuren 7, 8, und 9, Taf. XIII, dargestellt. Die Zahnstange besteht aus zwei -Eisen mit ungleichen Flanschen, zwischen welche die trapezförmigen, aus Walz- eisen hergestellten Zähne eingenietet sind. Die einzelnen Zahnstangenseg- mente haben eine Länge von 2, 998 m und wurden bei mittlerer Temperatur mit einem Zwischenraume von 2 mm verlegt. Die Zahntheilung beträgt 100 mm und die Breite der Zahnstange (zwischen den -Eisen) 120 mm; die Oberkante der 120 mm hohen -Eisen liegt 110 mm und die Oberkante der 120 mm hohen -Eisen liegt 110 mm über S.-O. An den Stößen ruht die Zahnstange mittelst gusseiserner Sattelstücke und dazwischen mittelst höl- zerner Futterstücke auf den Querschwellen; die Verbindung zwischen den einzelnen Theilen wird an den Stößen durch Mutterschrauben an den mittle- ren Stützpunkten durch starke Holzschrauben hergestellt. Auf den gewölbten Bauwerken zwischen Stationen 18 und 20 sind die Quer- schwellen gegen die mit dem Mauerwerke durch Anker verbundenen Lang- schwellen festgelegt; eine Festlegung der Querschwellen an anderen Stellen durch Mauersätze oder sonstige Constructionen hat nicht stattgefunden. Es wurde angenommen, daß die Reibung der belasteten Holzschwellen auf dem scharfkantigen Bettungsmaterial ein Wandern des Oberbaues, welches schon durch die vielen Contrecurven bedeutend erschwert ist, wirksam verhindern würde, und hat sich dies bis jetzt durch die Erfahrung bestätigt; auch wurde ein merkliches Wandern der gegen die Schwellen nicht festgelegten Schienen in den Steigungen 1 : 20 und darunter nicht beobachtet. Die Einfahrstücke in die Zahnstangen (Fig 7 und 9, Taf. XIII) sind aus Walzei- sen (Winkeleisen und Platte) hergestellt. Dieselben sind durch Charniere mit den festen Anfangsstücken der Zahnstangen verbunden und werden durch starke Spiralfedern in der oberen Lage, welche durch gekröpfte Winkeleisen begrenzt ist, gehalten. Das Ganze ruht auf einem Roste von starken Eichen- schwellen. Die Wirkung dieser Einfahrstücke zur Vermittlung des sicheren Eingriffs des Zahnrades der Maschine in die feste Zahnstange ohne Störung der Fahrt be- ruht im wesentlichen auf der Differenz der Zahnteilungen des Einfahrstückes und des Zahnrades der Maschine. Ersteres hat eine Theilung von 97,5 mm, letzeres eine solche von 100 mm, so daß sich beim Einfahren die relative Lage der Zähne des Zahnrades und des Einfahrstückes, das ist um 2,5 mm, zu verschieben sucht. Trifft beim Einfahren Zahn auf Zahn, so wird das Ein- fahrstück niedergedrückt, und zwar so lange, bis sich die Zähne des Einfahrstückes und des Zahnrades um die Summe der beiden Kopfbreiten, das ist um etwa 60 mm gegen einander verschoben haben. Dies tritt ein nach einem Vorrücken der 60 Maschine um ein maximo -- = 24 Zähne; dann greifen die Zähne des Zahn- 2,5 rades in die Zahnlücken des Einfahrstückes ein, und nun muss letzteres durch die Spiralfeder so kräftig in der Lage gehalten werden, dass die Reibung zwischen den Zahnflanken nicht im Stande ist, dasselbe niederzudrücken. Ist dies der Fall, so müssen die Adhäsionsräder um ein geringes schleifen, und die richtige Einfahrt functionirt unter den vorliegenden Verhältnissen so sicher, dass bis jetzt, nachdem die Maschine die verschiedenen Einfahrten wohl 20 000mal passirt hat, noch keinerlei Störung stattgefunden hat. Anordnung und Einrichtung der Lade- und Entladestellen. Bei der Projectirung der Bahnanlagen verursachte die Rücksicht auf eine be- queme Anordnuung und Einrichtung der Lade- und Entladestellen bei der großen Beschränktheit des dazu verfügbaren Terrains am Pochwerk und auf der oberen Halde ziemliche Schwierigkeiten. Da aber bei den verhältnissmä- ßig geringen Transportweiten ein bedeutender Prozentsatz der bei dem Transporte zu leistenden Arbeit auf das Be- und Entladen der Wagen entfällt, so war eine besondere Rücksichtnahme hierauf durchaus geboten. An der Lahn beginnt das Hauptgeleise auf dem Lagerplatz für Kohlen dicht vor dem alten Erzmagazin (Fig 5, Taf. XII). Die hiervon strahlenförmig abzwei- genden Nebengeleise schließen sich in ihrer Höhenlage dem Lagerplatze möglichst an, so dass die mit Plattenbelag versehenen Lagerstellen für Erze ohne wesentliche Umgestaltung auch fernerhin für denselben Zweck benutzt werden konnten. Die nach den Erzmagazinen führenden Gleise stehen durch Drehscheiben mit den übrigen Geleisen in Verbindung; die auf dem Kohlen- lagerplatz liegende kleine, gusseiserne Drehscheibe dient nur dem Drehen von Wagen, während auf der vor dem neuen Erzmagazin liegenden Dreh- scheibe von 12 t Tragfähigkeit auch die Maschine gedreht werden kann. Die Weichen sind Zungenweichen gewöhnlicher Art; Fig 8, Taf. XII zeigt die geometrische Construction derselben. Zur Zeit stehen die Grubenverwaltung und sonstige Interessenten mit der Staatseisenbahnverwaltung wegen Anlage einer Haltestelle bei Ahl in Unter- handlung. Kommt diese Anlage zur Ausführung, so werden die Geleise der Grubenbahn in Ahl nach einem bereits vorliegenden Plan erweitert, so dass alsdann auch ein Umladen von Bahn zu Bahn bequem erfolgen kann. Die Geleisanlagen am Pochwerk und auf der oberen Halde sind in Fig. 6, Taf. XII dargestellt. An dem Pochwerk sind 3 Ladegeleise vorhanden, welche unter einem Ladegerüste, dessen Construction die Fig. 10 und 11, Taf. XIII zeigen, endigen. Das vierte Geleise führt nach dem Locomotivschuppen und nach der in demselben befindlichen Wasserstation. Schienenoberkante dieser Geleise liegt 2,2 m tiefer, als der Fußboden des Pochwerkes und des umliegenden Terrains und 0,3 m tiefer, als der höchste Punkt der thalwärts führenden Rampe (Fig. 2, Taf. XII). Durch letztere Anordnung in der Höhenlage der Gelei- se ist ein bis zu einer bestimmten Grenze absolut sicher wirkendes Hindernis gegen das Durchgehen der per Hand in den Ladegeleisen bewegten Wagen geschaffen. Die Geleise für die kleinen Grubenwagen, mittelst deren Transport der Erze und Berge aus dem Pochwerk erfolgt, sind in 3 Strängen bis auf das Ladegerüst über die Ladegeleise geführt, so dass die kleinen Grubenwagen direct durch Kippen in die unten stehenden Wagen entleert werden können (Fig 10 und 11, Taf. XIII). In dem ersten Geleise werden die Berge, in den bei- den anderen Erze geladen. Solche Erze, die nicht in kurzer Zeit eine Wagen- ladung ergeben, werden auf dem Ladegerüst zwischen den beiden Geleisen oder in dem nebenliegenden Magazin angesammelt und müssen bei genügendem Vorrathe per Schaufel verladen werden. Auf der oberen Halde führen nur zwei Geleise unter das Ladegerüst, weil hier nur Erze und keine Berge zu verladen sind; im übrigen ist die Einrichtung dieselbe wie am Pochwerke. Das bis auf das Plateau der oberen Halde führende Geleise dient dem Trans- port der Kohlen bis in das Kohlenmagazin; auch werden in diesem Geleise Spateisensteine, welche direct aus der Grube kommen, verladen. Bei a (Fig. 6, Taf. XII) sind Stürzrollen zur Aufnahme der für das Pochwerk bestimmten Kohlen angelegt. Ähnliche Einrichtungen zum Be- und Entladen der Wagen sind im verflosse- nen Sommer auch am Rundherdbau III gleichzeitig mit der Erbauung einer magnetischen Aufbereitrung gemacht worden. (Fig1,Taf. XII) Das bei Station 3 angelegte todte Geleise soll zum Auffangen flüchtiger Wagen dienen (Fig. 5, Taf. XII). Locomotivschuppen und Wasserstation. An der in Fig 6, Taf. XII, bezeichneten Stelle unterhalb des Pochwerkes ist der in den Fig. 12, 13 und 14, Taf. XIII dargestellte Locomotivschuppen für 2 Maschinen erbaut. Die Breitendimension desselben ist so bemessen, dass eine Aufstellung von Hebeböcken zum Hochheben der Maschine behufs Aus- wechslung von Achsen oder zur Ausführung sonstiger Reparaturen bequem erfolgen kann. In dem hinteren Theile des Schuppens sollen eine fahrbare Feldschmiede, eine Werkbank mit Schraubstock und Schränke zur Aufbewah- rung von Oel, Putzwolle und von kleineren Reservestücken für Locomotive und Wagen Aufstellung finden. In dem an den Schuppen stoßenden alten Gebäude ist ein hölzernes Wasser- reservoir von etwa 2 cbm Inhalt aufgestellt; dasselbe erhält Wasser aus dem oberhalb des Pochwerkes hoch gelegenen Sammelweihers (Fig. 6, Taf. XII) durch dieselbe Leitung, welche auch das Pochwerk mit Wasser versorgt. Dieses Wasser, welches stets zur Speisung der Dampfkessel im Pochwerk benutzt wird, ist jedoch bei geringem Wasservorrath im Weiher sehr trübe, und entnimmt die Locomotive zu solchen Zeiten ihr Wasser einem kleinen Reservoir in Ahl, welches mittels einer Handpumpe mit Lahnwasser gefüllt wird. Die Leitung aus dem erst erwähnten Reservoir nach dem Locomotiv- schuppen besteht aus 5 cm weiten schmiedeisernen Röhren: bei a (Fig. 13 und 14, Taf. XIII) ist ein Hahn zum Auswaschen des Kessels, bei b eine sol- cher zum Füllen des Wasserkastens der Locomotive und bei c der Absperr- hahn angebracht. In dem vorderen Theile des Schuppens bei d ist das Kohlenmagazin für die Locomotive eingerichtet, so dass dieselbe gleichzeitig Kohlen und Wasser einnehmen kann. Im Sommer 1882 wurde in dem Seitenthale links von Station 12 der Grubenbahn eine etwa 10 m höher liegende Quelle gefaßt, und wird das Wasser jetzt zur Versorgung der in der Nähe liegenden Arbeiterwohnhäuser und einer bei Station 12 angelegten Wasserstation für die Maschine benutzt. Betriebsmittel. An Betriebsmitteln wurden zunächst 1 Locomotive und 18 Wagen und später- hin noch 6 Wagen beschafft. Die Zahnrad-Locomotive ist nach den Plänen des Ingenieurs Riggenbach in der Hauptwerkstatt Olten der Schweizerischen Centralbahn gebaut. Dieselbe ist eine zweiachsige Tendermaschine mit horizontal liegendem Kessel (Fig. 1 bis 4, Taf. XIV), welche sich von den gewöhnlichen Locomotiven besonders dadurch unterscheidet, dass die Schubstange nicht direct an der Triebachse, sondern an einer Zwischenwelle angreift. Letztere überträgt die Kraft durch zwei symmetrisch zur Längsachse der Maschine angeordnete Zahnräderpaare auf die Haupttriebwelle, welche in der Mitte das in die Zahnstange eingreifende Triebrad trägt. Mit dieser Haupttriebwelle sind die Achsen der Adhäsionsräder durch Kuppelstangen verbunden. Die wesentlichen Verhältnisse von Maschine und Kessel sind folgende:   Cylinderdurchmesser 240 mm Kolbenhub 450 mm Durchmesser der Adhäsionsräder 770 mm Theilkreisdurchmesser des Zahnrades 764 mm Übersetzungsverhältnis zwischen den Zahnrädern 23 : 40 Radstand 1 850 mm Spurweite 1 000 mm Innerer Durchmesser des Kessels 762 mm Länge des Kessels zwischen den Rohrwänden 1 980 mm Innere Breite der Feuerkiste 662 mm Innere Länge der Feuerkiste 932 mm Anzahl der Siederöhren 75 Durchmesser der Siederöhren 41 u. 45 mm Dircte Heizfläche 3,90 qm Indirecte Heizfläche 21,10 qm Totale (wasserberührte) Heizfläche 25,00 qm Rostfläche 0,62 qm Dampfdruck 9 atm Länge der Locomotive einschl. Buffer 5 230 mm Größte Breite derselben 1 800 mm Größte Höhe derselben 3 100 mm Gewicht im Dienst 11,8 t Leergewicht 10,0 t. Die Blechstärke des cylindrischen Kessels sowie des Domes ist 10 mm, die der kupfernen Feuerbüchse 12 mm. Der Dampf wird aus dem auf dem vorderen Theile des Langkessels befindlichen Dom entnommen; zwischen diesem und dem über der Feuerbüchse angebrachten Ventilkopf ist außer- halb des Kessels ein Rohr eingeschaltet, welches dem Dampf beständige Circulation gestattet, wenn auch die Feuerbüchse auf der Steigung der Bahn ganz mit Wasser gefüllt ist. Für die Sicherheit des Betriebes sind die Bremseinrichtungen von wesentlich- ster Bedeutung. Zur Regulirung der Geschwindigkeit der Thalfahrt wird die von dem Ingenieur Riggenbach erfundene Luftbremse benutzt. Soll dieselbe in Thätigkeit gesetzt werden, so schließt der Führer mittelst einer Handhabe von seinem Stand aus zunächst die Öffnung des Ausströmungsrohres in der Rauchkammer durch einen Deckel; zugleich öffnet sich ein Hahn, der unter der Rauchkammer im Ausströmungsrohr angebracht ist, so dass derselbe dann direct mit der äußeren Luft in Verbindung steht. Wird jetzt mittels der Steuerung gebremst, so tritt die reine Luft aus dem Ausströmungsrohr in die Cylinder und wird hier beim Rückgange des Kolbens comprimirt. Die comprimirte Luft kann nicht durch den fest geschlossenen Regulator, wel- cher, abweichend von der gewöhnlichen Construction, nicht aus einem Schieber, sondern aus einem Scheibenventile besteht, in den Kessel dringen, sondern muss aus dem Dampfeinströmungsrohre durch ein 3 cm weites, unter den Führerstand geleitetes Rohr, austreten. Dieses Rohr kann vom Führer mittels eines Hahnes mehr oder weniger geschlossen werden, und regulirt der Führer durch Handhabung dieses Hahnes bei der Thalfahrt auf einfachste Weise die Geschwindigkeit des Zuges. Schließt der Führer den Hahn ganz, so kommt der Zug in kurzer Zeit zum Stillstande. Die mit der Compression der Luft verbundene Erhitzung wird durch Zuführung eines feinen Wasserstrahles in die Cylinder unschädlich gemacht: das Wasser wird in Dampf verwandelt und tritt mit der Luft gemischt aus dem Rohre aus. Außer dieser Luftbremse ist die Maschine noch mit einer äußerst kräftigen Bandbremse, welche auf zwei besondere Bremsscheiben auf der Zwischen- welle wirkt, ausgerüstet. Letztere Bremse wird vom Heizer bedient und dient zum Anhalten beim Rangiren und als Reservebremse bei der Thalfahrt, wenn plötzliches Anhalten nothwendig ist. Wagen. Zum Transporte der früher angegebenen Materialien dienen 24 Stück eiserne, muldenförmige Kippwagen von 1 cbm Inhalt und 2 500 Kg Tragfähigkeit (Fig 5 und 6, Taf. XIV). Dieselben haben 800 mm Radstand, eine Länge von 2 150 mm (einschl. Buffer), eine Breite von 1 500 mm und eine Höhe von 1 400 mm. Der Durchmesser der 4 Schalengussräder beträgt 430 mm; die Breite der Laufflächen derselben 85 mm. Die Langträger der Wagen sind -Eisen; dieselben liegen zwischen den Rädern und tragen 3 Querschienen, auf welchen der muldenförmige Kasten ruht. In seiner normalen Lage wird der Kasten durch die beiden an den Stirnseiten angebrachten Bügel b gehalten, welche unter die Haken der am Untergestelle befestigten Führungseisen f greifen. Werden die Achsen a, an deren exentrischen Endzapfen die Bügel hängen, mittelst Handhabe gedreht, so kommen die Bügel in eine so tiefe Lage, dass sie aus den Haken frei werden und aufgeklappt werden können. Der Wagenkasten ist dann frei und kann durch Kippen nach einer der beiden Langseiten entleert werden. Die Bewegung der Wagenkasten beim Kippen und die äußerste Stellung derselben ist bestimmt durch die festen, cyclisch geformten Führungseisen und die mit dem Wagenkasten festverbundenen Stifte s, welche an den Führungseisen vorbeigleiten. Der Inhalt der Kasten fällt beim Kippen ziemlich Weit vom Geleise, so dass ein Verschütten desselben nicht stattfindet; der Zug kann also nach dem Ent- leeren sofort weiterfahren. Auf die geschilderte Weise wird ein ganzer Zug in wenigen Minuten von 2 Mann (den beiden Bremsern) mit geringer Mühe entleert. Sämmtliche Wagen sind mit Bremsvorrichtungen für beide Achsen versehen; sie haben ein Gewicht von 950 Kg und sind von R. Leder in Qued- linburg für den Durchschnittspreis von 650 M pro Stück (einschl. Fracht) geliefert. Im Jahre 1882 wurden noch 6 Wagen und eine zweite Maschine zur Reserve beschafft, so dass jetzt 30 Wagen und 2 Maschinen vorhanden sind. Im Dienst ist nur je eine der Maschinen, und wird jede Woche mit denselben gewechselt. 3. Bauausführung In den Monaten Februar und März 1880 wurden die Erd- und Felsarbeiten mit einer geringen Zahl Arbeiter an verschiedenen Stellen in Angriff genommen. Anfangs April übernahm der Verfasser die Leitung des Baues, und datirt von diesem Termin ab der eigentliche Beginn der Bauausführung. Mit Ausnahme einzelner Arbeiten an dem Locomotivschuppen geschah die Ausführung der sämmtlichen Arbeiten in Regie. Ende August waren die größeren Bauwerke fertig gestellt und die Felsarbei- ten fast vollendet. Mit den aus den Felseinschnitten gewonnenen Materialien, die theilweise zur Herstellung von Mauerwerk benutzt worden waren, konnte der Bahnkörper zwischen den Stationen 11 und 19 nur soweit geschüttet werden, dass das Legen des Geleises auf demselben eben möglich war. Das Geleise musste aber gelegt werden, um mit den unterdess angelieferten Betriebsmitteln (Maschine und 8 Wagen) den Transport von Material aus dem Felseinschnitte bei Station 11 nach dem Damme bei Station 19/20 bewirken zu können, zu dessen Fertigstellung das aus dem Einschnitte bei Station 20/21 gewonnene Material nicht genügte. Die Zahnstangenstrecke von Station 18,5 ab war sorgfältig auf dem fertigen Bahnkörper verlegt; auf der Adhäsionsbahn war aber die richtige Höhe des Dammes an vielen Stellen noch nicht erreicht, so dass die Steigungen von 1 : 16 auf kürzeren Strecken mehrfach vorkamen. Ende September war der Damm durch den Weiher bei Station 19/20 endlich auf richtige Höhe geschüttet, so dass das Geleise und die Zahnstange über denselben weggelegt werden konnten. Nun begann der Transport von Material aus der Halde bei Station 21. Die Maschine drückte die Wagen bis an das äußerste Ende der Zahnstangen und wurden dieselben dann auf einem provisorisch gelegten Gleisstück mit Hand bis zur Ladestelle transportirt. Stückweise wurde so das Planum in der Halde fertig gestellt und das Geleise und die Zahnstangen vorgestreckt. Anfangs November war der Bau der durchgehenden Bahnlinie soweit gediehen, dass die polizeiliche Abnahme derselben am 6. November und die Eröffnung des Betriebes am 8. November stattfinden konnte. Zunächst wurden jedoch nur die Kohlen zu Berg und die Berge aus dem Pochwerke und ein kleiner Theil der Erze transportirt, indem bis Ende December die Betriebsmittel durch den zur Herstellung der Ladestellen am Pochwerke und auf der oberen Halde nöthigen Erdtransport theilweise in Anspruch genommen waren. Von Januar 1881 übernahm die Bahn den gesammten Transport für den Betrieb der Grube. 4. Gesamtkosten der Bahn Die Arbeiten wurden fast ausschließlich in Regie ausgeführt, und da es vielfach vorkam, dass dieselben Leute in einer Lohnperiode sowohl an der Bahn, als auch mit anderen Arbeiten beschäftigt wurden, so konnte eine absolut genaue Aufstellung der Kosten nicht gemacht werden. Dieselben betragen rund 165 000 M. Nicht enthalten sind in dieser Summe die Kosten des Wohnhauses bei Station 2,5 und einiger anderen Anlagen, deren Ausführung durch den Bau der Bahn zwar veranlasst wurde, die aber zur eigentlichen Bahnhanlage nicht gehörten. Die Vertheilung der angegebenen Gesamtsumme auf die einzelnen Titel ergibt sich aus der nachstehenden Zusammenstellung: __________________________________________________________ Gesamtkosten Kosten pro Kilo- im meter (Länge Gegenstand der Ausgabe Einzelnen Ganzen 2,67) M M M __________________________________________________________ 1. Grunderwerb 3 200 1 199 2. Erd- und Felsarbeiten 23 000 8 614 3. Befestigungen der Böschungen durch Steinpflaster 2 100 787 4. Kunstbauten a) Unterführung der Staatsbahn nebst anschließender Futter- mauer und Bachüberwölbung Eiserner Überbau und Bolenbelag 4 670 Mauerwerk einschl. aller Nebenarbeiten 3 030 7 700 b) Brücke bei Station 18 1 350 c) " " " 19+20 900 d) " " " 20 2 000 e) Überwölbung des Bachbettes (etwa 250 lfd. Meter) 6 350 18 300 6 854 5. Oberbau a) Schwellen 7 500 b) Schienen 30 600 c) 18 Weichen u.Herzstücke (aus- schl. der erforderlichen Schien- nen) 2 280 d) 2 Drehscheiben 920 e) Laschen, Bolzen Hacknägel 3 690 f) Zahnstangen mit Befestigungs- theilen (618 lfd. Meter, zu 22,60 M) 13 950 g) Verlegen der Geleise, der Wei- chen und der Zahnstangen so- wie Unterhaltung derselben bis Ende 1880 und theilweises Einbauen des Bettungsmate- rials 4 600 63 540 23 798 6. Locomotivschuppen und Sturz- gerüste 4 000 1 498 7. Betriebsmaterial: a) Locomotive 24 000 b) 24 Wagen 15 750 39 750 14 888 8. Nebenanlagen: Befestigung des verlegten Weges 1 640 1 640 614 9. Vorarbeiten, Ausarbeiten der Pro- jecte und Bauleitung 7 000 2 622 10. Insgemein-Kosten 2 470 924 ------------------------------------------------------ Summa: 165 000 61 798 ------------------------------------------------------------------------------------------------------- 5. Betriebseinrichtungen Für die Betriebseinrichtungen waren die Bestimmungen des für die Bahn erlassenen Polizei-Reglements maßgebend. Die Aufsicht, Unterhaltung und Bewachung der Bahn liegt einem Bahnauf- seher ob, welche die Strecke täglich mindestens 2 mal , Vor- und Nach- mittags, revidiren muss. An dem Wegübergang bei Station 2,50 ist ein Bahnwärter aufgestellt, der zugleich die dort befindliche Centesimal-Waage bedient. Jeder Zug darf höchsten aus 6 Wagen bestehen, von denen 2 mit Bremsern zu besetzen sind, und muss sich die Maschine stets thalwärts vom Zug befinden; nachträglich ist gestattet worden, dass zwischen Ahl und und dem Rundherdbau III die Züge aus 8 Wagen bestehen dürfen. Die Ge- schwindigkeit soll auf der Adhäsionsbahn höchstens 3 m, auf der Zahnrad-bahn 1,50 m pro Secunde betragen. 6. Erfahrungen über den Betrieb auf der Bahn Nach den Bedingungen des Vertrages sollte die Maschine im Stande sein, auf der Adhäsionsbahn von höchstens 50 o/oo Steigung (1 : 20) und auf der Zahnradbahn von 100 o/oo (1 : 10) einen Zug im Gewichte von 10 t mit einer Geschwindigkeit von 3 m pro Secunde zu Berg, und einen solchen von 18 t Gewicht bei mindestens 2 gebremsten Wagen zu Thal zu führen. Das Gewicht der Züge beträgt gewöhnlich: 1. Bei der Thalfahrt bis zum Rundherdbau III 6 Wagen zu 0,95 = 5,7 Tonnen 6 Ladungen zu 2,0 = 12,0 Tonnen ------------------- Summa: 17,7 Tonnen. Vom Rundherdbau III nach Ahl 8 beladene Wagen zu 2,95 = 23,6 Tonnen. 2. Bei der Bergfahrt von Ahl bis zum Rundherdbau III 8 Wagen zu 0,95 = 7,6 Tonnen 6 Ladungen zu 1,1 = 6,6 Tonnen Summa: 14,2 Tonnen. Vom Rundherdbau III ab aufwärts 6 Wagen zu 0,95 = 5,7 Tonnen 4 Wagen zu 1,1 = 4,4 Tonnen Summa: 10,1 Tonnen. Die Fahrt vom Pochwerk bis Ahl und umgekehrt dauert im Mittel 30 Minuten einschl. Aufenthalt auf den zwischenliegenden Ladestellen. Fahrplanmässig werden im Winter 4 Züge nach Ahl und zurück, und 5 Züge vom Pochwerk bis Rundherdbau III und zurück gefahren; außerdem nach Bedürfnis Extra- züge. Bis Anfang Januar 1881 leitete der Verfasser den Betrieb der Bahn, und hatte Gelegenheit, denselben während der ungünstigsten Jahreszeit kennen zu lernen. Die Fahrt auf den Zahnstangenstrecken ging stets in überraschen- der zuverlässiger Sicherheit von Statten, sowohl zu Berg, als zu Thal, während die Fahrt auf den Adhäsionsstrecken, auf welchen vorübergehend Steigungen bis 1 : 16 vorkamen, bei feuchter Witterung vielfach mit Schwierig- keiten verbunden war. Gewöhnlich nimmt man als mittleren Werth des Reibungscoefficienten zwischen Schiene und Rad 1/6 an, und tröstet sich damit, dass der Maschinist nöthigenfalls sanden kann. Für Bergbahnen in engen Thälern ist dieser Reibungscoefficient entschieden zu hoch. Mehrfach wurde beobachtet, dass Wagen auf den Rampen 1 : 10 bei feuchtem Wetter durch Bremsen bis zum Schleifen der Räder nicht gehalten werden konnten; der Reibungscoefficient war demnach kleiner als 1 : 10. Bei einer anderen Beobachtung ergab sich derselbe zu = 0, 072 (1/14). Dieser Zustand der Schienen, bei welchem der Reibungscoeffizient so gering ist kommt bei Industriebahnen, bei welchen stets viel feiner Staub auf die Schienen fällt, sehr häufig vor, und ist in Gebirgsthälern anhaltend, weil die Schienen schlecht trocknen. Wird dann bei der Bergfahrt Sand gestreut, so sind bei der nächsten Thalfahrt die Schienen durch den unterdess angenäss- ten, zermalenen Sand erst recht schlüpfrig, und die Thalfahrt ist äußerst schwierig und gefährlich. Das einzige Mittel, dessen man sich in solchem Fall bedienen kann, ist die Spülung der Schienen mittelst eines Wasserstrahls. Da- durch wird der feuchte Schmutz zum Theil weggewaschen, und andererseits der rückbleibende Theil so dünnflüssig gemacht, dass er durch den bedeutenden Flächendruck zwischen Schiene und Rad weggepresst wird, so dass sich die metallischen Flächen berühren, wobei der Reibungscoeffizient wenigstens 1/8 bis 1/10 wird. Heiß braucht das zum Spülen verwandte Wasser nicht zu sein: ein Trocknen der Schienen findet doch nicht statt. Gleiche Beobachtungen über die Größe des Reibungscoeffizienten hat man auch bei der Zahnradbahn in Wasseralfingen gemacht; dort wurde derselbe = 0,198 gefunden (1/5) bei trockenen Schienen und äusserst gering, nur 0,068 1/15), bei nebligem Wetter. Auf der Bahn in Friedrichssegen mit einer Maximal-Steigung von 1 : 20 auf den Adhäsionsstrecken sind bei einem Reibungscoeffizienten von 1/10 die Bergfahrten sicher zu bewerkstelligen. Kommt der seltene Fall vor, dass die Maschine schleudert, so wird gesandet; die Maschinisten ziehen die Anwen- dung des Sandes der Wassersprühung wegen der energischeren Wirkung des ersteren vor. Um auch bei der Thalfahrt die Bewegung des Zuges stets sicher dirigiren zu können, werden nöthigenfalls auf den Adhäsionstrecken mit Steigung 1 : 20,5 sämmtliche Bremsen leicht angezogen; dann kann der Zug durch Festbremsen der Maschine und der mit Bremsern besetzten 2 Wagen hinreichend schnell zum Stehen gebracht werden. Wie schon früher bei Beschreibung der Locomotive angegeben, ist der Durch- messer der Adhäsionsräder derselben um 6 mm größer, als der Theilkreis- durchmesser des Zahnrades. Die Adhäsionsräder haben also das Bestreben, dem Zahnrad vorzueilen, und hat dieser Umstand auf den Betrieb der Bahn den günstigen Einfluss, dass auch auf den Zahnstangenstrecken die Maschine theilweise als Adhäsionsmaschine wirkt und die Zahnstange entlastet. In Wasseralfingen hat man die Erfahrung gemacht, dass der Gang der Maschine ein unruhiger wurde, als die Bandagen der Adhäsionsräder nach 3jähriger Benutzung einen um 2 mm geringeren Durchmesser als den Theilkreis des Zahnrades hatten. Auf diese Erfahrung hin wurde den neuen Adhäsionsrädern ein um 8 mm größerer Durchmesser gegeben, und die Maschine geht wieder ruhig. In Wasseralfingen beträgt die Maximal-Geschwindigkeit auf den Adhäsionsstrecken 16 km pro Stunde, und kann nach den auch in Friedrichs- segen gemachten Beobachtungen die Maschine mit dieser Geschwindigkeit fahren, ohne einen störenden, unruhigen Gang anzunehmen. Vom August 1880 ab hat die Locomotive in Friedrichssegen ohne Unterbrechung den Dienst versehen, und sind besondere Reparaturen in dieser Zeit an derselben nicht vorgekommen. In Wasseralfingen hat man sich bis jetzt, nachdem die Bahn 5 Jahre in Betrieb ist, noch nicht zur Anschaffung einer Reserve-Maschi- ne genöthigt gesehen. Diese Erfahrungen berechtigen wohl zu dem Schlusse, dass die Zahnradlocomotiven für Bahnen gemischten Systems von Riggenbach auf eine hohe Stufe der Vollkommenheit gebracht sind, und kön- nen die neuerdings noch ohne speczielle Begründung geäußerten Bedenken gegen die Construction dieser Maschinen nicht als zutreffend angesehen werden. 7. Betriebsresultate Betriebskosten in den 8 Monaten vom 1. Mai bis Ende December 1881. Gehalt des Bahnaufsehers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 880,00 M " " Bahnwärters. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480,00 M " " Locomotivführers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 987,85 M " " Heizers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 668,49 M Lohn für 2 Bremser. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 879,54 M 64,35 t Kohlen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 836,55 M Schmiermittel für Maschine und Wagen, Putz- miaterial usw. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420,75 M Reparatur an Locomotive und Wagen. . . . . . . . . . . . . 904,24 M Unterhaltung der Bahnanlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 674,20 M Löhne für Laden und Entladen und sonstige Arbei- ten auf dem Lagerplatz in Ahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 593,72 M ------------------ Summa: 10 325,34 M Hieraus ergeben sich die Betriebskosten einschl. der Kosten für Laden und Entladen in Ahl pro Jahr zu: 10 325, 34 M X 3/2 = 15 488 M. Bemerkt sei hierbei, dass der Bahnaufseher neben seiner Thätigkeit an der Bahn noch die Aufsicht über alle baulichen Anlagen im unteren Theile des Thales führt, und dass der bei Station 2,50 stehende Bahnwärter zugleich Wiegemeister für die neben dem Wegeübergange angelegte Centesimal- waage ist, auf welcher die passirenden Wagen sämmtlich gewogen werden. Zieht man die in vorstehender Summe enthaltenen Kosten des Ladens und Entladens in Ahl mit 2 593,72 X 3/2 = 3 890 M ab, so bleiben als Betriebsko- stenpro Jahr 11 598 M. Zu diesen Kosten kommen noch hinzu die Zinsen des Anlagekapitals und für die Erneuerung bezw. Amortisation vorzusehenden Be- träge. Die Zinsen des Anlagekapitals betragen: 165 000 M zu 4 pCt. = 6 600 M. Für die Erneuerung bezw. Amortisation sind vorzusehen: für Kunstbauten. . . . . . . . . . . . . . 2 pCt. von 18 300 M = 366,00 M. " Schienen. . . . . . . . . . . . . .2 1/2 " " 30 600 M = 765,00 M " Schwellen. . . . . . . . . . . . . .. .10 " " 7 500 M = 750,00 M " Weichen. . . . . . . . . . . . . . . . .10 " " 2 280 M = 228,00 M " Drehscheiben. . . . . . . . . . . . 10 " " 920 M = 92,00 M " Laschen usw.. . . . . . . . . . . . . .5 " " 3 690 M = 184,50 M " Zahnstangen. . . . . . . . . . . . . . 3 " " 13 950 M = 418,50 M " Locomotivschuppen und Sturzgerüste. . . . . . . . . . . . . . 4 " " 4 000 M = 160,00 M " Betriebsmaterial. . . . . . . . . . 7 " " 39 750 M = 2 782,50 M ----------------- Summa: 5 746,50 M Es betragen demnach pro Jahr: 1. Die reinen Betriebskosten. . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 598 M 2. Die Betriebskosten einschl. Zinsen des Anlagenkapitals. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 198 M 3. Die Betriebskosten einschl. Zinsen einschl. 5 746 M für Erneuerung bezw. Amortisation. . . . . . . . . . 23 944 M 4. Die Betriebskosten mit Zinsen und dem Betrage für Erneuerung und einschl. der Kosten des Ladens und Entladens auf dem Lagerplatz in Ahl 27 834 M. In der Zeit vom 1. Mai bis Ende December 1881 wurden mit der Bahn transportirt: Thalabwärts: 5 453 Wagen mit 10 639,13 Tonnen Erz 719 Wagen mit 1 434,53 Tonnen Abhübe 5 075 Wagen mit 9 468,75 Tonnen Berge ----------------------------------------------------------------- Summa: 11 247 Wagen mit 21 542,41 Tonnen Ladung. Thalaufwärts: 208 Wagen mit 232,97 Tonnen Kalk 2 763 Wagen mit 3 197,41 Tonnen Kohlen und Koks 26 Wagen mit 35,95 Tonnen versch. Materialien ------------------------------------------------------------------------------- Summa: 2 997 Wagen mit 3 466,31 Tonnen Ladung und 8 250 leere Wagen Auf ein Jahr berechnet würde dies ergeben: 16 870 Wagen mit 32 314 Tonnen Ladung thalabwärts, 4 496 Wagen mit 5 200 Tonnen Ladung thalaufwärts und 12 374 leere Wagen thalaufwärts In Summa pro Jahr: 21 366 Wagen mit 37 514 Tonnen Ladung und 12 374 leere Wagen und bei 300 Arbeitstagen durchschnittlich pro Tag 71 Wagen mit 125 Tonnen Ladung und 41 leere Wagen. Diese Leistung wurde in den Monaten November und December 1881 bedeutend überschritten, und zwar wurden im Monat December durchschnittlich pro Tag transportirt: 68 Wagen mit 140,6 Tonnen thalabwärts 17 Wagen mit 19,4 Tonnen thalaufwärts und 51 leere Wagen thalaufwärts In Summa täglich: 85 Wagen mit 160 Tonnen Ladung und 51 leere Wagen. Letztere Leistung kann als Maximalleistung der Bahn, so lange der Betrieb mit einer Maschine stattfindet, angesehen werden, und kann diese Lei- stung ohne nennenswerthe Erhöhung der Betriebskosten erreicht werden. Unter Annahme von 300 Arbeitstagen ergibt sich hieraus die Maximallei- stung pro Jahr zu: 25 500 Wagen mit 48 000 Tonnen Ladung und 15 300 leere Wagen. Die durchschnittliche Transportweite beträgt - unter Berücksichtigung der Bewegung der Wagen in Nebengeleisen - für die Erze etwa 2, 5 km, für die Berge und Abhübe 1,2 km und für die Kohlen etwa 2,7 km. In den 8 Monaten von Mai bis December 1881 hat demnach die Bahn geleistet: bei der Fahr thalabwärts: 10 639,13 x 2,5+(1434,53+9468,75) x 1,2 = 39 680 Tonnenkilometer der Ladung und bei der Fahrt thalaufwärts: 3 466,31 x 2,7 = 9 360 Tonnenkilometer Ladung das ist zusammen 49 040 Tonnenkilometer der Ladung, und für ein Jahr............ 73 560 " " " " . Die Maximalleistung für eine Maschine wird ungefähr 1/4 mehr und demnach 92 000 Tonnenkilometer pro Jahr betragen. Berücksichtigt man das Brutto-Gewicht der gefahrenen Züge (einschl. Ge- wicht der Maschine) und als mittlere Transportweite für die thalaufwärts gefah- renen leeren Wagen 1,7 km so ergibt sich als Leistung für 8 Monate. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .90 000 Tonnenkilometer (Brutto), für ein Jahr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 000 Tonnenkilometer (Brutto) und als Maximalleistung für 1 Jahr 170 000 Tonnenkilometer (Brutto). Aus den vorstehenden Angaben berechnen sich für das Betriebsjahr 1881/1882: ------------------------------------------------------------------------------------------------------- Pro Pro Tonnen- Pro Tonne Kilometer Tonnen- Ladung der Kilometer Ladung brutto M M M ------------------------------------------------------------------------------------------------------- 1. Die reinen Betriebskosten zu . . . . . . . . . . . . . 0, 309 0, 158 0, 086 2. Die Betriebskosten einschl. Zinsen des Anlagenkapitals. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0, 485 0, 247 0, 135 3. Die Betriebskosten einschl. Zinsen und 5 746 M für Erneuerung bezw. Amortisation 0, 638 0, 325 0, 177 4. Die Betriebskosten mit Zinsen und dem Betrage für Amortisation und einschl. der Kosten des Ladens und Entladens in Ahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0, 742 0, 378 0, 206 Im Betriebsjahr 1879/80 wurden per Fuhre transportirt: 18 000 Tonnen thalabwärts und 4 000 Tonnen thalaufwärts, zusammen 22 ooo Tonnen. Das Fuhrkonto erreichte in diesem Jahre die Höhe von 37 500 M; die Kosten betrugen also pro Tonne 1,70 M. Beim Transport per Bahn betragen die Kosten einschl. Zinsen und Erneuerung bezw. Amortisation in maximo pro Tonne 0,742 M: letzterer Transport ist also um 0, 958 M pro Tonne billiger. Bei dem im Jahre 1881/82 erreichten Transport- quantum von mindestens 37 514 Tonnen würde als also eine Ersparnis betragen: 37 514 x 0, 958 = rot. 36 000 M, und könnte somit das gesamte Anlagenkapital ausser den vorgesehenen Rücklagen für die Erneuerung bezw. Amortisation in 4 1/2 Jahren amortisirt werden. Um etwaigen Zweifeln an der Zuverlässigkeit der angegebenen Betriebs-resultate, die sich nur auf die Erfahrung des ersten Betriebsjahres stützten, zu begegnen, sollen die vorstehenden Resultate mit denen der Zahnradbahn in Wasseralfingen, die auf der Erfahrung von 5 Betriebsjahren basiren, verglichen werden. (Siehe nachstehende Tabelle) ========================================================= B e t r i e b s r e s u l t a t e ------------------------------------------------------------------------------------------------------- d e r Z a h n r a d b a h n in Wasseralfingen in Friedrichssegen für das Betriebsjahr 1879/80 für das Betriebsjahr 1881/82 ========================================================= Transport bergauf Anzahl der Wagen. . . . . . . . 7 770 Wagen (sämmtlich beladen) 16 870 Wagen (4 496 bel.., 12 374 leer) Gewicht der Ladung. . . . . . 13 674 Tonnen 5 200 Tonnen Brutto-Gewicht (ausschl. Maschine). . . . . . 20 279 " 21 226 " Transport bergab Anzahl der Wagen. . . . . . . 7 770 Wagen (5 700 bel., 2 070 leer) 16 870 Wagen (sämmtlich beladen) Gewicht der Ladung. . . . .. 8 845 Tonnen 32 314 Tonnen Brutto-Gewicht. . . . . . . . . . 15 450 " 48 340 Tonnen Gesamtleistung pro Jahr Anzahl der Wagen. . . . . . . 15 540 Wagen (13 470 bel., 2 070 leer) 33 740 Wagen (21 366 bel., 12 374 leer) Gewicht der Ladung. . . . . . 22 519 Tonnen 37 514 Tonnen Brutto-Gewicht. . . . . . . . . . 35 729 " 69 566 Tonnen 56 860 Tonnenkm der Ladung 73 560 Tonnenkm der Ladung Leistung in Tonnenkilometer pro Jahr 90 213 " des Brutto-Gewichts 135 000 " des Brutto-Gewichts Betriebskosten einschl. 4 pCt. Zinsen des Anlagen- Kapitals 14 577 Mark 18 198 Mark do. einschl. Zinsen pro Tonne Ladung 0, 647 Mark 0, 485 Mark do. do. pro Tonnenkm. der Ladung 0, 256 Mark 0, 247 Mark do. do. do. d. Bruttoge- gewichts 0, 162 Mark 0. 135 Mark ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- bei einem Betrieb, welcher der Maximalleistung einer Maschine entstricht d e r Z a h n r a d b a hn in Wasseralfingen in Friedrichssegen ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Transport bergauf Anzahl der Wagen 14 400 Wagen (sämmtlich beladen) 20 400 Wagen ( 5100 bel., 15 300 leer) Gewicht der Ladung 25 304 Tonnen 5 820 Tonnen Brutto-Gewicht (ausschl. Maschine) 37 544 Tonnen 25 200 Tonnen Transport bergab Anzahl der Wagen 14 400 Wagen (sämmtlich beladen) 20 440 Wagen (sämmtlich beladen) Gewicht der Ladung 22 320 Tonnen 42 180 Tonnen Brutto-Gewicht 34 560 Tonnen 61 560 Tonnen Gesamtleistung pro Jahr Anzahl der Wagen 28 800 Wagen (sämmtlich beladen 40 800 Wagen (25 500 bel., 15 300 leer) Gewicht der Ladung 47 624 Tonnen 48 000 Tonnen Brutto-Gewicht 72 104 Tonnen 86 760 Tonnen 120 250 Tonnenkm der Ladung 92 000 Tonnenkm. der Ladung Leistung in Tonnenkm pro Jahr 182 063 " des Brutto-Gewichts 170 000 " des Brutto-Gewichts Betriebskosten einschl. 4 pCt. Zinsen des Anlagekapitals 21 100 Mark 23 944 Mark In diesen Summen sind die Beträge für Erneuerung enthalten do. einschl. Zinsen pro Tonne Ladung 0, 443 Mark 0, 499 Mark do.do. pro Tonnenkm. der Ladung 0, 175 Mark 0, 260 Mark do.do.do. d. Brutto- gewichts 0, 116 Mark 0, 141 Mark Betriebskosten einschl. Zinsen, Erneuerung und der Kosten des Ladens und Entladens auf dem Lagerplatz in Ahl - 27 834 Mark Dasselbe pro Tonne Ladung - 0, 58 Mark ====================================================================================== Die Zahnradbahn in Wasseralfingen, die erste derartige Bahn in Deutschland, wurde im Jahre 1876 für den Transport von Materialien zwischen dem Königl. Hüttenwerk Wasseralfingen und der dortigen Stuferzgrube erbaut. Die Entfernung von der Hütte bis zu Grube bezw. Berghalde beträgt 2 Km und der Höhenunterschied 77 m. Die Bahn hat 1 m Spurweite; Locomotive und Wagen sind mit denen in Friedrichssegen gleich. Im Betriebsjahr 1879/80 war auf dem Hüttenwerke Wasseralfingen nur 1 Hochofen in Betrieb und führte die Maschine täglich durchschnittlich 3,7 Fahrten aus, welche einschl. Anheizen der Maschine 6 Stunden Zeit in An- spruch nahmen; bei vollem Betriebe können täglich 6 Berg- und Thalfahrten mit je 8 beladenen Wagen durchgeführt werden. Die für die Maximal-Leistung einer Maschine angegebenen Resultate zeigen hinreichende Übereinstimmung, um daraus auf die Zuverlässigkeit derselben schließen zu können; die Differenzen in einzelnen Angaben finden ihre Aufklä- rung in speciellen Betriebsverhältnissen. So sind die Betriebskosten in Fried- richssegen höher, weil in denselben die Ausgaben für einen Bahnaufseher und 2 Bremser enthalten sind, die in Wasseralfingen wegfallen. Die Anzahl der transportirten Wagen und das Gewicht der Züge ist größer, dagegen sind die durchschnittlichen Transportweiten in Friedrichssegen geringer als in Wasseralfingen; zudem sind in Wasseralfingen sämmtliche Wagen beladen, während in Friedrichssegen nur 5/8 derselben beladen und 3/8 leer sind, so dass die Zahl der geleisteten Tonnenkilometer größer, und die Betriebskosten pro Einheit derselben in Wasseralfingen geringer sind, als in Friedrichssegen. Die vorstehenden Angaben werden durch die Betriebsresultate der Grubenbahn Friedrichssegen für das Jahr 1882, welche in nachstehender Zusammenstellung entalten sind, durchaus bestätigt. Betriebsresultate der Zahnradbahn Friedrichssegen für das Jahr 1882 ------------------------------------------------------------------------------------------------------- Transport bergauf Anzahl der Wagen. . . . . . . . . . . . . . . 19 329 Wagen (5 523 bel., 13 806 leer) Gewicht der Ladung. . . . . . . . . . . . . . 6 311 Tonnen Brutto-Gewicht (einschl. Maschine) 24 673 " Transport bergab Anzahl der Wagen. . . . . . . . . . . . . . . . 19329 Wagen, sämmtlich beladen Gewicht der Ladung. . . . . . . . . . . . . . .35 118 Tonnen Brutto-Gewicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .53 481 " Gesamtleistung pro Jahr Anzahl der Wagen. . . . . . . . . . . . . . . . . 38 658 Wag. (24 852 bel., 13 806 leer) Gewicht der Ladung. . . . . . . . . . . . . . . . 41 429 Tonnen Brutto-Gewicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .78 154 " 78 800 Tonnenkilometer der Ladung Leistung in Tonnenkilometer pro Jahr 157 000 " " des Brutto- gewichts ------------------------------------------------------------------------------------------------------- pro pro Tonnen- Tonnen- In Summa Tonne Kilometer Kilometer Ladung d.Ladung brutto M M M M ---------------------------------------------------- Reine Betriebskosten pro Jahr 11 322 0, 272 0, 144 0, 072 do. einschl. 4 pCt. Zinsen von dem nach Beschaffung der zweiten Maschine 17 900 M betragen- dem Anlagenkapitale. . . . . . . . . 18 482 0, 446 0, 235 0, 118 do. do. und einschl. 5 718 M für Erneuerung bezw. Amortisation 24 200 0, 584 0, 307 0, 154 do. do. do. und einschl. 4 620 M für Laden, Entladen und son- stige Arbeiten auf dem Lager- platz in Ahl, einschl. Gehalt des Magaziners daselbst. . . . . . . . . . 28 820 0, 696 0, 366 0, 184 8. Vergleichung der beschriebenen Bahnanlagen mit einigen schweben- den Drahtseilbahnen. Bei Erörterung der Frage, auf welche Weise die Transporteinrichtungen in Friedrichssegen verbessert werden könnten, wurde auch die Anlage einer schwebenden Drahtseilbahn in Erwägung gezogen. Die Direction der Grube trug jedoch Bedenken, die werthvollen Materialien (Blei-, Zink-, und Kupfererze) dem Transport über Berg und Thal mittelst einer Drahtseilbahn anzuvertrauen. Zudem galt es, eine Transporteinrichtung zu schaffen, welche den Anschluß an sämmtliche, im Thale zerstreut liegenden Aufbereitungen leicht gestattete und außerdem die Möglichkeit bot, jederzeit an beliebiger Stelle des Thales laden und entladen zu können. Dies konnte nur durch eine dem Laufe des Thales folgende Bahn mit festem Geleise und nicht durch eine schwebende Drahtseilbahn erreicht werden. Dieser wesentliche Vorzug der Bahnen mit festem Geleise gegenüber den schwebenden Drahtseilbahnen ist in vielen Fällen entscheidend für die Wahl des Transportsystems. Aber auch in Bezug auf die Betriebszuverlässigkeit muss den ersteren der Vorrang eingeräumt werden. Betriebsstörungen können unter normalen Ver- hältnissen bei diesen eigentlich nur durch Defecte an der Locomotive veran- lasst werden, und hiergegen kann man sich durch die Beschaffung einer Re- servemaschine vollkommen sichern. Bei den schwebenden Drahtseilbahnen dagegen sind gerade die Theile, welche die Transportbahn - das Geleise - bilden, vielfach die Ursache von Störungen, und Betriebsunterbrechungen sind dann unvermeidlich. Nach verschiedenen Mittheilungen über Drahtseil- bahnen können für dieselben jährlich nur etwa 250 Betriebstage gerechnet werden; außer den Sonn- und Feiertagen würde demnach der Betrieb der Bahn an 40 bis 50 Tagen wegen Reparatur unterbrochen sein. Nach anderen Mittheilungen, welche unterdess dem Verfasser zugegangen sind, arbeiten die neueren Drahtseilbahn-Anlagen viel regelmäßiger, und ist beispielsweise eine derselben innerhalb eines Jahres nur 9 Tage außer Betrieb gewesen. Diesen Nachtheilen gegenüber haben die Drahtseilbahnen den unbestrittenen Vorzug, dass sie mit Leichtigkeit über Berg und Thal geführt werden können; auch erfordern dieselben in den meisten Fällen weniger Anlagekapital. Be- streitbar ist aber der vielfach behauptete Vorzug der Drahtseibahnen, dass dieselben eine größere Leistungsfähigkeit und geringere Betriebskosten hätten, als Bahnen mit festem Geleise. Zur näheren Aufklärung hierüber sind nachfolgend die Betriebsresultate einiger Drahtseilbahnen zusammengestellt, um mit denen der Zahnradbahnen verglichen zu werden.   -------------------------------------------------------------------------------------------------------========================================================= Angaben einzelner Anlagen Leistung Bezeichnung der Daten über die Anlage Kapital pro Jahr Anlage __________________________________________________________ 1. Drahtseilbahn von der Grube Länge 750 m; Steigung 1 : 13 und 30 000 300 000 Ctr. Alte Dreisbach zum Bahnhof 1 : 9, Entfernung der Seilunterstüt- = 15 000 Tonnen Eiserfeld; dient dem Transport zungen 20 bis 30 m. Ladefähigkeit: von Eisenstein. der Wagen 4 1/2 Ctr. 2. Drahtseilbahn Grube Ansbach Länge 2 021 m, bestehend aus 76 000 in 1878/79 bei Linz am Rhein: dient zum 2 Theilen von 775 m und 1 246 m etwa Transport von Spateisenstein, Länge; Betriebsmaschine in der 169 200 Ctr. und von Kohlen und Koks in Mitte. Maximale Steigung 1:4; = 8 460 Tonnen umgekehrter Richtung größte Entfernung der Seilbahn- unterstützungen 170 m. Ladefähig- keit der Wagen 4 Ctr. 3. Fürstlich Braunfels`sche Draht- Länge 3 600 m. 71 455 Im Jahre 1880 seilbahn an der Lahn; dient zum einschl. 468 200 Ctr. Transport von Eisenstein von der Grund- = 23 410 Tonnen Grube zur Hütte. Entschä- digung ====================================================================================== Betriebskosten einschl. 4 pCt. Bezeichnung der Anlage Zinsen des Anlagekapitals pro Tonnen- B e m e r k u n g e n pro pro Tonne kilometer Jahr Ladung der Ladung M M M ________________________________________________________________________________________ 1. Drahseilbahn von der Grube 4 175 0, 278 0, 371 Bei der jetzigen Förderung leistet Alte Dreisbach zum Bahnhof die Bahn täglich 60 Tonnen gleich Eiserfeld; dient zum Transport 6 Doppelwaggon in 5 Stunden Be- von Eisenstein. triebszeit. Die Betriebsmaschine er- hält ihren Dampf von den Kesseln der Tiefbauanlagen der Grube. In den angegebenen Betriebskosten sind keine Beträge für Erneuerung enthalten. 2. Drahtseibahn der Grube Ansbach 7 185 0, 849 0, 410 Die Bahn kann bei vollem Betriebe mehr bei Linz am Rhein; dient zum leisten. Durch Zunahme der Kosten Transport von Spateisenstein und der Unterhaltung der Bahn stiegen die von Kohlen und Koks in umgekehr- Betriebskosten auschl. Zinsen von ter Richtung. 0,49 M pro Tonne im 1. Betriebsjahr auf 0,56 M pro Tonne im 2. Be- triebsjahr und auf 0, 60 M im 3. Be- triebsjahr. 3. Fürstlich Braunsfels`sche Draht- 8 423 0, 36 0, 10 Die durchschnittliche Leistung beträgt seilbahn an der Lahn; dient zum Betriebskosen einschl. 4 pCT.. bei 250 Betriebstagen für eine 10- Transport von Eisenstein von der Zinsen und 8 pCT. für Erneue- stündige Arbeitszeit täglich 100 Tonnen Grube zur Hütte rung bezw. Amortisation: Die Betriebsmaschine erhält Dampf von 14 139 0, 604 0, 164 der Hütte; die Anlage eines besonde- ren Kessel für die Drahtseilbahn würde pro Tonne 0, 06 M Mehrko- sten verursachen. ====================================================================================== Die Drahtseilbahnen unter 1. und 2. haben höhere Betriebskosten pro Ton- nenkilometer als die Zahnradbahnen. Nach den Angaben unter 3. kostet der Tonnenkilometer einschl. Zinsen und Erneuerung 0, 164 M bei einer jährli- chen Leistung von 23 410 Tonnen; die entsprechenden Kosten betragen in Wasseralfingen 0, 175 M bei einer Leistung von 47 624 Tonnen pro Jahr. Es stehen demnach die Zahnradbahnen, als Repräsentanten der Bahnen mit festem Geleise bei schwierigen Terrainverhältnissen, in Bezug auf die Höhe der Betriebskosten nicht so sehr hinter den anerkannt billig transporti- renten Drahtseibahnen zurück. 9. Schluss. Die vorstehenden Mittheilungen über Zahnradbahnen nach System Riggen- bach sind bei dem augenblicklichen Stande der Secundärbahnfrage vielleicht nicht ganz ohne Interesse. Hatt das System bis jetzt auch nur in beschänktem Maße Anwendung gefunden, so kann dasselbe doch durchaus für Bahnen mit extremen Steigungen empfohlen werden. Die Betriebssicherheit und Zuver- lässigkeit steht nach den bisherigen Erfahrungen außer Zweifel, und ist dieselbe bei Zahnranbahnen für alle Witterungsverhältnisse wohl sicherer gewährleistet, als bei Adhäsionsbahnen mit Steigungen über 1 : 25. Was die Leistungsfähigkeit der Zahnradbahnen anbetrifft, so kann beispiel- weise die auf 120 000 Tonnen angegebene jährliche Leistung der Bahn in Wasseralfingen beim Betrieb mit einer Maschine durch Verwendung von mehr Maschinen noch mehrfach gesteigert werden. Man kann entweder größere Züge unter Beobachtung bestimmter Vorsichtsregeln mit 2 und mehr Maschinen befördern, oder die einzelnen Züge in kurzen Rauminter- vallen, etwa in Entfernungen von 200 m bis 300 m hinter einander folgen las- sen. Wegen der fast absoluten Sicherheit, den Zug sozusagen momentan auf der Zahnradbahn zum Stillstand bringen zu können, würde eine derartige Einrichtung des Betriebes ohne Bedenken sein. Hier endet die Beschreibung des Erbauers der Grubenbahn Friedrichssegen. - - Besonders zu erwähnen ist noch folgendes: In der in der Berschreibung angeführen Tafel XII ist zu ersehen, daß 1880 die Neue Welt als Wohngebiet noch nicht enthalten ist. Jedoch ist oberhalb der heutigen Häuser Kaul/Barth/Steltner in Richtung Tagschacht zu sehen, daß dort 2 weitere Wohnblöcke etwa dort, wo heute die Wohnhäuser Kaiser stehen, eingezeichnet sind. Es kann daher angenommen werden, dass die Arbeiterwohnungen der heutigen Neuen Welt, einmal in Ahl erstellt werden sollten. Daß diese dann am Moritz-Stollen (Neue Welt) erstellt wurden, ist sicher- lich auf die bessere Wasserversorgung in diesem Gebiet zurückzuführen. Nach dem man festgestellt hatte, daß das Brauchwasser des Pochwerkes im Kölsch Loch aber auch das Lahnwasser sich nicht als Lokspeisewasser eignete, wurde im Jahre 1882 eine Lokspeisewasserstation - Das Wasser- häuschen - die auch gleichzeitig das Trinkwasser für die mittlerweile im Bau befindlichen Arbeiterwohnungen am "Moritz-Stollen" heutige "Neue Welt" lieferte, errichtet. Dazu wurde eine im Hang des Wiesentälchens liegende Quelle gefaßt. ( s. Fig. 1 bei Station 11 und 12). Dies ist auch die erste urkundliche Erwähnung der heutigen Neuen Welt. Die Wohnhäuser in Ahl hatten jeweils ihre eigenen Brunnen, die noch lange am heutigen Hause Sauerbei, am Bahnhof und bei den beiden Wohnblöcken zu sehen waren. Der Brunnen der Häuser Kaul/Barth/Steltner war 1923 noch in Betrieb. Die Familie Kaul z. B. mußte für die Reparatur der Wasserpumpe durch den Schlossermeister Villmer, Oberlahnstein, im Inflationsjahr 1923 dem Betrag von 12. 324.000.000.000,00 M (in Worten: zwölfbillionendreihundertvierund- zwanzigmilliarden) bezahlen, was ungefähr einem Goldmarkwert von 10, 27 entsprach. - - Die Grubenbahn wurde am 8. November 1880 mit großen Feierlichkeiten eingeweiht. An ihnen nahmen zahlreiche geladene Gäste aus Industrie und Verwaltung teil. Der damalige Lehrer Weber hat ein besonderes Büchlein über diese Feier verfaßt, in dem alle Aktivitäten zur Feier festgehalten sind.   Die Einweihung der Zahnradbahn der Grube Friedrichssegen im Volksmund "Cöln'sche Löcher" genannt.   Wenn man von Oberlahnstein aus auf dem linken Lahnufer hingeht, so gelangt man nach einer halben Stunde in ein Kesselförmiges Thal, in dem die Besitzer der Emser- und Friedrichssegener Bergwerke einen Häuser- complex geschaffen, welcher den Namen "AHL" führt. Von diesem Punkte, dem Lagerplatz des Friedrichssegener Bergbetriebs, zieht sich die neu erbaute Bahn einer, von bewaldeten Bergen umrahmten Thalschlucht nach, bis zum Kern des Bergwerkes und berührt in ihrem Laufe eine schöne Gruppe stattlicher Wohnhäuser, zwei nasse Aufberei- tungen und eine elektrisch-magnetische Aufbereitung der Erze. Die letzte Bahnstrecke geht über eine mächtige Halde und bald darnach hat die Bahn ihre Haltestelle am Hauptwerk erreicht. Letzteres bildet den Culmina- tionspunkt des Bergbetriebs. Er umfasst die Wohnungen der Direction, der obersten Beamten, die Büreaus, das Casino, das Consum, das Kran- kenhaus, das Laboratorium, die Plätze und Werkstätten der Handwerksmei- ster, die Magazine, noch drei Aufbereitungen, mehrere Stollen etc. Verlässt man diesen Hauptpunkt, so erblickt man nach einer kurzen Wegstrecke wie- derum eine grosse Halde, auf welcher sich ein neuer Maschienbau mit Förderbock, sowie der Hauptmaschinenschacht befindet. Hieran schliesen sich zwei Reihen stattlicher Häuser, zwischen sich eine breite Strasse, welche auf beiden Seiten mit zwei Reihen schöner Platanen eingerahmt erscheint. Diese schöne Anlage findet ihren würdigen Abschluss in dem, in der Fronte stehenden, grossen und schönen Schulhause, Die sämtlichen angeführten Werke, Gebäude cte. führen den Namen "Friedrichssegen". Friedrichssegen prangte am 8. November 1880 in einem herrlichen Festkleide. Der Festtag galt der Einweihung der Bahn der Grube Friedrichssegen, einer Bahn, welche in acht Monaten, trotz der grossen Schwierigkeiten, welche sich der Anlage derselben entgegenstellten, vollendet wurde. Die Bahn ist nämlich durch die stellenweise grosse Steigung als Zahnradbahn die erste im Königreich Preußen. Eine, ins Detail gehende Darstellung der Bahn hat der technische Berichterstatter, Herr Abteilungsbaumeister Sarazin aus Coblenz dem Publikum im "Curier" übermittelt. Ich beschränke mich deshalb auf die Schilderung des Festtages und auf die Vorbereitungen dazu. Tagelang vorher war man bemüht, unter Leitung eines Comite's, die Bahn selbst, die gewerkschaftlichen Gebäude, die Privatwohnungen, die Ein- und Ausgänge zu und aus den Werken zu schmücken. Kein Material, keine Geld- mittel, keine Zeit und Kraft wurden gespart; Künstler und Arbeiter strebten dem einen Ziele zu, alles so herrlich zu schmücken, als es nur in menschlicher Kunst und Kraft lag. Und als der Festtag gekommen, da war das Auschmückungswerk gelungen. Die Locomotive erschien wie eine geschmückte Braut, Triumphbogen von gewaltigen Dimensionen waren ge- schmückt mit Guirlanden, Kränzen, Wimpeln, Fahnen, Bildern, sinnigen dem Werke sich anpassenden Inschriften; - Schächte, Stollen, Betriebswerke etc. prangten in gleichem Festschmucke und alle Wohnungen waren mit Kränzen, Guirlanden und mit dem Abzeichen des Bergmannsstandes, sowie mit grossen schönen Fahnen geschmückt. Die herrlichen Auschmückungen hatten ihren Höhepunkt in dem schönen Beamten - Casino erreicht. Da hingen im Speisesaal die schönen grossen Abbilder des Landesherrn und seines Sohnes, des Kronprinzen, mit Guirlanden umschlungen, da erblickte man die Portäts von zwei verstorbenen Präsidenten des hiesigen Werkes, sinnig geschmückt, da waren entsprechende Sprüche auf grossen geschmückten Schildern zu lesen und der ganze Saal war ausserdem mit Bergmannsbildern, Schildern, Fahnen und Guirlanden so verziert, dass die verehrten Gäste ihre Bewunderung und Freude kund gaben. Schweifte der Blick aus dem schönen Raume in den anstossenden Saal, so blieb er bewundernd auf einer großen prachtvollen Pyramide, gebildet von den herrlichen Stufen der hiesigen Grube haften, und erfreute sich an sämmtlichen Bergmännischen Geräthen, womit die Wände decorirt waren. Die Besucher dieses Saales lasen über dem Ein-gange: Wo's Dampfross sich im Flug bewegt, Wo tageshell die Nächte, Und wo's am Schmiedeherd sich regt: Bewirkts der Schatz der Schächte. Die oben angedeuteten Inschriften im Hauptsaale lauteten: Es grüne die Tanne, es wachse das Erz; Gott gebe uns Allen eine fröhliches Herz! Von Geschicklichkeit und Kraft und Fleiss Geb ich heut den deutlichen Beweis. Treu und fest mit Herz und Hand Stehen wir zum Bergmannsstand. Gott lasse das Bergwerk in Segen bestah'n! Gott lasse das Bergwerk in Flor fortgah'n! Nach diesem kurzen Abriss der Ausschmückungen bitte ich meine verehrten Leser mich im Geiste an dem festlichen Tage zu begleiten und mir zu gestat- ten, an entsprechender Stelle noch auf einzelne geschmückte Punkte hinzudeuten. Um 10 Uhr morgens versammelten sich die uniformirten Bergleute am Casino. Die Kapelle des 68. Infanterie-Regiments zu Coblenz, welche unter der Leitung ihres ausgezeichneten Directors, Herrn Fl. Müller, eingetroffen war, stellte sich in der schönen Bergmannsuniform dem sich aufgestellten Zuge der Bergleute vor und fort gings zum Empfang der eingeladenen Gäste unter den berauschenden Klängen eines herrlichen Marsches, unter Fahnenschwenken und Böllerschiessen der Bahn entlang nach Ahl, dem Lagerplatz des hiesigen Werkes, dahin, wo die Bahn ihr Ende erreicht hat. An den Aufbereitungen und an den Wohnungen, sowie bei der Ankunft in Ahl wurde der Zug wiederholt durch Böllerschüsse begrüsst. In Ahl überraschte jeden Ankommenden der von Herrn Bautechniker Lentmann von hier so schön ausgeführte 8 Mtr hohe und 5 Mtr. breite Triumpfbogen mit vergoldeten Kuppeln und mit den Inschriften "Willkommen" und auf der Lahnseite "Glück Auf" auf der gegenüberstehenden Seite. Unter dessen hatten sich eine Menge Zuschauer aus Nah und Fern eingefunden. Leider fing der Himmel an, sein bisher so heiteres Angesicht zu verhüllen und ein leichter Regen versuchte es, die entfaltete Festfreude zu mässigen; doch die jetzt auf einander folgenden Ereignisse ließen die Besorgnisse des Nasswerdens nicht aufkommen. Die Bergleute und die Ka- pelle hatten sich vor dem Triumpfbogen, zu beiden Seiten der Schienen um 11 Uhr aufgestellt und eine halbe Stunde später erschienen mittelst Epuipagen die durch Herrn Director Heberle von hier in Niederlahnstein abgeholten und durch denselben, sowie Herrn Director Müller von Oberlahnstein belgeiteten Festgäste. Nachfolgend angeführte Herren trugen durch Ihre Gegenwart zur Erhöhung der Festlichkeit ungemein viel bei: 1. Herr Regierungspräsident v. Wurmb, Wiesbaden; 2. Herr Geheime Bergrath Fabricius, Bonn; 3. Herr Landrath Fonk, Rüdesheim; 4. Herr Geheime Postrath Handmann, Coblenz; 5. Herr Bergmeister Ulrich, Diez; 6. Herr Bergrath Dr. Diesterweg, Neuwied; 7. Herr Amtmann, Habel, Höchst; 8. Herr Amtmann Freitag, Braubach; 9. Herr Eisenbahnbaumeister Stuerz, Limburg; 10. Herr Abteilungsbaumeister Sarrazin, Coblenz; 11. Herr Oberförster Metz, Niederlahnstein; 12. Herr Bürgermeister Reusch, Oberlahnstein; 13. Herr Berginspector Wagner, Limburg; 14. Herr v. Braunmühl, Hüttenbesitzer, Bendorf; 15. Herr Director Flechet, Laurenburg; 16. Herr Director Ohl, Braubach; 17. Herr Director Werner, Limburg 18. Herr Director Roderburg, Riesa; 19. Herr Generaldirector Hubertz, Mechernich; 20. Herr Director Giesler, Limburg; 21. Herr Director Beel, Limburg; 22. Herr Dr. Leisler, Wiesbaden; 23. Herr Dr. Goldschmidt, Mainz; Ausserdem waren zu dem, für sie so bedeutsamen Feste die Vertreter der Actiengesellschaft: Herr Präsident Aubry, Herr G. Dellbrück und Herr L. Gauterau aus Paris erschienen. Bei dem Absteigen der verehrten Gäste donnerten Böllerschüsse durch das schöne Kesselthal und ein dreimaliger Tusch des Musikchores hiess die angekommenen, vereinigt mit dem frohen Knappengrusse: "Glück auf!" willkommen. Unmittelbar hieran reiheten sich die erhebenden Klänge der Nationalhymne. Da plötzlich tönte eine Glocke, man hört den pustenden Athem des Dampfrosses und die herrlich geschmückte Locomotive passirte den Zug, nachziehend eine Reihe Wagen, gefüllt mit den köstlichen Erzen, dem Segen der Grube Friedrichssegen. Es war ein ergreifender Moment für die angekommenen Herren, für den Mann, der das Werk zur Vollendung geführt, den Herrn Ingenieur Kuntze, für die Bergleute, für die Zuschauermen- ge. Nach dem der Bahnzug vorübergefahren, die Herren sich den Schienen entlang auf den Lagerplatz begaben, bewegte sich der Zug der Bergleute unter den Klängen eines Marsches und dem Donnern der Böller zurück. Der, oberhalb Ahl sich befindende, Locomotivschuppen trug in seiner Bekränzung die Inschrift: So sei's denn gewagt, Ich fahr unverzagt, so steil auch der Lauf mit frohem Glückauf! Die Locomotive führt nämlich die Devise: "Glück auf!" An der electrisch magnetischen Aufbereitung erfreut den Beschauer, der durch die Herren Steiger Ruckes und Gördes aufgestellte schöne, dreifache Triumphbogen mit der Aufschrift: Des Feuers wohltätige Kraft Das Scheiden der Erze auch schafft. Die Herren aber begaben sich nach Besichtigung des Lagerplatzes und der dort liegenden Zahnstangenstrecke theils zu Wagen, theils per Bahn nach der vorher angeführten elektrisch magnetischen Aufbereitung und besichtigten dieses wichtige Werk. Die Wagen fuhren inzwischen leer nach dem Mittelpunkt des Werkes. Die Bahnstrecke von der electr. Aufbereitung an wurde von den Herren zu Fuss zurückgelegt, und ging dies um so leichter, da der Regen aufgehört hatte, die Festfreude zu beeinträchtigen. Nach der Ankunft im Hauptwerk, besichtigten die Herren zwei Aufbereitungen, vor welchen ihnen der von den Handwerksmeistern in Baustyl aufgeführte prachtvolle Triumpfbogen mit vergoldeten Kuppeln eine Überraschung bot, und kamen alsdann um 1 Uhr an die Anfangsstelle der Bahn; hier wurden sie von den Bergknappen, welche geordnete Stellung angenommen hatten, unter den Klängen eines schönen Musikstückes und unter Böllerschüssen nochmals empfangen und bewegten sich durch den, von Herrn Obersteiger Itzenrott erbauten, geschmackvoll verzierten Triumpfbogen, der die Inschrift führte: Glück auf! Willkommen ! So rufen wir heut; Das Werk ist gelungen zu unserer Freud! Unmittelbar hinter den Herren bewerkstelligten, die Knappen, der Musikchor voran, einen Zug und maschirten in geschlossenen Reihen unter den Klängen eines Marsches an dem Hause des Herrn Directors vorbei nach dem Casino. Dieser Zug der Knappen in ihrer einheitlichen Tracht, sich nach dem Takte der Musik bewegend, machte auf jeden Zuschauer einen ergreifenden Eindruck. Am Casino lösten sich die Reihen der Knappen auf und eilten in ihr Heim, um den sich mittlerweile eingestellten Ansprüchen der Magen gerecht zu werden. Die Herren sahen sich die noch übrigen Aufbereitungen der Erze an und passirten den festlich geschmückten Felix-Stollen, der an seinem Eingange neben einem schönen Bergmannsbilde eine geschmückte Tafel mit der Inschrift trug: Hart der Stein und fest das Erz, Doch verzagt kein Bergmannsherz! - Darnach bewegten sich die Herren durch einen Haupttriumphbogen, der unter Anordnung des Herrn Ingenieurs Heberle wirklich brillant hergerichtet worden war und Nr. 1 und Nr. 3 der angeführten Inschriften im Casinosaale trug. Hierauf wurde der Heinrich-Stollen besichtigt. Derselbe war von Herrn Ober- steiger Immel reichlich geschmückt und trug die Inschrift: Tief unter jedem lebenden Geschlechte Beginnt des Bergmanns steile Bahn; Nur in dem Reiche ewig dunkler Nächte Bricht seines Glückes Morgen an. Beim Verlassen des Hauptwerkes mussten die geehrten Gäste wiederum unter einem, von Herrn Ingenieur Heberle bewerkstelligten Bogen hingehen, der sich dem Haupttriumphbogen würdig zur Seite stellen konnte und nebst der vorhergehenden Inschrift "Tief uns etc." noch die Inschrift trug: Von Bahn zu Bahn, Den Blick hinan! Den Blick hinauf Mit Froh Glück auf! Nunmehr wandten sich die verehrten Gäste dem Hauptmaschinenschacht und dem Hauptmaschinenbau mit Förderbock zu. Ehe sie dahin gelangen konnten, mussten sie durch die letzte Ehrenpforte gehen. Dieselbe war von dem Berichterstatter, Herrn Steiger Adami und Herrn Maschinenmeister Weckerle erbaut, geschmackvoll verziert und trug nebst einem Bergmannsbild und den Bergmannszeichen, Hammer und Schlägel, die bekränzte Inschrift: Geht auch zur Tiefe hin der Blick, Doch richtet er sich auch zurück Und auf den lichten Himmelshöh'n, Um reichen Segen zu erfleh'n. Nach eingehender Besichtigung der letzten wichtigen Werke begaben sich die Herren zum Schulgebäude, um Bet- und Lehrsaal anzusehen. Dort sprachen sie ihr Wohlgefallen über beide Räume aus und unterhielten sich in recht freundlicher Weise mit dem Lehrer, um sich über Kirchen- und Schulangele- genheiten zu informiern. Die Besichtigung der wichtigsten Punkte hatte ihren Abschluss gefunden und sämmtliche Gäste begaben sich nun in das Casino, um das für sie von Herrn Maurer, Besitzer des Hotels Lahneck zu Oberlahnstein, bereitgehaltene Mahl einzunehmen. Bei brilliantem Mahl und edlem Weine, gewürzt durch gediegene Vorträge der Kapelle wurden die üblichen Toaste ausgebracht. Der Präsident des Werkes, Herr Aubry aus Paris begrüsste die Gäste in herzlichen Worten und in französischer Sprache die Gesellschaft. Der Herr Regierungspräsident v. Wurmb, Wiesbaden, toastirte in französischer Sprache auf die musterhafte Verwaltung der so wichtigen reichen Werke, und wünschte denselben in warmen Worten ferneres Gedeihen. Der Herr Geheime Bergrath Fabricius, Vertreter des Oberbergamtes zu Bonn verbreitete sich über den Aufschwung, welcher die Grube Friedrichssegen seit 1866 genommen. Er betonte, dass dieser glänzende Aufschwung, geschaffen durch die zweckentsprechendsten Anlagen und musterhafte Verwaltung, das Verdienst der Direction sei und liess dieselbe hoch leben. Herr Amtmann Habel, Höchst, brachte einen Toast auf die Frau Gemahlin des Herrn Director Heberle aus und erwähnte in treffenden Worten, dass die ver- ehrte Frau Director an dem Wohle der Grube Friedrichssegen indirekt einen grossen Anteil habe, weil sie sich mit Liebe und Treue der Pflege ihres Gemahls, des Herrn Directors, gewidmet. Der Herr Geheime Postrath Handtmann, Coblenz, toastirte auf Herrn Ingenieur Kuntze, den Erbauer der Bahn. Er bemerkte, dass die neue Bahn die erste Zahnradbahn im Königreich Preussen sei, dass die Anlage und Ausführung dieser Bahn mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt, und dass es be- sonderes Verdienst für Herrn Ingenieur Kuntze sei, dies schwere Werk so glänzend ausgeführt zu haben. Herr Landrath Fonk, Rüdesheim, drückte in seiner längeren Ansprache seine Freude über das gute Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus. Er bemerkte, dass die gewaltigen Erfolge, wie man sie in Friedrichssegen wahrnimmt, in dem guten Einvernehmen zu suchen seien. Auf der einen Seite humane und gerechte Behandlung, die Sorge, nicht allein für das Wohl des einzelnen Bergmanns, auch seiner Familie; auf der anderen Seite Arbeitsfreu- digkeit und energische Durchführung der aufgegebenen Arbeit. Der Redner trank mit den Anwensenden auf dies gute Einvernehmen. Herr Director Heberle von hier, dankte in herzlichen Worten für die der Direc- tion so reichlich gezollte Anerkennung und stellte eine weitere Festlichkeit bei Vollendung der 1 000 Mtr. Tiefe des Hauptmaschinenschachtes in Aussicht und wünschte, dass es allen Anwesenden vergönnt sein möge, auch diesem Feste beizuwohnen. Herr Präsident Aubry toastirte auf den Herrn Ingenieur Gruner in Paris, der verhindert gewesen sei, der Einladung nachzukommen und gedachte der verstorbenen früheren Präsidenten Herrn Gauterau und Herrn Dellbrück. Herr Ingenieur Kuntze gedachte in ehrenden Worten der Verdienste des Herrn Directors Riggenbach von Olten (Schweiz). Herr Riggenbach, der Er- finder des Systems der Zahnradbahn hätte leider, durch Unwohlsein verhindert, der Einladung nicht nachkommen können. Sodann dankte Herr Ingenieur Kuntze der Versammlung für die ihm gezollte Anerkennung. Herr Baumeister Sarrazin, Coblenz, schlug vor, an Herrn Director Riggenbach ein Telegram abzusenden, was von der ganzen Versammlung mit Freuden begrüsst wurde. Noch mehrere Toaste folgten rasch aufeinander und ein dreimaliger Tusch und Böllerschüsse verkündeten jedesmal das Ausbringen eines Toastes. Herr Verwalter und Herr Heberle, die sich um den schönen Verlauf des Festes so verdient gemacht, trugen durch ihre liebenswürdige Freudlichkeit und Unterhaltungsgabe auch zu den erhöhten Freuden der Gesellschaft hier so viel bei. In heiterer Stimmung verliessen die verehrten Festgäste zwischen 5-6 Uhr Abends per Wagen den Ort, der ihnen festlich nachwinkte. Aber auch die Einwohner von Friedrichssegen wurden reichlich bedacht. Die Schulkinder hatten Morgens schon Wecke empfangen und freuten sich in ihren jugendlichen Herzen des willkommenen Festtages. Die Arbeiter, welche am Tage, während der stattgefundenen Besichtigung sich und die Werke in voller Thätigkeit erhielten, hatten schon um 3 Uhr Nachmit- tags Schicht und bekamen hinreichend Bier, welches sie sich bei Musik und Tanz munden liessen. Die Beamten fanden sich mit ihren Familien Abends im Casino zusammen. Die Familie des Herrn Directors und Verwalters Heberle, sowie die Familie des Herrn Amtmann Habel und des Herrn Ingenieurs Kuntze beehrten die Ver- sammlung mit ihrer Gegenwart. Die Kapelle concertirte, edler Wein löste die Zungen und ein gemüthlich heiteres Wesen verschönerte die Abendstunden. Mehrere sinnige Reden und Toaste wurden ausgebracht und denselben mit lauten Hochrufen zugestimmt. Und als endlich die Kapelle in beliebte Tanzweisen einfiel, da konnte die Ju- gend sich nicht enthalten; sie realisirte ihre Tanzlust. Aber auch die reiferen Herren und Damen machten der Jugend das Vorrecht streitig, und es entfal- tete sich das schöne Bild einer lebensfrohen Gesellschaft, welche sich jedoch auf Rücksicht auf den wiederkehrenden Ernst des folgenden Tages etwa um 2 Uhr Nachts auflöste. Dies alles war durch die Güte der Direction frei geboten. Wie sollte da nicht liebevolle Hingebung und dankbare Verehrung zum Ausdruck kommen gegen die Direction und insbesondere das Haupt derselben, den Herrn Director Heberle! Der verlebte Festtag wird allen Festgenossen unvergessen bleiben. Dem Werke, das ihn geschaffen, der Nachruf: Fahr wohl! Segenvoll Dein Lauf Glück auf!" Friedrichssegen, den 15. November 1880 F. Weber In dem später noch öfter zu erwähnenden Buch von Herrn Dr. Rainer Slotta, Deutsches Bergbau-Museum, Bochum, hat dieser zur Festschrift des Herrn Lehrer Weber ausgeführt: "In dieser Niederschrift des ereignisreichen Festtages manifestiert sich einmal die Struktur eines derartigen Bergmannsortes. Es wird deutlich, wie abhängig die Gemeinde und ihre Mitglieder von ihrem Arbeitgeber gewesen waren; es zeigt sich zugleich aber auch, daß Industriebetrieb und Gemeinde eine kulturelle Einheit bildeten, die untrennbar miteinander zusammenhingen und "auf Gedeih und Verderben" miteinander verbunden waren. Derartige Feste belegen in sehr eindrucksvoller und eindringlicher Weise, daß ästhetische oder literarische "Kunst" -Äußerungen wie Triumpfbogen und Spruchverse zur damaligen Zeit durchaus ernst genommen und als "schön" und "passend" empfunden worden sind. Auch nationale Töne sind zu vernehmen, und die deutlich hervortretende, unterwürfige Berichterstattung zeigt die in einem Bergmannsbetrieb damals herrschenden paramilitärischen Züge in aller Klarheit auf." -- Zur Vervollständigung der Berichterstattung über die Feierlichkeiten zur Eröffnung der Grubenbahn darf natürlich der Bericht des Lahnsteiner Anzeiger nicht fehlen. Dieser berichtete unter dem 10. November 1880: Am verflossenen Montag wurde die Bahntrecke von Friedrichssegen nach Ahl unter großen Festlichkeiten eröffnet. Viele auswärtige Gäste und Gönner der großen Sache hatten sich zu der Feier eingefunden. Eigens hierzu be- stellte Wagen brachten die Geladenen zur Grube. Ein Theil derselben stieg in Ahl ab und passirte die neue Bahnstrecke zu Fuß. Auf der Grube hatten die Bergleute Aufstellung genommen. An ihrer Spitze die 68r Militärkapelle aus Coblenz, ganz in Bergmannsgewänder gehüllt. Jeder Schacht hatte einen Triumpfbogen errichtet. Alle Häuser prangten im Fahnenschmuck; selbst die anstoßenden Felsen waren beflaggt. Die ganze Grube machte einen großartigen Eindruck. Sämmtliche Maschinen arbeiteten. Sofort nach der Ankunft begaben sich die geladenen Gäste unter Führung der Herren Directoren in die Werke, um von dem Betriebe in seiner ganzen Größe ein ziemlich genaues Bild zu gewinnen. Gegen 2 Uhr war die Besichtigung zu Ende und folgte nun ein gemeinschaftliches Diner in dem neu errichteten und auf das Herrlichste decorirten Casinolocale. Das Essen war brillant und gereichte sowohl den Gastgebern als auch Herrn Maurer aus "Hotel Lahneck", welcher die Tafel zu besorgen hatte, zur größten Ehre. Auch die kostbaren Weine verfehlten ihre Wirkung nicht. Ein Toast drängte den anderen. Sie alle zu erwähnen, gestattet der Raum nicht. Wir wollen nur den Toast des Herrn Regierungs-Präsidenten anführen. Derselbe wurde in französicher Sprache auf das fernere Gedeihen und stetige Wachsen der Grube ausgebracht. Erst nach eingetretener Dunkelheit begaben sich die Festtheilnehmer nach Oberlahnstein zurück. Auf der Grube selbst aber regte sichs noch lange. Die Werke waren nach 2 Uhr still gestellt. Die Arbeiter empfingen auf Rechnung der Gewerkschaft reichliche Erfrischungen. Auch sie durften sich des großen Erfolges freuen, den man errungen. Denn was war Friedrichssegen und was ist es jetzt. Ehedem eine kleine Zeche, jetzt ein großartiges Etablissement. Ein Dorf mit 1 500 Seelen, einem Arzte, eigener Apotheke, einem Spitale, eigenem Cassino, eigener Schule etc. Und fragen wir uns, wem verdankt das Werk seine jetzige Größe? Es ist Herr Dirctor Heberle. Ein Mann von seltener Art. Einfach und beschei- den, menschenfreundlich und bieder, Techniker durch und durch, praktisch in allen seinen Unternehmungen, ausdauernd und rastlos in seinem Streben, besorgt für seine Untergebene wie ein Vater. Ehre seinem grauen Haupte. Möge er noch recht lange die Früchte seines Schaffens und Wirkens genießen. _ _ Die Bahn beförderte bis 1896 nur Güter. Ab 1896 beförderte ein Personenwagen bei Bedarf die Beamten der Grube zu Berg und zu Tal. In den ersten Jahren des Betriebes wurden an die Grubenbahnbediensteten folgende Löhne und Gehälter pro Monat gezahlt: Lokführer = 123,50 Mark Bahnaufseher = 110,00 Mark Heizer = 83,60 Mark Bahnwärter = 60,00 Mark Bremser = 55,00 Mark. _ _ Im Jahre 1903 wurde von der Bergwerks-Aktiengesellschaft Frierichssegen bei der Stadt Oberlahnstein der Antrag zum Bau einer Eisenbahn-Brücke über die Straße nach Ahl, unmittelbar an dem Rundherdbau I, der späteren Neuen Kaserne gestellt. Diese im Jahre 1903 projektierte Brücke wurde nicht gebaut. 1905 wurde dann eine neue Konstruktion zur Genehmigung eingereicht, die dann auch gebaut wurde. _ _ Der Betrieb der Grubenbahn wurde zunächst nur mit einer Lokomotive, der "GLÜCK AUF", aufgenommen. 1882 wurde dann die 2. Lokomotive, die "FRIEDRICHSSEGEN", von der Maschinenfabrik KRAUS in München gebaut und geliefert. Am 8. Februar 1882 wurde diese Lokomotive durch den Transportunternehmer Ledosquet nach Friedrichssegen tranportiert. Dazu lesen wir im Lahnsteiner Anzeiger folgenden Bericht: Oberlahnstein 8. Februar Am Samstag Vormittag wurde die zweite Locomotive die "FRIEDRICHSSEGEN" für das Blei und Silberbergwerk "Friedrichssegen" bestimmt, auf einem Rollwagen des Herrn Güterbestatters Ledosquet von Coblenz mit sechs Zugpferden der schwersten Race bespannt, vom hiesigen Güterbahnhof durch die Adolfstraße nach Ahl geschafft und zwar unter Begleitung des Herrn Directors Heberle. Der Coloß (230 Zentner) langte bereits um 2 Uhr an seinem Bestimmungs- ort, Bahn- Übergang beim Ahler Weg an, und wurde sofort auf das Geleise der Zahnradbahn genannter Gewerkschaft gebracht. Herr Ledosquet erhielt für den Transport M. 110,- und die Fuhrleute angemessene Trinkgelder. Die kalte, trockene Witterung war dem Transporte, besonders auf dem Wege der Lahn entlang, besonders günstig. Über das Schicksal der Grubenlokomotiven "GLÜCK AUF" und "FRIEDRICHSSEGEN" ist nicht viel bekannt. Die Lokomotive "FRIEDRICHSSEGEN" erhielt im Jahre 1899 bei der Lieferfirma Kraus in München eine Hauptuntersuchung, aus der sie einheitlich grau gestrichen wieder nach der Grube Friedrichssegen zurückkehrte. _ _   Neben dem Elektrizitätswerk an der Lahn war die Grubenbahn und ihre beiden Lokomotiven bis zu letzt im Dienste der Grube eingesetzt. Sie brachten all das, was noch aus der Grube heraus geholt worden war zum Bahnhof Friedrichssegen, von wo es dann nach der Grube Werlau bei St. Goar am Rhein zum weiteren Gebrauch versandt, oder auf Schrotthalden gebracht wurde. Über die Grubenbahn schreibt das Lahnsteiner Tageblatt unter anderem letztmals am 14. April 1913: .......... Die noch betriebsfähige Grubeneisenbahn befördert die Abbruchteile nach der Eisenbahnstation. ........... Damit endet die nachweisbare Geschichte der Grubeneisenbahn. - - - - Das für das Werk nötige Gas wird aus Paraffinölrückständen in einer eigenen Gasfabrik (gelegen bei der Knoppswiese unterhalb der Försterdell) seit 1875 hergestellt. Dafür waren 2 Retorten vorhanden. Der Gasometer faßte 100 m3 (s. Anhang 2, Nr. 13, Seite 349). Die Hauptleitung hatte eine Länge von 1 904 Meter. Kosten pro Stunden und Flamme = 0,011 Mark. Die Gewerkschaft der Grube Friedrichssegen hatte seit 1882 eine eigene Wasserversorgung und eine Feuerwehr von 30 Mann war vorhanden. 43 Hydranten, welche mit dem Hochwasserreservoir verbunden waren, standen der Werkfeuerwehr zu Verfügung. 1882 erwarb die Bergwerks-AG Friedrichssegen die Grube "Schöne Aussicht" bei Dernbach im Westerwald gelegen. Diese Grube "Schöne Aussicht" wird von Obersteiger Adami, der von 1882 bis 1892 Betriebsführer dieser Grube war, letztmals mit dem Jahr 1892 erwähnt. In dem Liegenschaftsregister der Bergwerks-Aktiengesellschaft Friedrichssegen, welches bei Versteigerungsterminen des königlichen Amtsgericht in Niederlahnstein während des Konkursverfahren verwendet wurde, ist die Grube "Schöne Aussicht" nicht aufgeführt. Diese Grube, wie auch das Tonwerk Friedrichssegen haben in der Zeit um die Jahrhundertwende den Besitzer gewechselt. (Die Grube "Schöne Aussicht" ging um 1900 in den Besitz des Berliner Bankhauses Zielenziger über und das Tonwerk wurde in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und dabei aus dem Besitz der Berg- werks A.G. herausgenommen *HGC*.) - - - - Die Grubengesellschaft baut den Bahnhof Friedrichssegen Jetzt lassen wir die Zeitungen erzählen, wie die Grube Friedrichssegen zu ihrem Bahnhof kam. Oberlahnstein, den 7. August 1881 Vor einiger Zeit wurde die Direction der Grube Friedrichssegen, durch deren rastloses Schaffen das so rasch emporblühende Werk noch fortwährend grö- ßere Dimensionen annimmt, wegen einer Haltestelle für Friedrichssegen bei Ahl, dem Mittelpunkt zwischen Oberlahnstein und Ems an der Lahnbahn, bei den betreffenden Behörden vorstellig, und soll, wie man vernimmt, bei der Dringlichkeit der Sache diesem Wunsche demnächst entsprochen werden. (L.A)   Oberlahnstein, den 26. August 1883 Die Direction der Grube Friedrichssegen hat sich um die Anlage einer Haltestelle bei der an der Lahneisenbahn zwischen hier und Ems gelege-genen Ahler Hütte bemüht und die betreffenden Zusagen erhalten. Das zur Anlage nöthige Land hat die Grube Friedrichssegen und wird auch die Kosten für den Bau des Stationshauses übernehmen, so daß nach dieser Richtung der königl. Eisenbahndirektion keine Auslagen erwachsen. Wie es heißt, sollen noch in diesem Herbste die Bauten in Angriff genommen werden. Die Errichtung der neuen Haltestelle, an der täglich drei lahnauf- und lahnabgehende Züge halten sollen, ist nicht nur für die Bewohner von Friedrichssegen von Bedeutung, sondern auch für die Orte zwischen hier und Ems. (C-Ztg.) Dem Gesuch der Grubendirektion um eine Haltestelle auf Ahl wurde folgende Statistik hinzugefügt, die beim Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden unter Abt. 416, Nr. 55 vorhanden ist: Die Gesamtbevölkerung der Grube Friedrichssegen beträgt am 1. Mai 1882 1 228 Seelen. Hiervon sind 902 als Arbeiter hier beschäftigt. Von letzteren wohnen hier unständig und kommen Montags und gehen Samstags nach Hause 623. Von diesen können 446 die Bahn lahnaufwärts und 177 lahnabwärts benutzen. Die ankommenden Güter betrugen pro 1881 an Kohlen und Kalksteinen 6 484 Tonnen Stückgut 4 472 Colli 381 Tonnen Sa: 6 865 Tonnen. Die verkauften Erze betrugen pro 1881 an Blei 3 766 Tonnen an Kupfer 515 Tonnen an Zink 3 375 Tonnen an Eisen 5 576 Tonnen Abgehende Stückgüter betrugen 1 134 Colli 25 Tonnen Sa: 13 257 Tonnen. Die Erze wurden wie folgt verkauft: Bleierze nach Braubach, S.B. Goldschmidt Kupfer nach Hamburg, Norddeutsche Affinerie und Burbach/Siegen, an Schreiber Zink Stollberg in Westf. Gesellschaft für Bergbau und Hüttenbetriebe Huy, Belgien Societé Astro Belge Eschweiler, Rhein-Nassau Eisen Oberhausen a. d. Ruhr, Gute Hoffnungshütte. In der Eingabe an das Ministerium wurde vergessen, die von der Casinogesellschaft bezogenen und abgessandten Stückgüter pro 1881 mit 1 580 Colli (70 Tonnen Bier, Wein und ??) einzutragen, welche auch im obigen nicht enthalten sind. Grube Friedrichssegen 2. Mai 1882   Oberlahnstein, den 17. Oktober 1883 Nächste Woche wird der Bau des Stationshauses der neuen Eisenbahn-Haltestelle bei Ahl in Angriff genommen und wird dieselbe den Namen "Station Friedrichssegen" tragen. Die Kosten des Baues sind zu 42 000 Mark veranschlagt.   Oberlahnstein, den 7. November 1883 Gestern Nachmittag wurden die Arbeiten zum Baue des neuen Stationshauses der Haltestelle Friedrichssegen bei Ahler Hütte von Herrn Baunternehmer Weber mit 20 Arbeitern in Angriff genommen. (L.A.)   Von der unteren Lahn, 11. Februar 1884 An der im Bau begriffenen Haltestelle Friedrichssegen bei Ahl wird eifrig gearbeitet und soll der Hochbau bereits Mitte Mai fertig gestellt werden müssen (L.B.)   Oberlahnstein, den 7. Mai 1884 Mit dem Beginn des neuen Sommerfahrplanes am 20. Mai c. wird die neu errichtete Bahnstation Ahl dem Verkehr übergeben. Von seiten der Umwohner sollen für diesen Tag größere Festlichkeiten in Aussicht genommen sein. (L.A.)   Oberlahnstein, den 15. Mai 1884 Nächsten Sonntag wird zur Feier der demnächstigen Eröffnung der Station Friedrichssegen bei Ahl Herr Friedr. Seel zu Ahlerhütte ein Maifest abhal- ten, worauf wir unsere Leser aufmerksam machen und im übrigen auf die Annonce im heutigen Blatte hinweisen. (L.A.)   M a i f e s t zu A h l S o n n t a g den 18, M a i : wohlbesetzte Tanz - Musik in dem neu erbauten Zelte Für reingehaltene Weine, kalte und warme Speisen haben bestens gesorgt und lade zu recht zahlreichem Besuche höflichst ein. ______________ Bei Gelegenheit der am 20. Mai zu eröffnenten Eisenbahnstation Friedrichssegen (Ahl) halte ich meine Gartenwirtschaft bestens empfohlen. (L.A.)   Oberlahnstein, den 19. Mai 1884 Die polizeiliche Abnahme der neuen Haltestelle Friedrichssegen (Ahl) der Lahnbahn fand heute Vormittag statt 11 Uhr statt. (L.A.)   Oberlahnstein, den 11. August 1884 Die vor kurzem eröffnete Station Friedrichssegen, sowie die Stationen der rechtsrheinischen Linie Limburg - Goldhausen - Siershahn - Altenkirchen sind seit dem 1. d. Mts. in den directen Verkehr mit der Bayrischen Staatsbahn aufgenommen worden.   Ems, den 7. April 1885 Ein eigenthümlicher Zufall fügte es am gestrigen Abende um halb 8, daß an der selben Stelle, wo zu gleicher Stunde im Sommer des verflossenen Jahres sich ein ähnlicher Bahnunfall ereignete, die Maschine des lahnabwärts- fahrenden Personenzuges an der Curve unterhalb Station Friedrichssegen mit ihren vorderen Rädern entgleiste, während die übrigen Räder auf den Schienen blieben. Durch die entgleisten Räder wurden weit über hundert eiserne Querstangen, zerschnitten und dem Schienenkörper übel mitgespielt, ohne daß indessen zum Glücke der Zug mit seinen Insassen irgendwie in Mitleidenschaft kam. Da die Maschine von derselben Konstruktion wie diejenige ist, welche im vorigen Jahre in derselben Weise entgleiste, so dürfte in ihrer Beschaffenheit die Ursache es Unfalls zu suchen sein. (Rh. K.)   Ems, den 11. Juni 1885 Der mittags um 12 Uhr hier fällige Personenzug traf heute mit beinahe 2stündiger Verspätung hier ein. Unterhalb der Station Friedrichssegen, an der sogenannten Ahler Kurve, welche in den letzten Jahren schon zwei Personenzügen in gleicher Weise gefährlich wurde entgleisten bei genanntem Zuge abermals die Vorderräder der Maschine und zerstörte die Schienen verbindenden Stangen auf eine große Strecke, bis es gelang, den Zug zum Stehen zu bringen. Die Insassen des Zuges hatten, außer der durch den Unfall erzeugten Angst, keine weiteren üblen Folgen zu beklagen. Dieser neue, dritte Unfall beweist, daß auch durch die im verflossenen Jahre erfolgte Vergrößerung der Kurve der Fehler, welchen man bei dem Bau der Bahn beging, nicht wieder gut gemacht werden konnte. (Rh. K.)   Friedrichssegen, den 18. August 1885 Unsere Eisenbahnstation erfreut sich lebhaften Güter- und auch Personen- verkehrs.   Bekanntmachung Oberlahnstein Die Staatseisenbahnverwaltung beabsichtigt den Wegeübergang in Schienen- höhe bei Km 94, 131 (beim Bahnhof Friedrichssegen) zu beseitigen und durch Herstellung einer Wegeverbindung von der Hüttengrabenbrücke nach der bestehenden Wegüberführung in Km 94, 1 zu ersetzen. Der Lage- und Höhenplan für dieses Projekt wird hiermit vom 5. d. Mts. ab 8 Tage lang, also bis zum 13. ds. Mts. auf hiesigem Rathause offengelegt. Während dieser Offenlagefrist kann jeder Beteiligte im Umfang seines Inte- resses Einwendungen gegen den Plan erheben. Diese Einwendungen sind bei uns entweder schriftlich einzureichen oder mündlich zu Protokoll zu geben. Oberlahnstein, den 2. November 1905 Der Magistrat: S c h ü t z (L.Tgbl.)   Oberlahnstein, den 3, November 1905 Kassierung eines Bahnübergangs. Wie aus der in heutigen Nummer enthaltenen Bekanntmachung des Magistrats hervorgeht, beabsichtigt die Staatseisenbahnverwaltung die Einbeziehung des Bahnüberganges bei Klmtr. 94, 131 am Bahnhof Friedrichssegen. Ersatz hierfür soll durch Herstellung einer Wegeverbindung von der Hüttengrabenbrücke nach der bestehenden Wegeüberführung bei Klmtr. 94, 1 geschaffen werden. Die einschlägigen Pläne sind zur Einsichtnahme der Interessenten und Geltendmachung vom 5. bis 13. ds. Mts. auf dem hiesigen Rathaus offengelegt. (L.Tgbl.) Am 18. März 1912 wird mitgeteilt, daß die Um- und Gleisbauten auf hiesiger Station gute Fortschritte machen. Gegenwärtig wird das Anschlußgleis nach dem Tonwerk, wegen der Gleis- bauten, auch verlegt. Oberlahnstein, den 10. Juli 1913 Eisenbahnwohnhaus Das kgl. Eisenbahn-Betriebsamt Limburg läßt zwischen Station Friedrichssegen und Miellen ein Einfamilienhaus im Betrag von 6 000 Mark erbauen. Die Zeichnungen liegen beim Betriebsamt Limburg zur Einsichtnahme aus. Die Angebote werden am 19. Juli 1913, vormittags, um 11 Uhr geöffnet. Friedrichssegen, den 1. August 1912 Die hiesige Eisenbahnstation hat im Rechnungsjahr 1910/1911 30 917 Fahrkarten verkauft, 500 Tonnen Stückgut einschl, Eil- und Expreßgut, 6 830 Tonnen Wagenladungen, 90 Tonnen Dienstgut, 30 Stück Großvieh und 32 Stück Kleinvieh empfangen. Versandt wurden 116 Tonnen Stückgut einschl. Eil- und Expreßgut, 18 275 Tonnen Wagenladungen, 2 286 Tonnen Dienstgut, 10 Stück Großvieh und 8 Stück Kleinvieh. An abgefertigten Frachtbriefen kamen an 4 421 und 2 787 gingen aus. Friedrichssegen, den 6. November 1912 Auf hiesiger Eisenbahnstation werden größere Umbauten vorgenommen. Es wird ein weiteres Überholungsgleis gebaut. Zu diesem Zwecke müssen große Erdarbeiten ausgeführt werden, die der näheren Umgebung schönen Winterverdienst bringen. Auch erhält das Stationsgebäude eine Verschiebung und Vergrößerung. Die Arbeiten sollen bis zum Frühjahr beendet sein. Zu berichten ist noch, daß am 20. Mai 1884 in Friedrichssegen die lang er- sehnte Postagentur und am 18. August 1885 eine Telegraphenstation er- richtet wurden. Dazu stand im Lahnsteiner Anzeiger folgende Notiz: Friedrichssegen, den 18. Aug. 1885 Auch uns ist es jetzt vergönnt, mit dem Blitze zu schreiben, da seit einigen Tagen mit der hiesigen Postagentur eine Telegraphenstation verbunden worden ist. Daß sich dieselbe gut rentieren wird, darf jetzt schon mit Sicherheit angenommen werden. - - - -     Zum 1. Januar 1885 erließ das Silber- und Bleibergwerk Friedrichssegen die nachfolgende Arbeiter-Ordnung: Arbeiter - Ordnung für die Arbeiter der anonymen Actiengesellschaft des Silber- und Bleibergwerks Friedrichssegen bei Oberlahnstein § 1 Die Annahme und Entlassung der Arbeiter, ihre Überweisung in die einzelnen Arbeiten, die Festsetzung ihres Schichtlohnes, die Schließung und Abnahme der Gedinge erfolgt durch die Direction oder durch die von derselben hiermit beauftragten Beamten, deren Namen durch Anschlag bekannt gemacht werden. § 2 Bei der Anmeldung zur Arbeit hat jeder Arbeiter die zur Aufnahme in die Werkskrankenkasse erforderlichen Atteste (Geburtsschein, Gesundheits- attest eines Knappschaftsarztes und evtuell Führungsattest) vorzulegen. War derselbe bereits früher auf einem anderen Bergwerk beschäftigt, so hat er das von der Ortspolizeibehörde kosten- und stempelfrei beglaubigte Zeugniß des letzten Arbeitgebers über Art und Dauer der Beschäftigung, beziehungsweise das im Falle der Verweigerung dieses Zeugnisses durch die Ortspolizeibehörde ausgestellte Zeugniß vorzulegen; desgleichen ist, wenn zwischen dem Datum des erbrachten Zeugnisses aus der letzten bergmännischen Arbeit und dem Tage der Anmeldung ein Zwischenraum von über einem Monat liegt, eine Bescheinigung der Ortspolizeibehörde über die zwischenzeitlich stattgehabte Beschäftigung zu erbringen. Arbeiter unter 16 Jahren haben bei der Anmeldung zur Arbeit ebenfalls ein Gesundheitsattest und daneben bei einem alter unter 14 Jahren ihre Arbeitskarte sonst aber ihr Arbeitsbuch vorzulegen. § 3 Die Arbeiter sind verpflichtet, sich mit den geltenden oberbergamtli- chen Polizei-Verordnungen, welche auf jeder Grube ausgehängt werden, be- kannt zu machen und dieselben gewissenhaft zu befolgen. § 4 Das Arbeitsverhältnis wird mit Ausnahme der in §§ 5 und 8 vorgsehe- nen Fälle nur am 15., beziehungsweise wenn der 15. auf einen Sonn- oder Feiertag fällt, an dem darauffolgenden Tage durch eine nach Schichtschluß bei dem, beziehungsweise durch den zuständigen Betriebsvorsteher zu erklärende 14tägige Kündigung aufgelöst, im Falle ein auf längere Zeit übernommenes Gedinge den betreffenden nicht bindet. Der abgehende Arbeiter erhält seinen verdienten Lohn nicht eher ausgezahlt, bis auch die letzten 14 Schichten regelmäßig, eventuell nachträglich verfahren sind. Im Falle einer nicht selbst verschuldeten Unterbrechung wird von Er- füllung dieser Vorschriften unter der Bedingung abgesehen, daß zuvor Urlaub erwirkt, beziehungsweise der Grund der Unterbrechung spätestens 2 Tage zur Kenntniß gebracht und als zureichend erachtet worden ist. § 5 Vor Ablauf der vertragsmäßigen Arbeitszeit und ohne vorhergegan- gene Kündigung können Arbeiter entlassen und daneben auch eventuell gerichtlich belangt werden: 1. wenn sie sich eines Diebstahls, einer Veruntreuung, eines liederlichen Lebenswandels, groben Ungehorsams oder beharrlicher Widersetzlich- keit schuldig machen; 2. wenn sie eine sicherheitspolizeiliche Strafvorschrift bei der Arbeit über- treten; 3. wenn sie sich Tätlichkeiten oder Schmähungen gegen den Werksbe- sitzer, die Werksbeamten oder deren Vertreter erlauben; 4. wenn sie zur Fortsetzung der Arbeit unfähig geworden, oder mit einer ekelhaften Krankheit behaftet sind; 5. wenn sie wissentlich Erze verstürzen oder Erze aus der Grube bezw: Aufbereitung mitnehmen; 6. wenn sie wiederholt gegen die Vorschriften in § 23, sowie wenn sie gegen die Vorschrift im Schlußsatze des § 22 verstoßen; 7. wenn sie von der ihnen aus eigener Wahrnehmung oder durch Hörensa- gen bekannt gewordenen Zuwiederhandlungen gegen vorstehende Pos. 5 und 6 dem zuständigen Betriebsvorsteher nicht sogleich Anzeige ma- chen; 8. wenn sie sich, um Krankengeld zu erschwindeln, krank melden, ohne wirklich krank zu sein. § 6 Vor Ablauf der vertragsmäßigen Arbeitszeit und ohne vorhergegan- gene Kündigung können Arbeiter die Arbeit verlassen: 1. wenn sie zur Fortsetzung der Arbeit unfähig werden; 2. wenn der Bergwerksbesitzer oder dessen Stellvertreter sich thätlich an ihnen vergreift; 3. wenn ihnen der versprochene Lohn oder die sonstigen Gegenleistungen ohne genügende Veranlassung vorenthalten werden. § 7 Jeder aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidende Arbeiter erhält ein Zeugniß über die Art und Dauer seiner Beschäftigung und auf Verlangen auch über seine Führung. § 8 Sollte der Betrieb durch außergewöhnliche Ereignisse ganz oder theil- weise unterbrochen werden, so haben die Arbeiter keine Ansprüche auf Lohn für die verfeierten Schichten; jedoch soll in einem solchen Falle den Arbeitern auf Verlangen sofort die Abkehr ertheilt werden. § 9 Jeder Arbeiter ist verpflichtet, den Anordnungen der Werksbeamten unweigerlich Folge zu leisten und denselben jederzeit mit der schuldigen Achtung zu begegnen, überhaupt sich so zu verhalten, wie es seinem Stande und Berufe zur Ehre gereicht. Jedes dienstliche Anliegen hat der Arbeiter seinem nächsten vorge- setzten und wenn bei dessen Bescheide sich nicht beruhigen will, seinem nächst höheren Vorgestzten resp. der Direction in ruhiger Weise vorzutragen. § 10 Einschließlich der An- ud Abfahrzeit währt die Frühschicht von Uhr vormittags bis Uhr nachmittags, die Mittagsschicht von Uhr abends bis Uhr morgens. Die Tagschicht sowie die Nachtschicht von 6 bis 6 Uhr. § 11 Sämmtliche Arbeiter über 16 Jahre haben wöchentlich regelmäßig 6 der ihnen angewiesenen Schichten zu verfahren; die Beschäftigung der Ar- beiter unter 16 Jahren ist den bezüglichen Bestimmungen der Gewerbeord- nung unterworfen. § 12 Sämtliche Arbeiter haben jederzeit die Arbeit zuverrichten, welche ihnen von den Grubenbeamten angewiesen wird. § 13 Bei außergewöhnlichen Ereignissen, wenn nach Ansicht des verant- wortlichen Betriebsführers Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Ar- beiter, für die Sicherheit der Grubenbaue oder für die Oberfläche vorliegt, ist jeder Arbeiter verpflichtet, auch über die gewöhnliche Schichtzeit und selbst mit Einschränkung der sonst nur für Schachtarbeit und dringende Arbeiten in der Werksverdingung von 7 Uhr vormittags bis 10 Uhr nachmittags für Sonn- und Feiertage vorgesehene Feier gegen Vergütung des durch Aushang öf- fentlich gemachten Normal-Schichtlohnes zu arbeiten und die ihm von dem Grubenbeamten zur Beseitigung der Gefahr ausnahmsweise übertragenen Arbeiten zu verrichten. Zuwiederhandlungen gegen diese Bestimmungen haben die Auflö- sung des betreffenden Gedinges und anderweitige Versteigerung oder Über- gabe zur Folge, wobei die Werksbesitzerin berechtigt ist, etwaige Mehrausgaben durch Abzug an dem Verdienste der letzten Gedingeträger zu decken. § 14 Sowohl beim An- als Abfahren findet ein Verlesen der Arbeiter statt, wozu sich ein Jeder pünktlich einzufinden hat. Wer zum ersten Verlesen ver- spätet erschienen, darf ohne ausdrückliche Erlaubniß des betreffenden Beamten (§ 1) nicht anfahren. § 15 Die Arbeiter müssen nach dem Verlesen sofort auf ihre Arbeit fahren und dürfen dieselbe vor Beendigung der Schicht nicht wieder verlassen. § 16 Ein Feiern ohne ausdrückliche Einwilligung der in § 1 bezeichneten Beamten wird nicht nachgegeben. § 17 Es steht der Direction frei, die Arbeiten auf einen oder mehrere Mo- nate zu versteigern oder aus der Hand zu vergeben. Der festgestellte Gedingesatz ist für die Dauer des Gedinges unab- änderlich. Bleibt der Arbeiter ohne Erlaubniß oder genügende Entschuldigung ununterbrochen 6 Schichten aus der Arbeit, so verliert er dieselbe und sein bereits verdienter Lohn fällt der Werkskrankenkasse anheim. § 18 Wer keine Arbeit steigert, muß die ihm angewiesene Arbeit einen Monat lang zu dem festgesetzten Gedingepreise übernehmen. § 19 Jeder Arbeiter ist verpflichtet die ihm überwiesene Arbeit mit Sorg- falt und nach bergmännischen Regeln auszuführen; desgleichen sind erforderlichen Falls auch Nebenarbeiten auf Anordnung der im § 1 benannten Beamten zu dem Normalschichtlohne auszuführen. § 20 Die Arbeiter sind für die ihnen anvertrauten Geräthe, Materialien, Gezähstücke, Utensilien und Möbel verantwortlich. In Falle des Verlustes oder der verschuldeten Beschädigung hat der Schuldige und wenn dieser nicht zu ermitteln, die ganze Kameradschaft den Schaden nach Schätzung der in § 1 benannten Beamten durch entsprechen- den Lohnabzug der Werkskasse zu ersetzen. § 21 Die Arbeiter, welche in Schlafhäusern oder Familiengebäuden der Werksbesitzerin Unterkommen finden, haben sicht stricte der an Stelle eines Mietvertrages festgesetzten Hausordnung zu unterwerfen. § 22 Die zum Zwecke der sicheren und gefahrlosen Aufbewahrung von Sprengmaterialien bestehenden Magazine enthalten die Vorräthe für den zeitweisen Bedarf einer jeden Kameradschaft in verschlossenen Zinkbüchsen und Schränken. Die Sprengmaterialien dürfen nur in diesen verschlossenen Zink- büchsen mit auf die Arbeit genommen und müssen letzter sammt dem nicht verbrauchten Inhalte nach beendeter Schicht der mit der Ausgabe beauftrag- ten Person zurückgegeben werden. § 23 Kein Arbeiter darf betrunken zum Verlesen kommen, Brantwein oder sonstige geistige Getränke mitführen, verbergen oder genießen. § 24 Jeder Arbeiter darf nur das ihm zugewiesene Holz verwenden und muß, wo es geboten erscheint, sofort verbauen; sollte letzteres wegen Holz- magels, oder sollte eine sonstige gebotene Sicherheitsmaßregel nicht sofort ausführbar sein, so ist die Arbeit sogleich einzustellen und dem betreffenden Betriebsbeamten Meldung zu machen. § 25 Die Verrichtung der Notdurft darf nur in die an den betreffenden Orten aufgestellten Tonnen erfolgen. § 26 In Milderungsfällen tritt bei einem Verstoße gegen § 5 Pos. 1, 2, 3, 5 und 7 eine Geldstrafe von 1 bis 10 Mk ein. Übertretungen der Vorschriften in den §§ 9, 23, 24 u. 25 werden mit einer Geldbuße von 1 - 3 Mk., desgleichen die Übertretungen der Vorschriften in den §§ 14 u. 15 mit einer Geldbuße in der Höhe von 1/4 des Normalschichtlohnes und endlich die Übertretungen des § 16 für jedes unterbrochene Feiern unter 6 Schichten das erstemal für jede fehlende Schicht, mit einer Geldbuße in der Höhe von 1/3 und im Rückfalle in der Höhe der Hälfte des Normalschichtlohnes bestraft. § 27 Sämmtliche Strafen werden am Lohne abgezogen und fließen der Werkskrankenkasse zu. § 28 Die Berechnung der geleisteten Arbeit findet am Schlusse jeden Mo- nats statt; Die Auslohnung erfolgt frühestens am 15ten des darauffolgenden Monats sofern derselbe ein Samstag ist, sonst an dem auf den 15ten folgenden 1. Samstag. Ein jeder Arbeiter ist, Krankheitsfälle ausgenommen, gehalten, sei- nen Lohn zu der festgesetzten Zeit selbst in Empfang zu nehmen. § 29 Reclamationen gegen die richtige Auszahlung des Lohnes müssen sofort bei dem auszahlenden Beamten, Reclamationen gegen die richtige Be- rechnung des Lohnes aber an dem auf den Lohntag folgenden Montag bzw Dienstag bei dem zuständigen Betriebsvorsteher, welch letzterem die Regulierung der Angelegenheit bei dem Schichtmeister obliegt, angemeldet werden. Die Nichtinnehaltung der vorbezeichneten Reclamationsfristen hat den Verlust jedes etwaigen Anspruchs zur Folge. § 30 Die Direction ist berechtigt, denjenigen Arbeitern, welche ihre Schichten unregelmäßig verfahren haben, den verbliebenen Lohn vorzuenthalten, bis sie bezeichneten Fehler durch Fleiß wieder gut gemacht haben. § 31 Jeder Arbeiter ist verpflichtet, binnen 3 Monate nach Eintritt, sich die von der Werksbesitzerin vorgeschriebene Uniform zu beschaffen und in letz- terer ohne Anspruch auf Vergütung der Beerdigung von Kameraden auf Anfordern des Betriebsführers beizuwohnen. § 32 Diese Arbeiter-Ordnung wird an allen Betriebsorten, der der anonymen Actiengesellschaft des Silber- und Bleibergwerks Friedrichssegen gehörenden Werke ausgehängt, und ist mit diesem Aushange jede Unkenntnis der Arbeiter von den darin enthaltenen Bestimmungen ausgeschlossen. Friedrichssegen, den 1. Januar 1885 Silber- und Bleibergwerk Friedrichssegen Die Direction Auf dem Höhepunkt des Bergwerkes Friedrichssegen zeigte der Briefkopf der Gesellschaft folgenden Text: Gesellschaft des Silber- und Bleibergwerks F R I E D R I C H S S E G E N bei Oberlahnstein --------------------------- Adresse für Briefe: Direction des Silber- und Bleibergwerks in Friedrichssegen a. d. Lahn ------------------------------- Adresse für Telegramme: Direction Friedrichssegen ---------------------------- Bergwerksbetrieb Gewinnung von Silber-, Blei-, Zink-, Kupfer- und Eisenerz --------------------- - T H O N W E R K - Herstellung von Voll-, Loch-, Gewölbe- u. Kaminsteinen, Friedrichssegener Rippenziegel, Hohlsteinen und dergl. ------------------------ Maschinenwerkstätte - B A U - elektromagnetischer Scheide - Apparate und Gesteinsbohrmaschinen - - - - Seit 1880 war ein Arzt beschäftigt, der auch die im Zentralbüro (s. Anhang 2, Nr. 28) gelegenen Krankenzimmer, die Bergleute, aber auch ihre Familien betreute. Offensichtlich wurde im Zusammenhang mit den Krankenzimmern auf Grube Friedrichssegen von einem Lazarett gesprochen. Dies geht nämlich aus einer Anzeige der Stadt Oberlahnstein betreffend Holzversteigerung in den Diestrikten Mülleberg, Birkelstein, Olsborn und Biebricherkopf vom 15. Februar 1881 hervor, in der steht: Sammelplatz am Lazarethe zu Grube Friedrichssegen. Es war auch eine kleine Apotheke und ein Laboratorium im Zentralbüro eingerichtet. - - - - Mit Verfügung des Landrates des Rheingaukreises in Rüdesheim vom 29. Dezember 1884 wurde die Grubengemeinde Friedrichssegen aus dem Standesamtsbezirk der Stadt Oberlahnstein ausgegliedert. Mit Wirkung vom 1. Januar 1885 wurde mit derselben Verfügung das Standesamt für die Grubengemeinde Friedrichssegen eingerichtet. Bekanntmachung. Mit dem 1. Januar 1885 wird die Grube Friedrichssegen vom Standesamts- bezirke Oberlahnstein abgetrennt werden und einen eigenen Standesamts-bezirk unter Bezeichnung Friedrichssegen bilden. - Die diesen Bezirk ein- schließenden Grenzlinien sind folgende: 1. Die Gemarkungsgrenzen von Miellen und Frücht, 2. der Weg von Frücht zur Ems-Braubacher Straße bei dem Forsthaus Kellerswart, 3. die Ems-Braubacher Straße von Forsthaus Kellerswart bis zur Abzweigung des Oberlahnstein-Bechelner Vizinalwegs, 4. dieser Vizinalweg (angrenzend) bis zur Grenze zwischen den Distrikten Rabelstein und Gebück. 5. die Diestriktsgrenze zwischen den Distrikten Gebück und Girstell einerseits, Rabelstein und dem süßen Grund andererseits, 6. der von Oberlahnstein nach Miellen führende sogenannte Ahler Weg. Wo die Wege zu 2 - 4 und 6 die Grenze bilden, liegt die Grenzlinie auf dem nach Friedrichssegen zu belegenden Rande der Wege, so daß diese selbst bei dem Standesamtsbezirk Oberlahnstein verbleiben. In dem so umschlossenen Bezirk sind an Wohngebäuden mit eingezogen: a) das Forsthaus Kellerswart, b) das Schachthaus auf den Bärnsköpfen, c) der Biebricher Hof, d) das eine, oberhalb des sogenannten Ahlerwegs, welcher den Bezirk nach unten abzweigen soll, belegene Wohnhaus Ahlerhütte. Standesbeamter ist Herr Director Herberle, Standesbeamten-Stellvertreter sind: Herr Verwalter Heberle und Buchalter Ludwig Hümmerich, sämtlich auf Grube Friedrichssegen Rüdesheim, den 29. Dezember 1884 Der Königliche Landrath von Dewitz Weitere Standesbeamten waren im laufe der Zeit: Herr Müller, Gustav, Grubenbeamter, Herr Prokurist Paul, Grubenbeamter, Herr Verwalter Beilstein. Grubenbeamter, Herr Becker, Adam, Geschäftsmann, Herr Emil Höhn, Gastwirt Dieses Standesamt war bis 1913 im Zentralbüro und ab 1913 bis zur Auflösung im Jahre 1923 im Wiegehaus der Grube in Ahl - heute Haus Berger - untergebracht. In diesen 38 Jahren des Bestehens des Standesamtes Friedrichssegen wurden: 118 Eheschließungen, 720 Geburten und 312 Sterbefälle beurkundet. Die in den Jahren von 1885 bis 1923 beim Standesamt Friedrichs- segen geführten Bücher sind noch heute vollständig beim Standesamt der Stadt Lahnstein vorhanden. Die Zahl von 312 beurkundeten Sterbefälle durch das Standesamt Friedrichssegen läßt auch Rückschlüsse auf die Belegungszahl des alten Bergmannsfriedhofes zu. Amtliche Belegungsunterlagen sind nicht vorhanden. Geht man davon aus, daß in der Zeit von 1885 bis 1923 (312:38) = 8 Beerdigungen jährlich auf dem Bergmannsfriedhof stattfanden, so kann man annehmen, daß in der gesamten Belegungszeit (1872 bis 1937) von 75 Jahren unter Berücksichtigung der Jahre von 1872 bis 1885 und von 1910 bis 1920 (wegen der geringeren Einwohnerzahlen) ca 500 Einwohner auf dem Bergmannsfriedhof ihre letzte Ruhestätte fanden. Die Durchsicht der Standesamtsnachrichten in der Lahnsteiner Presse zur Ermittlung der Belegungszahlen des Bergmannsfriedhofes am Tagschacht ergab, daß in den Jahren von 1885 bis 1895 von 90 Verstorbenen 69 Kinder waren. Die Sterbezahlen sind sicherlich noch höher, weil für einige wenige Berichtszeiträume der genannten 10 Jahre keine Standsamtsnachrichten des Standesamts Friedrichssegen im Lahnsteiner Tageblatt zu finden waren. Ab 1896 wurden Beurkundungen des Standesamtes Friedrichssegen nicht mehr öffentlich bekanntgemacht. - - - - Die Einwohnerzahlen stiegen seit dem Bau der Wohnanlage am Tagschacht in den Jahren von 1868 bis 1871 ständig.   Im Jahre 1871 zählte man 364 Einwohner. Danach wurden bei den alle 5 Jahre durchgeführten Volks- und Gebäudezahlung die folgenden Einwohnerzahlen ermittelt: Jahr 1875 = 381 Einwohner Jahr 1880 = 545 Einwohner Jahr 1885 = 831 Einwohner* Jahr 1888 = 921 Einwohner* Jahr 1890 = 531 Einwohner Jahr 1895 = 657 Einwohner Jahr 1900 = 650 Einwohner Der Anstieg der Bevölkerung zwischen 1880 und 1885 wurde durch den Bau der Wohnanlage "Moritz-Stollen" heute "Neue Welt" möglich. Es gingen 1888 121 schulpflichtige Kinder zur Schule am Tagschacht. 1896 waren es 146 schulpflichtige Kinder, die höchste Schülerzahl der Friedrichssegener Schulen, die je erreicht wurde. Von den Einwohnern des Jahres 1888 waren 450 Protestanten und 471 Katholiken. * = mit Schlafgängern, die, weil sie auswärts wohnten, nur zu bestimmten Zeiten nach Hause fuhren und so längere Zeit in Friedrichssegen verbrachten. Im Jahre 1885 waren dies 282 und 1888 ca 300 Arbeiter. Nach welchen Kriterien die Volks- und Gebäudezählung zum Beispiel in den Jahren 1885 und 1890 durchgeführt wurden zeigen die nachstehenden Ergebnisse: Jahr 1885 Jahr 1890 1. Wohnhäuser (bewohnte) 44 36 sonstige Wohnstätten 4 7 2. Haushaltungen 107 115 Anstalten 7 3 3. Einwohner a) wohnhaft und anwesend 251 m 269 m 250 w 259 w m = männlich, w =weiblich ------------------------------ 501 528 b) vorübergehend anwesend 283 m 27 m 5 w 4 w m = männlich, w = weiblich ----------------------- 288 31 c) vorübergehend abwesend 0 m 1 m 1 w 2 w m = männlich, w = weiblich ------------------------ 1 3 d) Ortsanwesend 533 m 296 w 255 w 263 w m = männlich, w = weiblich ------------------------ 788 559 e) Ortsbevölkerung 251 m 270 m 251 2 261 w m = männlich, w = weiblich ----------------------- 502 531 ---------------------- Darüber hinaus sind noch folgende Einwohnerzahlen überliefert: Jahr 1925 ca. 600, Jahr 1932 = 627 und im Jahre 1958 713.   - - - - Das Königliche Amtsgericht Niederlahnstein veröffentlicht an 16. Juli 1885: B e k a n n t m a c h u n g Zufolge Verfügung vom 14. Juli 1885 ist heute eingetragen worden: I. In unser Gesellschaftsregister, woselbst unter Nr. 4 die Actiengesellschaft in Firma: Gesellschaft des Silber- und Bleibergwerks Friedrichssegen bei Oberlahnstein vermerkt steht: An Stelle des verstorbernen Directors Carl Müller von Oberlahnstein ist Carl Heberle jun. zu Friedrichssegen zum Directionsmitglied ernannt, so daß die Direktion dermalen besteht aus den Herren Carl Heberle sen., Carl Heberle jun., beide zu Friedrichssegen Gemeinde Oberlahnstein. II. In unser Procurenregister bei Nr. 38: die Seitens der Firma der Gesellschaft des Silber- und Bleibergwerks Friedrichssegen bei Oberlahnstein dem Carl Heberle jun. zu Friedirchs- segen erteilte Procura ist erloschen. Niederlahnstein, 16. Juli 1885 Königl. Amtsgericht.   Im Lahnsteiner Anzeiger erscheint unter dem 30. Mai 1887 folgende kurze Nachricht: Der Seitens der Direction des hiesigen Bergwerks schon längere Zeit vorgesehene Bau einer neuen Kirche wird nunmehr noch in diesem Jahre zur Ausführung kommen und der bisherige Betsaal dann zu Schul- zwecken benutzt werden. Die Kirche wird sowohl den Evangelischen wie auch den Katholiken zum Gottesdienst dienen. Die erste Heilige Messe wurde bereits 1872 in dem Betsaal der Schule gehalten. In diesen Jahren gab es zum Schutze gegen die Sonntagsarbeit schon Polizei-Verordnungen, in denen die Gottesdienstzeiten festgelegt wurden. Eine solche Verordnung wird hier wiedergegeben: Polizei-Verordnung Nach dem durch Verordnung Königlicher Regierung zu Wiesbaden vom 7. Novemer 1882 (Regierungsblatt S. 379 ff 1882) die Polizei-Verordnung 18. Oktober vom----------------- 1881, die Feier der Sonn- und Feiertage betreffend, 16. November aufgehoben und durch eine neue Polizei-Verordnung vom 26. Juli d.J. ebenfalls in Wegfall gekommen ist, so wird hiermit in Ausführung des § 12 der cit. neuen Polizei-Verordnung für den Bezirk der Gemeinde Oberlahnstein anderweitig bestimmt, was folgt: § 1 Die regelmäßiger Weise für die Abhaltung des vor- und nachmittäglichen Haupt-Gottesdienst an den Sonntagen und den im § 11 der cit. Polizei-Ver- ordnung Königlicher Regierung genannten Festtage bestimmten Stunden werden hiermit wie folgt festgesetzt: I. für den Gemeindebezirk Oberlahnstein, auschließlich der Grubencolonie Friedrichssegen, findet der Haupt-Gottesdienst statt: a. in der Zeit von Ostern bis 1. Oktober Vormittags von 9 1/2 bis 11 Uhr, Nachmittags von 2 bis 3 Uhr, b. in der Zeit vom 1. Oktober bis Ostern Vormittags von 10 bis 11 1/2 Uhr Nachmittags von 3 bis 5 1/2 Uhr. II. für die Grubencolonie Friedrichssegen findet der Haupt-Gottesdienst statt: Vormittags von 7 1/2 bis 9 Uhr Nachmittags von 3 bis 5 1/2 Uhr. § 2 Diese Polizei-Verordnung tritt mit dem Tage der Puplikation in Kraft. Oberlahnstein, den 27. November 1882. Der Bürgermeister, Reusch. - - - - Die Protestanten unter der Bevölkerung der Grube Friedrichssegen waren schon 1878 eine eigene Kirchengemeinde, die zur Pfarrei Frücht gehörte. Die Katholiken gehörten damals zur katholischen Kirchengemeinde Braubach. Der Weg zur evangelichen Kirchengemeinde Friedrichssegen wurde aufgrund von Wahlstreitigkeiten innerhalb der Pfarrei Frücht durch die Friedrichssege- ner Einwohner evangelischen Glaubens beschritten. Über die Entstehung der Kirchengemeinde Friedrichssegen ist in der Pfarr- chronik zu lesen: Die Grube Friedrichssegen, die, nachdem sie früher in sehr kleinem Umfang betrieben worden war und dann lange Zeit hindurch gänzlich stillgelegen hatte, erst etwa seit dem Jahre 1855 betrieben wird, hatte im Laufe von 20 Jahren eine solche Ausdehnung gewonnen, daß, während im Jahre 1855 eine einzige Familie dort wohnte und nur ein einziges Haus dort stand, im Jahre 1875 die dortige Bevölkerung auf etwa 750 Seelen, unter welchen et- wa die Hälfte evangelisch war, angewachsen war. Damals machten dann auch die evangelischen Bewohner der Grube Friedrichssegen, die an Seelenzahl der Muttergemeinde Frücht etwa gleichstanden, (267 Frücht; 50 andere Orte und Höfe; 217 Friedrichssegen), die ihnen in Bezug auf Verwaltung kirchlicher Dinge zustehenden Rechte der Muttergemeinde gegenüber geltend. Die Mut- tergemeinde Frücht wollte den Bewohnern der Grube Friedrichssegen diese Rechte nicht oder wenigstens nur in einem beschränktem Maße zugestehen, und es entbrannte zwischen beiden Ortschaften ein heftiger Streit, durch den mein Vorgänger, der die Aufregung und Erbitterung in der Gemeinde nicht zu bemeistern vermochte, sich gezwungen sah, die hiesige Pfarrstelle zu verlas- sen. Durch Vermittlung des königlichen Konsistoriums (Nassau gehörte damals schon seit 1866 zu Preußen) war kurz vor meiner Hierherkunft zwischen den beiden Ortschaften ein vorläufiges Übereinkommen getroffen und den Gemeindegliedern zugleich in Aussicht gestellt worden, daß die strei- tige Sache bei Gelegenheit der Neuwahl der Kirchenvorsteher und Gemeinde- vertreter definitiv geregelt werden solle. Nach der Kirchengemeinde= und Synodalordnung vom 4. Juli 1877 sollte diese Neuwahl der Kirchenvorsteher und Gemeindevertreter Ende 1877 stattfinden. Schon ehe es zur Wahl kam, erklärte der hiesige Kirchenvorstand, daß die Kirchenvorsteher -wie bisher- nur aus der Gemeinde Frücht genommen werden und daß von den 20 Gemeindevertretern des Kirchspiels, von denen bisher 12 auf Frücht und 8 auf Friedrichssegen gefallen waren, fortan 14 auf Frücht und 6 auf Friedrichsse- gen fallen sollten. Die Friedrichssegener dagegen verlangten auf Grund der Kirchengemeinde-Ordnung, daß ihnen die gleiche Anzahl Kirchenvorsteher und Gemeindevertreter wie den Früchtern zu teil werden müsse. Da eine Einigung nicht zu erzielen war, hielt ich es, um den Frieden in der Gemeinde zu erhalten, für das Beste, dahin zu wirken, daß Friedrichssegen von der Mut- tergemeinde losgelöst und zu einer Filialgemeinde mit eigenem Kirchenvor- stande, eigener Gemeindevertretung und ganz selbständiger Vermögensver- waltung gemacht werde. Hierzu wurden in einer Sitzung die ersten Weichen gestellt: Geschehen zu Friedrichssegen am 29, November 1877. Der unterzeichnende Pfarrer hielt heute mit den Wahlberechtigten von Friedrichssegen eine Sitzung, um über die Erhebung Friedrichssegens zu einer besonderen Filialgemeinde von Frücht zu berathen. Von 40 Wahl- berechtigten waren 27 erschienen. Alle Versammelten erklärten, es sei ihr Wunsch, daß Friedrichssegen zu einer besonderen Filialgemeinde mit eigenem Kirchenvorstand und eigener Gemeindevertretung constitu- irt würde. Die evangelischen Bewohner von Friedrichssegen seien bereit, alle durch die Filialeinrichtung entstehenden Kosten aus eigenen Mitteln zu bestreiten, insbesondere zu den durch die Instandhaltung der Früchter Pfarrgebäude entstehenden Kosten die Hälfte beizutragen. Auch seien sie damit einverstanden, daß bei einer etwaigen künftigen vollständigen Loslösung Friedrichssegenes von Frücht das Kirchen- und Pfarrvermögen der Gemeinde Frücht, wie solches in den Inventarien und in den Kirchen und Pfarrfonds-Rechnungen der Gemeinde Frücht festgestellt sei, insbe- sondere auch den Pfarrhausbaufonds und Schulfonds, der Gemeinde Frücht als deren alleiniges und freies Eigenthum verbleiben. Sie verlangten dagegen, daß der Früchter Geistliche fortan jeden Sonntag in Friedrichssegen einen Gottesdienst halte, wofür sie demselben jährlich eine Vergütung von sechshundert Mark bezahlen wollen. V.g. u. gez: Müller, Protokollführer, Heberle, Hitzmann, Heberle jun., Oberhäuser, Gensmann II, Wilhelm Lohmar, Nau, W. Groß- stück, E. Lehr Pfr.   Noch am gleichen Tag beriet der Kirchenvorstand und die größere Gemeindevertretung von Frücht in einer Sitzung dasselbe Thema. Geschehen zu Frücht, den 29. November 1877. Durch eine Verfügung des Königl. Consistoriums vom 17. November d.J. (C. No. 1093) veranlaßt, hielten heute der Kirchenvorstand und die größere Gemeindevertretung von Frücht dahier eine gemeinschaftliche Sitzung. Es waren außer dem unterzeichneten H. Pfarrer alle Kirchenvorsteher und von den 12 Gemeindevertretern 11 erschienen. Da Herr Decan Opel erklärt hatte, er könne der Aufforderung des Königl. Consistoriums dieser Sitzung beizuwohnen, nicht nachkommen, so trat der unterzeichnete H. Pfarrer allein mit den bezeichneten Körperschaften über die Beilegung des zwischen den evangelischen Bewohnern von Frücht und Friedrichssegen entstandenen Wahlstreites in Berathung. Auf die Frage des H. Pfarrers, ob nicht die Früchter sich dazu verstehen woll- ten, von dem am 7. October d.J. gefaßten Kirchenvorstandsbeschluß abzu- gehen und den Friedrichssegenern eine größere Anzahl von Gemeindever- tretern als 6, sowie auch einen oder mehrere Kirchenvorsteher zu bewilligen, erklärte der Kirchenvorstand und die Gemeindevertretung, dazu könnten sie sich nicht entschließen, sie halten vielmehr den am 7. October d. J. vom Kirchenvorstand gefaßten Beschluß, nach welchem Frücht 4 Kirchenvorsteher und 14 Gemeindevertreter, Friedrichssegen dagegen keinen Kirchenvorste- her und nur 6 Gemeindevertreter haben sollte aufrecht, weil, wenn den Friedrichssegnern größere Rechte eingeräumt würden, zu befürchten sei, daß dadurch die Früchter in ihren Rechten beeinträchtigt würden. Dagegen erklärte sich der Kirchenvorstand und die größere Gemeindevertretung mit dem vom Königl. Consistorium gemachten Vorschlag, daß Friedrichssegen zu einer besonderen Filialgemeinde mit eigenem Kirchenvorstand und eigener Gemeindevertretung constituirt würde einverstanden, aber unter folgenden Bedingungen: 1. daß in der Kirche zu Frücht jeden Sonntag nach wie vor zwei mal Gottes- dienst gehalten werden und zwar den Vormittag um 10 Uhr und des Nach- mittags um halb zwei Uhr; 2. daß Friedrichssegen zu den durch Instandhaltung der hiesigen Pfarr- gebäude entstehenden Kosten die Hälfte beisteuern, während die Civil- gemeinde Frücht, die bisher 1/3 dieser Kosten zu tragen hatte, dieses 1/3 nach wie vor tragen und nur das übrigbleibende 1/6 aus dem der Kirchengemeinde Frücht gehörenden Kirchenbaufonds bezahlt würde. 3. daß der Kirchengemeinde Frücht auch dann, wenn in Zukunft die Gemein- de Friedrichssegen von derselben vollständig losgelöst werden sollte das Kirchen- und Pfarrvermögen, wie solches in den Inventarien und in den Kirchen und Pfarrfonds-Rechnungen von Frücht festgestellt sei, ins- besondere auch der Pfarrhausbaufonds und Schulfonds, als ihr alleiniges und freies Eigenthum verbleiben. Der unterzeichnete Pfarrer erklärt sich dazu bereit, auch bei der Erhebung Friedrichssegens zu einer besonderen Filialgemeinde jeden Sonntag in Frücht nach wie vor zweimal Gottesdienst zu halten, jedoch verlangt er, daß der bisher in Frücht am Charfreitag übliche dritte Gottesdienst wegfällt und also auch am Charfreitag in Frücht nur zwei Mal, in Friedrichssegen aber ein Mal Gottesdienst gehalten werde. Die Versammlung erklärt sich mit dem Wegfall des dritten Früchter Gottesdienstes am Charfreitag einverstanden. V. g. u. gez.: Elberskirch, Protokollführer, Schütz, Kirchenvorsteher, Heinrich Becker II. , Gemeindevertreter, Jakob Lorch, Gemeindevertreter, E. Lehr Pfr.   Daraufhin wurde folgendes Statut für die evangelische Filial=Kirchengemeinde Friedrichssegen erlassen:   Statut für die evangelische Filial=Kirchengemeinde Friedrichssegen. Nachdem die seither nach Frücht eingepfarrten evangelischen Bewohner von Friedrichssegen den Wunsch ausgedrückt haben, eine besondere Filialkir- chengemeinde zu bilden, der Kirchenvorstand und die Gemeindevertretung der Kirchengemeinde Frücht unter der Bedingung, daß die bisherige Gottesdienst Ordnung in Frücht, wonach an jedem Sonn- und Feiertage zweimal Gottsdienst und zwar Vormittags 10 und Nachmittags 1 1/2 Uhr gehalten wird, unverändert bleibt, und unter den weiteren in dem nachfolgenen Statut bezeichneten Modalitäten sich einverstanden erklärt und die evangelischen Einwohner von Friedrichssegen die gestellten Bedingungen angenommen haben, wird auf Antrag und mit Zustimmung des Kirchenvorstandes und der Gemeindevertretung von Frücht einerseits und der evangelischen Einwohner von Friedrichssegen anderseits nach Begutachtung durch den Vorstand der Kreissynode, mit Genehmigung des Herrn Ministers der geistlichen ect. Angelegenheiten, ausgesprochen durch Erlaß vom 30. März 1878, I.=Nr. 488 GI, folgendes festgesetzt: § 1 Die evangelischen Einwohner von Friedrichssegen werden zu einer mit Corporationsrechten versehenen Filialgemeinde der Krichengemeinde Frücht constituirt. § 2 Die Filialgemeinde Friedrichssegen trägt die Hälfte der durch die Intandhaltung der Pfarrgebäude in Frücht entstehenden Kosten. § 3 Die Filialgemeinde Friedrichssegen trägt allein die Kosten des Gottes- dienstes und der Seelsorge in Friedrichssegen, übernimmt insbesondere allein die Remuneration des Pfarres zu Frücht für den von ihm an jedem Sonntag in Friedrichssegen abzuhaltenden Gottesdienst. Dagegen ist die Filialgemeinde Friedrichssegen von jeder Leistung für das Kirchengebäude und den Cultus zu Frücht befreit. § 4 Die Kirchengemeinde Frücht behält ihr Pfarr- und Kirchenvermögen, wie solches in dem Inventar und den Fondsrechnungen von Frücht festgestellt ist, auch für den Fall einer gänzlichen Lostrennung der Filialgemeinde Fried- richssegen als ihr alleiniges und freies Eigenthum. Andererseits bleiben die bisher speziell für die kirchlichen Zwecke von Friedrichssegen erworbenen Vermögensobjecte, gleich wie der künftige Vermögenszuwachs in Fried- richssegen, alleiniges Eigenthum der Filialgemeinde. § 5 Die Filialgemeinde Friedrichssegen wählt ihren besonderen Kirchenvor- stand und Gemeindevertretung nach Maßgabe der Kirchengemeindeordnung vom 4. Juli v. Js., fertigt ihr besonders Jahresbudget und läßt besondere Rechnung legen. Für gemeinschaftliche Angelegenheiten treten die Kirchenvorstände und Gemeindevertretungen zu einer gemeinsamen berathenden und beschließen- den Körperschaft in Frücht zusammen. Wiesbaden, den 23. April 1878 Königliche Regierung C.N. 408. - II. 497 Königliches Consistorium Abtheilung für Kirchen und Schulsachen Veröffentlicht im "Kirchliches Amtsblatt" des Königlichen Consistoriums zu Wiesbaden., Nr. 7, 17. 4. 1878.   Pfarrer Lehr schrieb in die Chronik der Kirchengemeinde: So habe ich denn im Jahre 1878 zu den beiden Gottesdiensten in Frücht... noch sonntäglich einen dritten übernommen.... Doch fehlte es in den folgenden Jahren noch immer nicht an mancherlei Reibereien zwischen den Früchtern und den Friedrichssegenern. Diese gingen soweit, daß 1879 bei einer Rauferei ein Friedrichsse- gener Bergmann vor dem Früchter Pfarrhaus erschlagen wurde. Die Direktion der Friedrichssegener Grube verbot daraufhin den Friedrichsse- genern Bergleuten den Besuch der Früchter Wirtshäuser. Erst darauf trat wieder Ruhe ein im kleinen Dorf Frücht.- - - - - Die Grube Friedrichssegen hatte am 6. Mai 1887 hohen Besuch. Der preußische Kronprinz Friedrich, der 1888 für 99 Tage als Kaiser Friedrich III. den Thron bestieg, besuchte anläßlich eines Kuraufenthal- tes in Bad Ems die Grube Friedrichssegen. - - - - In den Jahren 1888 und 1889 wurde dann von dem Architekten Lang aus Wiesbaden eine Simultankirche für beide Konfessionen, die "Friedenskirche" (s. Anahng 2, Nr. 26) gebaut. Der Kirchenvorstand der Filial-Kirchengemeinde Friedrichssegen machte hierzu eine entsprechende Eingabe an das Königliche Konsistorium. Frücht, den 10. November 1887 Der unterzeichnete Kirchenvorstand erlaubt sich hiermit, dem Königlichen Konsistorium eine gehorsamste Bitte zu unterbreiten. Die Grube Friedrichssegen, deren circa 560 Bewohner etwa zur einen Hälfte katholisch und nach Braubach eingepfarrt sind, zur anderen Hälfte aber evan- gelisch sind und die Filialkirchengemeinde von Frücht bilden, beabsichtigt, an Stelle des bisher von Evangelischen und Katholiken gemeinschaftlich benutz- ten Betsaales, der zum Schulsaal hergerichtet werden soll und der auch infol- ge der Zunahme der Bevölkerung zur Abhaltung des Gottesdienstes zu klein geworden ist, eine Simultankapelle zu bauen. Die Bevölkerung Friedrichssegens besteht ausschließlich aus Bergleuten, die, meist von geringem Verdienste lebend, zur Beschaffung der Kosten des Kapellenbaues nicht stark herangezogen werden können. Die Besitzer der Grube Friedrichssegen, eine Gesellschaft von in Paris lebenden Personen, haben sich bereiterklärt, den Rohbau der Kapelle, der auf circa 7 500 Mark veranschlagt ist, auf ihre Kosten herstellen zu lassen. Für die innere Einrich- tung der Kapelle sind außerdem durch die Freigibigkeit des Direktors der Grube Friedrichssegen und seiner Familie und einer anderen Person sowie einiger Vereine in Friedrichssegen (des Consum-Vereins, der Kasinogesellschaft, der Krankenkasse) über 5 000 Mark an freiwilligen Gaben, bereits eingegangen resp. gestiftet. Doch werden die vorhandenen resp. zugesicherten Einnahmen zur vollständigen Deckung der Kosten noch immer nicht ausreichen. Die Katholiken in Friedrichssegen haben nun der Direktion der Grube Friedrichssegen mitgeteilt, wenn die Simultankapelle beiden Konfessionen zur Benutzung überlassen wird, in Aussicht gestellt, daß der Bonifaziusverein die Herstellung des Altars auf seine Kosten übernehmen wolle. Außerdem leisten die Katholiken in Friedrichssegen noch einen Betrag von etwa 600 Mark. Der Vorstand des Gustav-Adolf-Vereins hat ein Gesuch des unterzeichneten Pfarrers um eine Beisteuer zu dem Bau der Kapelle in Friedrichssegen zurückgewiesen, weil eine Unterstützung zum Besten des Baues einer Simultankapelle den Statuten des Gustav-Adolf-Vereins zuwider sei. In Rücksicht auf die Bedürftigkeit der evangelischen Bewohner der Grube Friedrichssegen, die doch hinter den katholischen Gemeindegliedern nicht zurückstehen möchten und denen zudem der Freigebigkeit des Bonifaziusvereins gegenüber eine Unterstützung von seiten der evangelischen Kirche eine Stärkung in ihrem evangelischen Glauben sein würde, richtet darum der unterzeichnete Kirchenvorstand an das Königliche Konsistorium die gehorsamste Bitte: Königliches Konsistorium möge der evangelischen Filialkirchengemeinde Friedrichssegen aus dem evangelischen Centralkirchenfonds eine Beisteuer zum Bau einer Simultankapelle in Friedrichssegen resp. zur Beschaffung von solchen Gegenständen, die ausschließlich bei den evangelischen Gottes- diensten gebraucht werden, gewähren. Zugleich bittet der unterzeichnete Kirchenvorstand das Königliche Konsistorium gehorsamst, zu gestatten, daß in dem Betsaal in Friedrichssegen außer der bisherigen Opferbüchse noch eine zweite Opferbüchse angebracht werde, in welche freiwillige Gaben zum Bau der Kapelle in Friedrichssegen eingelegt werden können. Der Kirchenvorstand der evangelischen Kirchengemeinde Friedrichssegen: gez.: Lehr, Pfarrer, Gensmann ua.   Auf dieses Gesuch hin wurde auch vom Gustav-Adolf-Verein ein Zuschuß zu den Kosten der Simultankirche in Höhe von 300 Mark am 25. Februar 1888 bewilligt. Bereits am 2. Mai konnte man dann auch schon lesen: Auf dem Werke der anonymen Actien-Gesellschaft des Silber- und Bleiberg- werks dahier findet am 4. Mai, dem Tage hiesiger Kirmes, die Grundsteinle- gung einer Simultankirche statt. Die erhabene Feier wird, wie wir vernehmen, großartig begangen und einem allseitigen Wunsche der Colonie und der umliegenden Höfe durch die Fertigstellung des Baues entsprochen. Über die Grundsteinlegung selbst wurde natürlich im Lahnsteiner Anzeiger unter dem 7. Mai 1888 folgender Bericht veröffentlicht: Friedrichssegen den 7. Mai: Zu den bemerkenswerten Gedenktagen des hiesigen Silber- und Bleiberg- werks gehört unstreitig der 4. Mai, der Tag der Grundsteinlegung zu unserer Simultankirche. Die reichlich bekränzten und beflaggten Häuser der Colonie, sowie der zum Bauplatze sich hinbewegende imposante Festzug der Bergleute und deren Kinder gab sicherlich eine beredtes Zeugniß von der allgemeinen Freude, bald im Besitze eines Gotteshauses zu sein. Seitens der Direction war die Vorsorge getroffen worden, die nach 1 Uhr Nachm. hier von auswärts eingeladenen Gäste mittelst Bahn des Werkes zur Grube zu dirigieren. Wir bemerkten unter den Geladenen den Landrath des Kreises, Herrn Bake, Herrn Bürgermeister Reusch und Pfarrer Michels von Oberlahnstein, sowie verschiedene evang. Geistliche und zahlreiche den besseren Ständen von Oberlahnstein angehörenden Personen. Nach dem der Festzug kurz vor 2 Uhr am Platze erschienen war, hielt Pfarrer Ohler von Braubach die Ansprache, welcher das Verlesen der Urkunde durch Herrn Director Heberle sen. folgte. Dem Herrn Pfarrer von Frücht war es vorbehalten, die Weiherede zu sprechen. Nachdem verschiedene Choräle der Musik, sowie ein Lied der Schulkinder vorgetragen waren, wurden die in den Stein zu verschließenden Gegenstände, Urkunden und Münzen von 20 Mark an abwärts, Zeitungen, worunter auch das "Lahnsteiner Kreisblatt" und ein Kästchen mit Erzen in den Stein unter den üblichen Hammerschlägen der Festteilnehmer, begleitet von schönen Sinnsprüchen, verschlossen. Es bleibt noch zu erwähnen, daß der Zug sich in gleicher Weise wieder durch den Ort bewegte, und daß ein im Betrieb beschäftigter Mann die Urkunde prachtvoll angefertigt hatte. Die Colonie ist noch zusehends am wachsen, die Kopfzahl beziffert sich momentan auf 921 Personen. Der Text der Grundsteinurkunde hatte folgenden Wortlaut: Mit Gottes Hülfe legen wir Protestanten und Katholiken nachdem wir 10 Jahre unseren Gottesdienst in einem Saale des hiesigen Schulgebäudes hielten heute: am 4ten Mai des Jahres Tausend achthundert achtzig und acht unter der Regierung Friedrich III. deutschen Kaisers König von Preußen und unter dem Pontifikat Leo XIII. und zur Zeit da Dr. Ernst Generalsuperintendent und Dr. Klein Bischof zu Limburg war an dem Tage, an welchem hier im Jahre 1871 der erste protestantische Gottesdient stattfand, und 1872 die erste heili- ge Messe gelesen wurde, den Grundstein zu dieser Kirche mit der ausdrückli- chen Bestimmung, daß dieselbe niemals einer christlichen Confession allein angehören, sondern für alle Zeiten den genannten beiden Confessionen ge- meinschaftlich dienen soll. Zur Zeit befinden sich in Friedrichssegen 921 Seelen, wovon 450 protestan- tisch und 471 katholisch sind. Die Protestanten, welche bis zum Jahre 1878 zur Kirchengemeinde Frücht gehörten, bildeten von diesem Zeitpunkt ab eine eigene Kirchengemeinde und Filiale der ersteren, während die Katholiken zur Kirchengemeinde Braubach eingepfarrt sind. Bis Anfangs 1887 war an der hiesigen, 121 Kinder zählenden Schule nur ein protestantischer Lehrer thätig, und wurde der katholische Religionsunterricht von einem Lehrer aus Braubach ertheilt. Seit dieser Zeit ist noch ein zweiter, katholischer Lehrer angestellt, und muß der bisherige Betsaal im Schulgebäude künftig den Schulzwecken dienen. Es wurde von den hiesigen Bewohnern der Wunsch ausgesprochen, eine Kirche zu besitzen. Das wurde bald ermöglicht. Die Verwaltung hiesiger Grube erbot sich den Rohbau auf ihre Kosten herzustellen, und von Seiten des hiesi- gen Consumvereins, der Krankenkasse, der Casinogesellschaft und Privatiers wurden nahmhafte Beträge für die innere Auschmückung gezeichnet. Der Bauplan wurde von Herrn Architekten Lang, in Wiesbaden ausgearbeitet, dem gleichzeitig die Leitung des Baues übertragen war. Die Kirche bleibt Eigentum des hiesigen Werkes auf dessen Grund und Boden dieselbe erbaut ist. Der Betrieb des hiesigen Bergwerks ist ein sehr alter. 1220 verlieh Kaiser Friedrich II dem Erzbischof Siegfried von Mainz die Berechtigung eines ungehinderten Betriebes des Bergwerks Tiefenthal bei Oberlahnstein. Von 1220 bis 1679 liegen keine Nachrichten vor, und auch die der folgenden hundert Jahre sind nur ganz allgemeine. Vom Jahre 1768 liegen Berichte des Amtmanns Kokule zu Braubach, des Hanauer Kammer-Assessor Cancrinus und von Jakobi vor, und wird hier das Bergwerk "Kölnische Löcher" benannt. 1776 wurde von dem Kurfürsten zu Mainz eine Belehnung über die im ganzen Amt Lahnstein befindlichen Erzgebirge ertheilt. In andauerendem Betriebe ist die Grube erst seit dem Jahre 1823, in ausgedehnstem Betriebe und im Besitze der jetzigen Gesellschaft seit 1853.- Die Grube Friedrichssegen liegt in der Gemarkung Oberlahnstein und gehört zum Bergrevier Diez und Oberbergamtsbezirk Bonn. Zu ihr gehören 54 Grubenfelder mit einem Flächeninhalt von 63 928 212 qm, welche auf Silber-, Blei-, Kupfer-, Zink-, Nickel-, Eisen- und Manganerze, sowie Thon und Dachschiefer verliehen sind. Gegenwärtig beträgt die Belegschaft 565 Mann, darunter 18 Beamte. Die jährliche Production beträgt heute 3 800 Tonnen Bleierze, 300 Tonnen Kupfererze, 3 400 Tonnen Zinkerze und 8 700 Tonnen Eisenerze. Die Präsidenten des Verwaltungsraths welche von 1853 an der Gesellschaft vorstanden sind die Herren P. Gautreau, C. Delbrück und F. Aubry. Der gegenwärtige Verwaltungsrath besteht aus den Herren F. Aubry, M. Aubry, G. Delbrück, I. Gauteau, sämtlich Paris. Den Betrieb des Werkes leitet seit März 1861 Herr Director Carl Heberle sen., dem seit 1865 Herr C. Müller als zweiter Director beigestellt wurde. Letzterer starb im Jahre 1885 und an dessen Stelle trat Herr C. Heberle jun.. Wir senken diese Urkunde ein mit dem Wunsch, daß diese Kirche recht lange Zeiten auf einen segensreichen Betrieb herunterschaue u. dazu die beiden Confessionen, denen sie demnächst dienen soll, stets in Eintracht und brüder- licher Liebe, wie bisher auch fernerhin miteinander verkehren mögen. Das walte Gott !   Die Ortsgeistlichen Der Baumeister Silber- und Bleibergwerk Die Direction protestantischer Pfarrer katholischer Pfarrer Lang F. Lehr J. Ohlers Architekt Heberle jun. Heberle sen. Verteter der protestantischen Gemeinde Vertreter der katholischen Gemeinde A. Heberle Fachinger Aug.Gensmann J. Künsch Adam Schier Waldforst Ingenieur Obersteiger Schlossermeister und Bergverwalter Steiger Lokomotivführer Kirchenvorsteher Gust. Müller Fr. C. Eckhardt Kaspar Malkemus Friedrich Weckerle J. Bruchhäuser Weidenfeller Schachtmeister Lehrer Maschinenführer Maschienmeister Lehrer Schlosser Standesbeamter Schulvorsteher Kirchenvorsteher P. Itzerot Hch Beilstein Wilhelm Oberhäuser Aug. Höhn B. v. Eyhs Wilh.Schmitz Obersteíger Magacinier und Oberhauer Postagent und Kaufmann Oberhauer u.Schulvorst. Standesbeamter Rendant Wilhelm Nau Gg. Haibach Friedr. Vietor L. Reis Joh. Zoll Linscheid Obersteiger und Markscheider Gasarbeiter und Buchhalter Maschien- Bergschmied Kirchenvorste- Kirchenvorsteher führer her - - - - Weiter steht unter dem 7. Mai noch zu lesen: Die gestrige Kirmes hatte eine Menge auswärtiger Besucher angezogen und ist in allen Theilen als wohl verlaufen anzusehen. Überall in den Wirthschaften herrschte bei Spiel und Tanz eine heitere Stimmung. Viele Häuser waren mit Fahnen und Guirladen versehen und kennzeichneten so des Tages Bedeutung. Erst die hereinbrechende Nacht setzte dem fröhli- chen Treiben der Bergleute und der Theilnehmer ein Ende. Am 19 Dezember 1888 erschien der nachstehend wiedergegebene Artikel im Lahnsteiner Anzeiger : Friedrichssegen, den 19. Dez. Die Maurerarbeiten an unserer Simultankirche, zu welcher am 4. Mai d. Js. der Grundstein gelegt wurde, sind nunmehr soweit gediehen, daß am St. Bar- baratage (4. Dez.) der letzte Stein unter Leitung des Herrn Verwalter Künsch gesetzt werden konnte. Die drei vom hiesigen Consumverein gestifteten Glocken, welche von Herrn F.W. Rinker in Sinn gegossen, sind nach dem veranstalteten Probeläuten als wohlgelungen hinsichtlich ihrer Form und Harmonie zu bezeichnen und machen dem betr. Glockengießer alle Ehre. Als Inschrift tragen die ehernen Kinder folgende Worte. Während die erste Glocke "Glück auf" heißt, führt die zweite den Sinnspruch "Zur Andacht ruf ich jede Konfession, denn jeder ist ja Gottes Sohn". Auch die Inschrift der dritten Glocke ist von tiefer Bedeutung und lautet: "Mein Geläute Fried bedeute, dazu Segen allerwegen". Außer diesen Worten trägt jede der 3 Glocken die Aufschrift: "Gestiftet vom Consumverein zu Friedrichssegen, gegossen von F.W. Rinker zu Sinn im Jahre 1888". Die von Herrn Spenglermeister J. Geil in Oberlahnstein angefertigten getriebenen Thurmspitzen, welche vorige Woche aufgestellt wurden, gereichen dem Thurme zu einer herrlichen Zierde. Der Blitzableiter wurde auch gestern fertiggestellt und hat man, da das Dach des Chores gedeckt ist, heute mit dem Verschalen des Thurmes begonnen. In dem Knopf der Kuppel sollen nach der Fertigstellung die diesbezügl. Urkunden eingeschlossen werden. Jedenfalls wird die Kirche, welche als ein wirkliches Prachtwerk bezeich- net werden muß, an dem bekannten 4. Mai k. J. dem Gebrauche überge- ben werden.   Die Einweihung fand dann doch erst am 14. Juli 1889 statt. Dieser Termin wurde mit Rücksicht darauf gewählt , daß die in Paris wohnenden Aktionäre der Grube Friedrichssegen am 13. Juli ihre jährliche Generalver- sammlung in Friedrichssegen abhalten und bei dieser Gelegenheit die Über- gabe der Kirche vornehmen wollen, und ein Sonntag aus dem Grunde zu der Feier gewählt worden ist, weil, wenn an einem Werktage gefeiert würde, den auf der Grube Friedrichssegen arbeitenden Bergleuten dadurch ein Lohnver- lust von 1 400 bis 1500 M. entstehen würde. In der Schulchronik heißt es: Der Einweihungstag war ein Festtag, wie ihn Friedrichssegen noch nicht erlebt hatte. Eine unabsehbare Menschenmenge war in dem engen Tal zu- sammengeströmt. 13 1/2 Uhr nachmittags kam der Festzug mit Trompeten- klängen bei vielen hunderten von Zuschauern erst zum alten Betsaal, um Abschied zu nehmen. Die kirchliche Feier in der neuen Kirche dauerte 2 Stun- den. Man sang gemeinsam die Lieder "Nun danket alle Gott" und "Großer Gott wir loben dich". Dekan Wilhemi von Braubach hielt die Weiherede, Pfarrer Lehr die Festpredigt über Joh. 20, 19 -23. "19 Als es nun an jenem Tage, dem ersten der Woche, Abend war und dort, wo sich die Jünger aufhielten, die Türen aus Furcht vor den Ju- den verschlossen waren, kam Jesus und trat in die Mitte; und er sagte zu ihnen: "Friede sei (mit) euch!" 20 Und als er dies gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände wie auch die Seite. Da wurden die Jünger froh, als sie den Herrn sahen. 21 Jesus sprach nun wiederum zu ihnen: "Friede sei (mit) euch! Wie mich der Vater gesandt hat, sende auch ich euch." 22 Und nach dem er dies gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: "Empfanget (den) heiligen Geist! 23 Wenn ihr jemandem die Sünden vergebt, sind sie ihm vergeben; wenn ihr (sie) jemandem nicht vergebt, sind sie (ihm) nicht ver- geben." Die Kirche erhielt den Namen "Friedenskirche". Am Sonntag darauf wurde die Simultankirche von dem kath. Pfarrer von Braubach für den Gebrauch durch die Katholiken besonders geweiht, wobei viele evangelische Christen anwesend waren." In der Chronik der Kirchengmeinde finden wir folgenden Eintrag: Möge die Kirche in Friedrichssegen mit Recht den Namen "Friedenskirche" tragen! Mögen viele in ihr den Frieden Gottes finden, der höher ist denn alle Vernunft, und möge sie, nachdem sich in ihrer Einweihung die Einmütig- keit der evangelischen und der katholischen Bewohner Friedrichssegens aufs schönste gezeigt hat, ferner beide Konfessionen eine stete Mahnung zu gegenseitiger Liebe und zum Frieden sein.- Am Tage der Einweihung, dem 14. 7. 1889 fand für geladene Gäste im Casino "Glück auf" ein Festessen statt. Laut Speisen-Karte wurde serviert: Bouillon Salm, Remouladensauce Kalte Platten (Roastbeaf, Schinken, Zunge, Kalbs- braten, Wurst) Rehbraten und Hahnen Salat Eis Butter und Käse dazu wurde dann noch das folgende Conzert-Programm geboten: 1. Steiger - Marsch von C. Faust 2. Fest. Ouverture von Moskan 3. Die Post im Walde von Schäffer 4. Meine Königin, Walzer von Coote 5. Der kleine Trompeter (Cornet-Solo) von Clarens 6. Abschiedslied jung Werners aus Trompeter von Säckingen von Nessler 7. Melodien-Reigen, Potpouri von Winterberg 8. Wie schön bist Du von Weid 9. Concordia-Quadrille von Eickhoft Für die Benutzung der Simultankirche zu Friedrichssegen wurden unter dem 11. Juli 1889 von der Eigentümerin, der "Anonymen Actien-Gesellschaft des Silber und Bleibergwerks Friedrichssegen bei Oberlahnstein" Bestimmungen betreffend Benutzung der Kirche zu Friedrichssegen von den beiden Confessionen (Katholiken und Protestanten) daselbst erlassen: 1. Die Kirche soll im Inneren und Äußeren stets den Eindruck hervorrufen, daß solche eine Simultankirche ist. Es ist daher nicht gestattet, irgend welche Gegenstände noch anzubrin- gen ohne spezielle Genehmigung der Direction des Werkes. 2. Jeder Konfession steht es frei, während ihres Gottedienstes besondere für ihren Gottesdienst nöthige oder wünschenswerte Gegenstände zu verwenden (z. B. Fahnen, Beichtstuhl, Kanzelbibel ect., ect.), jedoch nach beendetem Gottesdienst sind diese Sachen stets sofort wieder in den - betreffenden Sacristeien unterzubringen. Alle Sachen, welche für den speziellen Gottesdienst einer Confession nothwendig, hat jede Confession sich selbst zu beschaffen. 3. Die an der Kanzel liegende Sacristei ist für den protestantischen Geistli- chen bstimmt, da dieser die Kanzel am meisten gebraucht, und die gegenüberliegende für den katholischen Geistlichen. 4. Jede Konfession hat für ihre Rechnung einen Küster zu bestellen, dessen Anstellung der Genehmigung der Direction des Werkes bedarf. Ebenfalls kann letztere verlangen, im Falle sie es für nöthig findet, daß er ersetzt wird. 5. Da die Direktion des Werkes die Aufsicht über die Kirchengebäude sich ausdrücklich vorbehält, so ist der Küster anzuweisen, deren hierauf bezüglichen Anordnungen Folge zu leisten. 6. Der Gottesdienst findet jeden Sonntag zweimal statt und zwar einmal ein protestantischer und einmal ein katholischer und wechseln beide Confes- sionen ab d. h. an einem Sonntag ist Morgens protestantischer und Nachmittags und am folgenden Morgens katholischer und Nachmittags protestantischer Gottesdienst und so fort. Am 21. Juli ec. ist Morgens katholischer Gottesdienst und wechselt dies künftighin, wie angegeben ab. Betreffend der sonstigen Fest- und Feiertage bleibt es den beiden Geistli- chen überlassen, sich betreffend des Gottesdienstes zu einigen, und soll jedoch auch hier möglichst Morgens und Nachmittags gewechselt werden. Es ist jedoch nur gestattet, an den Feiertagen Gottesdienst zu halten, an welchen auch das ganze Werk feiert, d. h. nicht in Betrieb ist. Diese außergewöhnlichen Gottesdienste müssen im vorhergegangenen Gottesdienst angekündigt werden und werden auf Grund einer betr. Mit- theilung des Geistlichen von der Direction durch Anschlag bekannt gege- ben. Ebenso gilt Vorstehendes, für den Fall ein Gottesdienst einmal ausfallen müßte. Am Fastnacht-Dienstag Abends 6 Uhr findet regelmäßig ein bergmänni- scher Dankgottesdienst statt (Predigt), welcher abwechselnd von dem katholischen und protestantischen Pfarrer abgehalten wird. 7. In den Monaten October, November, Dezember, Januar, Februar und März beginnt der Morgengottesdienst um 8 Uhr und der Nachmittags- gottesdienstum 3 Uhr, in den übrigen Monaten Morgens um 8 Uhr und Nachmittags um 4 Uhr. Betreffend genauer Einhaltung dieser Zeit wird die Bahnzeit zu Grunde gelegt. 8. Die Küster haben sich gegenseitig beim Läuten der Glocken zu unter- stützen und ebenfalls auch das Treten des Orgelbalges zu besorgen, bei- des durch Schuljungen zu besorgen, ist untersagt. Die Küster haben Punkt 8, 3 oder 4 Uhr mit dem Läuten der Glocken zu beginnen und zwar 5 Minuten lang zu läuten, dann beginnt der Gottes- dienst. 9. Derjenige Küster, welcher Sonntags früh Gottesdienst hat, hat Samstags Abends 5 Minuten lang um 6 Uhr zu läuten. 10. Zur Erledigung derjenigen Fragen, welche sich auf die Instand- haltung und Benutzung des Kirchengebäudes beziehen, sowie zur Be- schlußfassung über die Verwendung der in der gemeinsamen Opferbüch- se für Armenzwecke verfallenden milden Gaben treten die Mitglieder bei- der Kirchenvorstände unter dem Vorsitz des Ältesten der beiden Werksdi- rektoren zu einer Sitzung zusammen. Solche Sitzungen finden regel- mäßig alle 6 Monate, außerdem so oft statt, als die Direction dies für nothwändig hält. Die von den Kirchenbehörden angeordneten Collekten für allgemeine kirchliche Zwecke fallen nicht unter diese Bestimmung. 11. Die beiden Lehrer (katholische und protestantische) haben sich betr. des Organistendienstes gegenseitig zu vertreten. Auf Grund obiger Bestimmung übergeben wir am 14. Juli 1889 den beiden Confessionen (katholischen und protestantischen) dahier die neue Kirche zur Benutzung.   Silber- und Bleibergwerk Friedrichssegen Die Direction gez: Heberle sen. Heberle jun. die von der katholischen Gemeinde Der Kirchenvorstand der gewählten Vertreter: evangelischen Gemeinde gez. J. Künsch, A. Schier, Heberle sen., Müller J. Zoll, F. Weckerle A. Gensmann, F. Vietor - - - -   Es war die Blütezeit des "Bergbaudorfes Friedrichssegen". Dies zeigte sich unter anderem auch an einem regen Vereinsleben. 1879 wird der Kriegerverein "GLÜCK AUF" gegründet. Dieser bestand noch 1929, wie Bilder aus dieser Zeit bestätigen. Zur Gründung des Kriegervereins "Glück auf" gab es einiges im Lahnsteiner Anzeiger zu lesen. Am 1. Juli 1879 wird berichtet (Ausgabe 75): Man geht hier wieder einmal mit der Absicht um, einen Kriegerverein zu bil- den. Man hätte gern schon längst eine solche Vereinigung gehabt, jedoch es blieb stets bei dem frommen Wunsche. Im vorigen Jahre standen wir nahe vor seiner Erfüllung, aber - wie das so geht - da bläßt der Wind plötzlich aus einem anderen Loche und - das Wetter ändert sich. Es ist aber Zeit, daß hier eine Vereinigung entsteht, die den Patriotismus hegt und pflegt, denn die Wogen desselben scheinen im "Kölsch Loch" ganz bedeutend im Sinken begriffen zu sein. Unseres Heldenkaisers letzter Geburtstag und der schöne Tag des 11. Juni gingen hier spurlos, ohne irgend eine Feier vorüber, während in der Nachbar- schaft und in ganz Deutschland, ja weit über dessen Grenzen hinaus, diese Jubeltage mit freudigem Herzen begrüßt werden. Auf diesen Bericht hin sandte der damalige Lehrer Wilhelm Voye einen Leserbrief ein, der hier wiedergegeben werden soll: E i n g e s a n d t. In der Nummer 81 des "Nassauer Boten" befindet sich eine Erwiderung auf den Artikel "Grube Friedrichssegen, den 1. Juli" in Nr. 75 dies. Blattes. Daß für diese Erwiderung der "Nass. Bote" gewählt worden, ist mir ein Zeug- nis, daß der Hieb da sitzt wo er sitzen sollte, - und das freut mich. Auf den sachlichen Theil dieser Erwiderung einzugehen lohnt sich nun kaum noch der Mühe. Da man mich aber darin der Unwahrheit zeiht, muß ich doch in kurzen Worten darauf zurück kommen. Die Schulfeier am 11. Juli wird vorgeschoben. Diese hat allerdings stattgefunden, sie war von der königl. Regierung angesetzt, und ich hätte sie mir auch nicht nehmen lassen. Ich habe sie arrangirt und die Direktion der Grube Friedrichssegen ist mir in gewohnter Weise hierbei zur Hand gegangen. Diese Schulfeier ist jedoch ein für sich Bestehendes und gar nicht zusammenhängend mit dem in jenem Artikel gerügten Ausfall von der arrangirten Festlichkeit, an welche Friedrichssegen bereits seit Jahren gewöhnt war. Wenn es nach dem Willen des Herren Verfassers jenes "Eingesandt" gegangen wäre, so hätte auch die Schulfeier ganz gewiss nicht stattgefunden, denn der werthe Herr ist ja "principiell" gegen solche Festlichkeiten, wie die, um die es sich hier handelt. Die "heitere Gesellschaft" im Casino am 11. Juni, deren Erwähnung mit heraushelfen soll, war nichts Arrangirtes, sondern zufällig Zusammengefundenes, in welchem sich schließlich, allerdings in "später Stunde", der gute Geist Friedrichssegens in einem Toast durch Herrn Bergverwalter H. Bahn brach. Wenn der Herr Verfasser findet, daß das für die Schule gemalte und an jenem Abend im Casino als Mahnung an das Fest von mir eigenmächtig angebrachte Bild des hohen Jubelpaares der "heiteren Gesellschaft" einen festlichen Anstrich gab, so ist das mir eine besondere Freude. - Die Floskel: brillante Illumination - großartiges Feuerwerk - glänzender Ball - mehrstündiges Festessen " klingt lächerlich und schlägt sich von selbst. Was nun die lange, mit Moralpredigt aufgebauschte Erörterung über die Möglichkeit eines Kriegervereins in Friedrichssegen anbetrifft, so zeigt der Herr Verfasser darin, daß er auch nicht die geringste Kenntniß des Zwecks und der inneren Verfassung einer solchen Vereinigung hat. Über den Mangel an Persönlichkeiten kann ihn eine in meinen Händen sich befindende, von 35 in Friedrichssegen ansässigen Kriegern unterzeichnete Liste, aufklären. Und nun zum Schluß theile ich dem Herrn Verfasser des "Eingesandt" mit, daß ich nicht Willens bin - diese Fethe öffentlich fortzuführen - da erstens, dergl. Conflikte für das nicht betheiligte Publikum langweilig werden und Friedrichssegen als betheiligt, nur über 2 Exemplare des "Nassauer Boten" verfügt, und zweitens, da der Schluß von solchen Kriegen ja gewöhnlich das Machtwort der Redaktion ist: "Wir nehmen nichts mehr auf"." - Ich stelle mich jedoch dem werthen Herrn Gegner zur Verfügung, in dem ich meinen Namen nenne und erwarte von ihm eine Gleiches in seinem Organ dem "Nassauer Boten". Grube Friedrichssegen. Wilhelm Voye, Lehrer Die berühmten Zeitungsleserbriefe gab es auch schon im Jahre 1879. Es gab aber auch damals schon Bürger, die sich über gewisse Zeiterscheinungen ihre Gedanken machten und das "DAFÜR" oder DAGEGEN" öffentlich kundtaten. Das war damals nicht ganz ohne gewisse Risiken . So lesen wir dann auch in der Friedrichssegener Schulchronik aus dem Jahre 1879: In Folge eines Artikels, welcher im Lahnsteiner Anzeiger erschien und von dem scheinbaren Sinken des patriotischen Gefühls hierselbst sprach und auf die Bildung eines Kriegervereins hinweißt, wurde dem Leher (Voye), weil er in Verdacht stand, diesen Artikel geschrieben zu haben, von der Direktion durch Schreiben vom 11. Juli auf den 31. August gekündigt. Der Lehrer bat daraufhin die königl. Regierung um Versetzung, die auch gewährt wurde. Dieser Artikel und die direkten Folgen waren dann wohl auch der Anlaß, daß das Patriotische in Friedrichssegen wieder mehr gepflegt wurde. So konnte man dann im Jahre 1880 lesen: Grube Friedrichssegen, den 22. März Der Geburtstag unseres Kaisers wurde von der Schuljugend in dem Lehrsaale entsprechend gefeiert. Die ungünstige Witterung erlaubte keine Feier im Freien. Die Schüler wurden wie immer, so auch jetzt reichlich beschenkt. Am heutigen Abende versammelten sich sämtliche Beamten des hiesigen Ortes im Casino, um unter Anwesenheit der Direction den Geburtstag unseres Kaisers ebenfalls festlich zu begehen. Die Mehrzahl der Erschienen waren Grubenbeamten in der kleidsamen Uniform des Bergmannsstandes. Um 8 Uhr Abends nahmen die Versammelten in dem festlich schön decorirten Casinosaale ein Festmahl ein. Nach der Mahlzeit brachte Herr Dirctor Heberle einen Toast auf den Kaiser aus, in welchem sich die herzlichen Glückwünsche zu seinem heutigen Geburtstage und für sein ferneres Leben hervorgehoben, worauf die Musik die National-Hymne spielte und die Versammlung das Lied kräftig mitsang. Herr Ingenieur Heberle schlug vor, ein Telegramm an Seine Majestät unseren Kaiser abgehen zu lassen. Daselbe wurde abgefaßt: Sr. Majestät dem deutschen Kaiser. "Ein froh Glück auf den Heldenkaiser!" Die Knappschaft der Grube Friedrichssegen bei Oberlahnstein und wurde sofort befördert. Nach dem Gesang des Liedes: "König Wilhelm's einziger Fritze" toastirte Herr Lehrer Weber auf den Kronprinzen und gab besonders dem Wunsche Ausdruck, daß der hohe Herr von seiner Reise nach Petersburg glücklich wiederkehre in die Mitte der Millionen, die mit herzlicher Liebe ihn verehren. Herr Verwalter Heberle brachte auf das Wohl des gemeinsamen Vaterlandes, Deutschland einen Toast aus, anlehnend an die, bei der Dekoration angebrachte Devise: Treu und fest mit Herz und Hand, Stehen wir zum Vaterland! und schloß mit dem Liede: " Deutschland, Deutschland über alles". Herr Dr. Thier sprach in der Eigenschaft als Landwehroffizier zu den anwesenden Kriegern, daß ein Zusammenstehen zur Zeit des Erfordernisses fester Entschluß und Wille sei. Noch einige andere Toaste folgten und das echt deutsche Nationalgefühl kam zum erhebenden Ausdruck in den schönen Klängen der schönsten National- lieder. Getreu dem Ausdruck in dem Liede: " Im Wein ist Wahrheit" wurde dem edlen Safte alle Ehre angethan, und die ganze Versammlung lößte sich spät mit dem frohen Gefühle auf, das nationale Fest des Geburtstag unseres Monarchen würdig begangen zu haben. 1889 wird ein Beamten-Gesang-Verein erwähnt. Im gleichen Jahr wurde der bergmännische Gesangverein "GLÜCK AUF" gegründet. Im Jahre 1890 traf die Grube Friedrichssegen ein erstmaliges Ereignis: Am 19. Februar brach zwischen der 5. und 6. Tiefbausohle im 18 Gang- mittel ein Grubenbrand aus. Dabei kommt der Bergmann Rau aus Dahlheim in den Flammen um, der Bergmann Elberskirch aus Frücht konnte vor dem Ersticken gerade noch ge- rettet werden. 5 Grubenpferde werden ein Raub der Flammen. Die gesamte Grube war vom 20. Februar bis 10 März 1890 geschlossen. Zu diesem Ereignis erstellte die "11te Gendarmeriebrigade" , Wiesbadener Offizier - Distrikt - Diezer Beritt eine Anzeige 0013 über eine Betriebsstörung auf der Grube Friedrichssegen aus. An St. Goarshausen Dem Königlichen Landrathsamt melde ich gehorsamst: Nach Kenntnis und den hierauf angestellten Recherchen zu FS habe ich in Erfahrung gebracht, daß am heutigen Vormittag bei der Anfahrt der zur Schicht, seitens der Bergleute und Beamten wahrgenommen worden ist, daß aus der Grube ein absonderlicher Stickqualm hervorströmte, welcher Besorgnis erzeugte. Es waren etwa 1 Stunde zuvor(sic) schon 2 Bergleute in die Grube gelassen, welche ihre Beschäftigung an der Borhmaschine haben, diesen wurde deshalb ein Signal mit einer Anfrage gegeben, jedoch erfolgte keine Rückantwort. Hierauf begaben sich einige beherzte Beamte durch den Hauptschacht in die Grube und war es denselben unter größter Lebensgefahr durch ersticken noch möglich, von den beiden ersteren in die Grube gefahrenen Bergleuten den ELBERSKIRCH von Frücht aufzufinden und durch Hülfe des Herrn Dr. Schuberts wieder in das Leben zurückzurufen, während der zweite Bergmann durch die stark hervortretende Stickluft nicht mehr zu finden war, derselbe heißt RAU und ist aus Dahlheim, somit durch die Stickluft getödtet. Die Stickluft ist nach Wahrnehmung nur Rauch, welcher durch irgendeinen Brand des Bauholzes auf einer Sohle in der Grube entstammt, jedoch ist es nicht möglich, jetzt schon festzustellen, auf welcher Sohle dasselbe brennt. Die auswärtigen Bergleute sind hierauf bis auf weiteres entlassen, da es nicht abzusehen ist, wann die Arbeit wieder aufgenommen werden kann, denn bevor der Brand nicht vonselbst ausgeht, ist die Grube nicht zu besteigen. Die Enstehungsursache ist unbekannt. Cöster Fußgendarm Am 21. März 1890 0018 Meldung über die Wiederaufnahme des Betriebs der Grube FS ... melde ich gehorsamst: Nachdem der Bergwerksbetrieb der Grube FS meines Patroullienbezirkes am 18. des Monats (Irrtum, er meint den 18. Februar 1890) durch die einge- tretenen Stickgase eingestellt werden mußte, so daß die Bergleute so nach und nach fast alle beschäftigungslos geworden waren und keinen Verdienst mehr hatten, ist es den wiederholten Bemühungen der Direktion gelungen, eine gewisse Abgrenzung herzustellen, um einen Theil des Grubenfeldes von den Stickgasen abzuschließen und den Bergwerksbetrieb wieder auf- zunehmen. Zur Übersicht der Begrenzung des geschlossenen und offenen Grubenfeldes füge ich eine kleine Skizze ebenmäßig bei. Der völlige Betrieb ist daher noch durch die Begrenzungen nicht vollständig aufgenommen, indem verschiedene Strecken abgegrenzt sind, und auch die entlassenen Arbeiter theilweise auf anderen Gruben die Woche dortselbst durcharbeiten, auch ein Theil nicht wieder zurückkommen wird, obgleich sie durch die Post zur Wiederaufnahme der Arbeit benachrichtigt sind. Es arbeiten zur Zeit in der Grube etwa 75 Mann, ein kleiner Theil auf dem Pochwerk und wieder andere an dem Wegebau. Es sind in allem etwa 250 Mann, die Hälfte der früheren Belegschaft, somit in Arbeit. - - - - Im Hauptmaschinenschacht läuft 1890 pro Minute 1 m3 Wasser zu = 1440 m3 pro Tag zu. ---- Aus der veröffentlichten Bilanz für das Geschäftsjahr 1890/1891 geht hervor, daß ein Reingewinn von 56 338 Mark erzielt wurde und daß das Gesellschaftskapital und Reservefonds zusammen 1 302 901 Mark betragen. Die Gewerkschaft der Grube Friedrichssegen erwirbt im Distrikt "Unterhahn" 6 Morgen Waldgelände zur Erweiterung der Förderanlagen beim Schacht "Providence" = Zuversicht. In der Zwischenzeit brachte man den Hauptmaschinenschacht weiter nieder: 1870 hatte man die 4. Tiefbausohle angesetzt und mit dem Weiterteufen zur 5. Tiefbausohle begonnen. 1875 war die 6. Tiefbausohle und 1876 die 7. Tiefbausohle angesetzt. 1872 begann die Gesellschaft zur Untersuchung der westlichen Gangfortsetzung zwischen dem Hauptmaschinenschacht und dem Bärnskopf mit dem Vortrieb des Felix-Stollens (s. Anhang 2, Nr. 40). Bereits um 1865 hatte man auf der Heinrich-Stollen-Sohle einen Maschinen- schacht als Blindschacht abgeteuft, um den dort auftretenden liegenden Gang zu erfassen und abzubauen. Dieser Blindschacht hatte 1875 die 6. Tief- bau-Sohle erreicht und war 1877 mit dem Hauptmaschinenschacht durchschlägig geworden. Der Remy-Stollen wurde im Jahre 1876 von der III.Tiefbausohle aus angesetzt. Das Mundloch befindet sich unweit des Früchter Judenfriedhofes. Er hat mit seinem nach rechts gehenden Abzweig eine Länge von 552 m und mit seinem nach links gehenden Abzweig eine Länge von 437 m. Im Jahre 1884 wurde dann in 484 m, bezogen auf den Tagschacht (= +242m üNN und -242 üNN), die 11. Tiefbausohle erreicht. Danach wurde erst wieder in den Jahren 1889 bis 1893 der Schacht Providence -Zuversicht- bis auf die Teufe von 89 m und zu einem bis jetzt noch unbekannten Zeitpunkt der Früchter Schacht bis zur Teufe von 103 m auf die Peter-Stollen-Sohle gebracht.   Die Erzergibigkeit hat sich trotz aller getroffenen Maßnahme immer weiter verschlechtert.   1892 ging die Cholera auch in Deutschland, Gott sei dank nur selten auftretend, um. Für alle Eventualitäten hatte die Grubenverwaltung in der Nähe des Bahn- hofes eine Baracke, die mit 3 Betten ausgestattet ist und zur Aufnahme eventueller Cholerakranker dienen soll, herstellen lassen. Seit voriger Woche werden deshalb auch alle Aborte wöchentlich drei Mal desinfizirt. Die Baracke steht unter der Aufsicht des Knappschaftsarztes Dr. Schenk, Oberlahnstein. Am 1. Oktober berichtet der Lahnsteiner Anzeiger: Ganz Friedrichssegen ist festlich geschmückt, denn es gilt heute, das 25jäh- rige Dienstjubiläum unseres allverehrten Herrn Directors Carl Heberle junior, zu feiern. Von seiten der Beamten und Arbeiter wurde Abends nach 7 Uhr ein schöner Fackelzug arrangirt, voran die Kapelle der Coblenzer Pioniere welchen sich die Belegschaft in Uniform und Grubenlampen in der Hand mit ihrer Fahne anreihte. An der Wohnung des Jubilars angekommen, hielt Herr Beilstein eine kurze Ansprache, in welcher derselbe hervorhob, daß der Jubilar ent- sprechend seinem Wahlspruche "Fest und Treu mit Herz und Hand stehen wir zum Bergmannsstand" in den verflossenen 25 Jahren Friedrichssegen zu dem gemacht habe, was es heute sei, so daß das Werk allen anderen ebenbürtig zu Seite stehen könne. Besonders hob er hervor, daß allen unser verehrter Jubilar nicht blos als Vorgesetzter und Kamerad bekannt sei, sondern auch als Wohltäter, denn wo es galt Armen und Nothdürftigen zu helfen, da sei er stets freudig dazu bereit gewesen. Nach dieser Ansprache übereichten drei in herrlicher Germanentracht gekleidete Pochjungen unter Vortrag eines sinnreichen Gedichtes dem Jubilar ein von der Casinogesellschaft gestiftetes, in echtem Bergmannsstil künstlerisch ausgestattetes Diplom. Nachdem der Jubilar in beregten Worten seinen Dank ausgesprochen hatte, wurde die Fahne unter den Klängen des Steigermarsches zurückgebracht. Die Beamten vereinigten sich mit ihren Angehörigen später im Casino zu einer geselligen Unterhaltung, welcher auch der Jubilar mit seiner Familie beiwohnte. Gegen 1/2 8 Uhr fand das Fest durch Feuerwerk und bengalische Beleuchtung, welcher unser schönes Kirchlein in prachtvollem Lichte erschien, einen würdigen Abschluß. - - - - Die Gewerkschaft der Grube Friedrichssegen wollte sich wohl aus der Er- kenntnis heraus, daß die Erzvorkommen einmal ganz ausgebeutet sind, ein zweites Standbein - das Tonwerk - schaffen. Hierzu lesen wir im Lahnsteiner Tageblatt vom 13. Oktober 1893: Friedrichssegen, 13. Okt. Die Gewerkschaft unserer Grube hat in der Nähe der Bahnstation eine Anzahl großer Neubauten errichtet, welche zum Betrieb einer Fabrik behufs Herstellung von feuerfesten Steinen und Verblendziegeln einge- richtet wird. Es soll auch eine Drathseilbahn nach dem rechten Lahnufer eingerichtet werden, welche das Rohmaterial anliefert. Die Drahtseilbahnanlage brachte das benötigte Material aus der auf der rechten Lahnseite hinter dem Geierskopf gelegenen Tongrube. Mit diesem Material wurden: Voll-, Loch-, Gewölbe-, und Kaminsteine sowie die Friedrichssegener Rippenziegel hergestellt. Außer einer Anzeige finden wir erst am 10. März 1896 eine weitere Notiz über dieses Tonwerk: In der Nr. 39 vom 10. März 1896 steht zu lesen: Vor einigen Jahren berichteten wir über ein in der Nähe der Station Friedrichssegen errichtes Thonwerk. Dieses, der Gesellschaft des Silber- und Bleibergwerks daselbst gehörent, welches Anfangs nur in schwachem Betrieb war, hat derart mit Aufträgen die- ses Jahr zu thun, daß eine Erweiterung des Betriebs geplant wird. Andererseits soll nochmals eine Reduzierung des Grubenbetriebes, welcher bei den augenblicklichen Verhältnissen des Metallmarktes nicht rentabel ist, in Aussicht stehen. Zweifellos werden überflüssige Arbeitskräfte, soweit dies angängig, auf dem Thonwerke auch ferner Beschäftigung finden, wenigstens ist bei der Fürsorge, welche die Gesellschaft bisher stets für ihre Arbeiter hatte, nicht anders anzunehmen. Über alle Freude, daß das Tonwerk auch weiterhin gute Fortschritte macht, wollen wir aber auch nicht vergessen, daß der allseits verehrte Herr General-director Heberle Geburtstag hatte. Am 11. Januar wird daher berichtet: Gestern Abend brachte nach der Emser Zeitung der Gesangverein "Glück auf" von Grube Friedrichssegen seinem Ehrenmitglied, Herrn Director Heberle hierselbst, ein Geburtstagsständchen. Der gefeierte war auf das freudigste überrascht und lud die Sänger sofort zu längerem Aufenthalte ein. Eine ungezwungene Unterhaltung, zu welcher ein guter Tropfen rheinischen Rebensaftes nicht wenig beitrug, war bald im Gange. Während des Abends erhob sich der Präsident des Vereins und feierte in beredten Worten die großen Verdienste des Herrn Generaldirectors. Derselbe dankte in herzlicher Weise und sprach die Hoffnung aus, daß für den Bergbau und somit auch für Friedrichssegen mit Gottes Hilfe bald bessere Tage kommen werden. Mit "Glück auf zum neuen Lebensjahr" verließen gegen 10 Uhr die Sänger das gastliche Haus.   In Nr. 48 vom 26. März 1896 finden wir wieder einen Hinweis, daß Arbeits- kräfte von der Grube zum Thonwerk umgesetzt wurden. Der technische Fortschritt findet auch Eingang beim Thonwerk. Unter dem 8. November 1896 lesen wir: Unser Thonwerk, welches sich immer noch bedeutender Vergrößerungen zu erfreuen hat, steht seit dieser Woche während der Dunkelheit im Glanze des elektrischen Lichtes. Einstweilen sind nur zwei Bogenlampen angebracht, die aber baldigst durch zwei weitere Lampen vermehrt werden sollen. Die Gemeinde Miellen, auf deren Gemarkung das Thonwerk sich befindet, berichtet am 22. Februar 1900 in der Ausgabe Nr. 29 des Lahnsteiner Tageblattes: Wie bereits in diesem Blatte mitgeteilt, kommt zu dem auf unserer Gerechtig- keit liegenden Thonwerk Friedrichssegen baldigst auch das gesamte Bureau des Thonwerks. Mit dieser Übersiedelung aus der Gemarkung Oberlahnstein nach unserer Gemarkung geht, so viel nunmehr feststeht, auch die Postagentur Friedrichssegen über. Hierdurch bekommen wir eine Postagentur, aber die Briefe Bestellung erfolgt wie seither von der Postagentur der Nieverner Hütte aus. Diese Übersiedlung der Verwaltung (Bureau) des Thonwerks aus der Gemarkung Oberlahnstein in die Gemarkung Miellen hat als Grund die Aus- gliederung des Tonwerkes aus der Bergbau-AG. Beim Verkauf der Grube im Jahre 1900 ist das Tonwerk nicht mit verkauft, sondern als eigenständige "Gesellschaft des Thonwerks" zu Friedrichssegen gegründet worden. Anteils- eigener waren hauptsächlich ehemalige französische Aktionäre der Gruben-AG. Hierzu weitere Zeitungsberichte aus dem Lahnsteiner Tageblatt: Friedrichssegen 5. März 1900 Das Thonwerk zu Friedrichssegen hat seine Fabrikanlagen bedeutend vergrö- ßert und zieht sich ein Bau von stattlicher Größe jetzt an der Lahn entlang. Augenblicklich beschäftigt das Werk 120 Arbeiter, die Arbeiterzahl wird sich nach Aufstellung der neuen Falzziegelpresse, welche in den nächsten Tagen erfolgen soll, noch um ein Bedeutendes vermehren. Die Direktion der Gesell- schaft ist besorgt ihren Arbeitern in jeder Weise entgegenzukommen so hören wir, daß dieselbe mit Herrn Froembgen in Oberlahnstein ein Abkommen getroffen hat, nach welchem derselbe für die Arbeiter des Thonwerkes eine Filiale zum Verkauf von Lebensmitteln in einem, dem Thonwerk gehörigen Wohnhause, in der Nähe des Bahnhofs errichtet, ebenso wird Herr Victor Meyer von der Wolfsmühle den Arbeitern wöchentlich zweimal das Brot nach dem Werke bringen. Dieses Abkommen des Tonwerkes mit den beiden Händlern, bedeut die erste, vom Consumverein Glück auf losgelöste Versorgung von Teilen der Friedrichssegener Bevölkerung mit Lebensmitteln. Am 8. März 1900 lesen wir: Da das Thonwerk sich bedeutend vergrößert und an Mannschaft stark zugenommen hat, ist es auch der alten Stammmannschaft gelungen eine eigene Musikkapelle zu schaffen. Die Kapelle besteht aus 11 Mann (2 Piston, Trompeten, 2 Flügelhörnern, Posaune, Althorn und Tuba). Zum Kapellmeister ist der Musiker Georg Pfaff aus Friedrichssegen ernannt worden. Und schon wieder am 8. April 1900 steht zu lesen: Die neu gegründete Musikkapelle der Arbeiter des Thonwerks Friedrichssegen sowie der Gesangverein "Eintracht" brachten am Freitag, am Vorabend seines Geburtstages Herrn Direktor A. Heberle einen Fackelzug dar. Auf eine Ansprache, welche ein Arbeiter im Namen seiner Kameraden hielt, dankte Herr Heberle, in dem er seinem Erstaunen Ausdruck gab, daß der Musikverein nach so kurzem Bestehen schon so schönes zu leisten im Stande sei und sagte beiden Vereinen seine Mithülfe für ihr Weiterbestehen zu.   Bereits am 14. August 1900 wurde mitgeteilt, daß die Gesellschaft der Thonwerke zu Bahnhof Friedrichssegen mit der Rufnummer 31 an das Fernsprechnetz Ober- und Niederlahnstein angeschlossen wurde. Desweiteren lesen wir: Feuer im Schlafsaal des Thonwerkes in Friedrichssegen am 28. 12. 1900. Durch die Umsicht eines Arbeiters konnte jedoch ein großes Unglück ver- mieden werden. 9 Arbeiter erlitten Rauchvergiftungen. Am 16. 11. 1901 : Wegen der Vergrößerung und Umbau der verschiedenen Maschinen und dem im Winter stets eintretenden geringen Absatzes in der Thonindustrie wurde von der Direktion des hiesigen Thonwerkes einer Anzahl Arbeiter gekündigt, die Arbeiten vom 1. Dezember auf 3 Monate auszusetzen. Zwischenzeitlich wurde die "Aktiengesellschaft des Thonwerks zu Friedrichssegen an. d. Lahn" gegründet. In Generalversammlungen vom 17. Juli 1902 und 12. November 1902 waren wichtige Entscheidungen hierzu getroffen. Der Gerichtsvollzieher Giese, Niederlahnstein Teilt mit: Freiwillige Versteigerung Samstag, den 21. März 1903, Nachmittags von 2 1/2 Uhr ab werden im Auftrage der Aktiengesellschaft des Thonwerks zu Friedrichssegen a. d. Lahn in deren Geschäftslokal auf Grund der Beschlüsse der Generalversammlungen vom 17. Juli und 12. November 1902 behufs Herabsetzung des Aktienkapitals 9 Actien im Werthe von je 1000 Mark öffentlich meistbietend gegen baar versteigert. Niederlahnstein, den 12. März 1903 Giese, Gerichtsvollzieher. Ständig wird das Thonwerk auf den neuesten technischen Stand gebracht. Dazu wird im Thonwerk ein Gebäude mit Öfen zur Erwärmung u. Impräg- nierung gebrannter Dachziegel errichtet. Die Gemeinde Miellen gibt dazu bekannt: Miellen Bekanntmachung Die Aktiengesellschaft des Thonwerk Friedrichssegen a. d. Lahn beabsichtigt auf ihrem Grundbesitz "auf'm Ahler-Felde" hiesiger Gemarkung und zwar unmittelbar neben ihrer Fabrikanlage, nach Maßgabe der eingereichten Zeichnungen und Pläne, bezw. Be- schreibungen ein Gebäude mit Oefen zur Erwärmung u. Imprägnierung gebrannter Dachziegel zu errichten. Dieses Vorhaben bringe ich hierdurch mit der Aufforderung zur öffentlichen Kenntnis, etwaige Einwendungen binnen 14 Tage auf dem Bür- germeisterzimmer hier schriftlich in zwei Exemplaren oder zu Protokoll anzu- bringen. Nach Ablauf dieser Frist können Einsprüche in dem Verfahren nicht mehr angebracht werden. Die Zeichnungen und Beschreibungen liegen während der oben bezeichneten Frist auf dem Bürgermeisterzimmer hier zur Einsicht aus. Zur mündlichen Erörterung der gegen das obenbezeichnete Projekt etwa rechtzeitig erhobene Einwendungen wird hierdurch Termin auf   Samstag, den 15. August er., Vormittags 11 Uhr, auf dem Bürgermeisterzimmer mit der Eröffnung anberaumt, daß im Falle des Ausbleibens des Unternehmers oder des Widersprechenden gleich- wohl mit der Erörterung der Einwendungen vorgegangen wird.   Miellen, den 26. Juli 1903   Der Bürgermeister, S a b e l Im Lahnsteiner Tageblatt erscheint eine Notiz: Oberlahnstein, den 6. Nov. Das zur Zeit gut beschäftigte Thonwerk Friedrichssegen verladet zur Zeit hier im Hafen eine für Hamburg bestimmte Schiffsladung Dachziegel - 60 000 Stück -. Wegen des anhaltend guten Auftragseinganges beabsichtigt das Tonwerk Friedrichssegen, um die Falzziegelproduktion zu erhöhen, neue Einrichtungen anzulegen, um ein rascheres Trocknen der Waren zu ermöglichen. Diese Neuanlagen sollen im Laufe der Wintermonate hergestellt werden und dann im Frühjahre die Arbeiterzahl des Werkes vergrößert werden. Durch die Veröffentlichung eines Eintrages in das Handelsregister beim Königlichen Amtsgericht in Niederlahnstein erfahren wir mehr über die Aktiengesellschaft des Thonwerks zu Friedrichssegen an der Lahn: Bekanntmachung In das Handelsregister B ist heute zur Firma   "Aktiengesellschaft des Thonwerks zu Friedrichssegen a.d. Lahn" eingetragen worden: Die Herabsetzung des Grundkapitals um 200 000 MK. nach Beschluß der Generalversammlung vom 17. Juli 1902 und um weitere 100 000 Mk. nach dem Beschluß der Generalversammlung vom 12. November 1902 ist erfolgt. Hiernach beträgt das Grundkapital 100 000 MK. Nach dem Beschluß der Generalversammlung vom 12. November 1902 soll das Grundkapital um 500 000 erhöht werden. Die Erhöhung ist erfolgt. Hiernach beträgt das Grundkapital nunmehr 600 000 MK. Es wird öffentlich bekanntgemacht: Die Erhöhung des Grundkapitals erfolgt durch Ausgabe von 500 Stück Aktien zum Nennwert von 1 000 MK., die zum Nennwert ausgegeben werden. Hiervon sind 200 Stück Inhaberaktien. 300 Stück Namenaktien. Die 200 neuen Inhaberaktien sind von den übrigen dadurch bevorzugt, daß sie von dem jährlichen Reingewinn 6 % vorweg erhalten und daß bei der Verteilung des Gesellschaftsvermögens ihnen der Nennwert vorweg ausbezahlt wird; dann erst wird der Nennwert der Stammaktien ausbezahlt, während der Rest der Liquidationsmasse nach Verhältnis der Aktienbeträge verteilt wird. Sollte in einem Jahre eine Zuteilung von 6 % auf die Vorzugsaktien sich nicht ermöglichen lassen, so wird der Ausfalll auf die Dauer von immer einem Jahre, jedoch nicht über 4 Jahre hinaus, gestundet und ist aus dem Ergebnis des folgenden Jahres zu bezahlen. Die 300 neuen Namenaktien sind von den Hypothekengläubigern nämlich: Baron Sabatiè, Gutsbesitzer zu Paris, Baron von Vavaseur, Gutsbesitzer zu Paris, C. Heberle, (der ältere), früher Generaldirektor zu Oberlahnstein, Anton Lessing, Commerzienrat zu Oberlahnstein, E. Duplay, Professor zu Paris, C. Heberle, Generaldirektor Niederlahnstein in der angegebenen Reihefolge mit 160, 100, 20, 11, 5, 1 und 3 Stück übernommen. Die Genannten legen in Anrechnung auf die ihnen darauf zu leistenden, aus dem Vorstehenden sich ergebenden Beträge, die ihnen gegen die Gesellschaft und zwar in der angegebenen Reihenfolge zu 160 000 MK., 100 000 MK., 20 000 MK., 11 000 MK., 5 000 MK., 1 000 MK. und 3 000 MK. zustehenden, zu 6 %, auf den Immobilien der Gesellschaft in den Gemarkungen Miellen und Horchheim hypothekarisch eingetragenen Forderungen an Zahlungsstatt ein.   Niederlahnstein, den 23. November 1903 Königl. Amtsgericht Friedrichssegen, den 26. Oktober 1908 Das hiesige Tonwerk, insbesondere der Pressenbetrieb, ist wegen großer Vorräte und geringem Absatzes infolge der so schwachen Bautätigkeit vor- übergehend teilweise stillgelegt worden. Ofenbetrieb, Tongrube und auch die Verladung bleiben, soweit nötig, in Betrieb. Sobald sich die Bautätigkeit hebt und auch wenn es der Ofenbetrieb bedingt, wird der Pressenbetrieb wieder aufgenommen werden. Am 5. November wird schon wieder berichtet: Tonwerk Friedrichssegen Wie uns mitgeteilt wird, nimmt das Tonwerk infolge erhaltener größerer Lie- ferungen ab nächsten Montag den Betrieb wieder in vollem Umfange auf. Für viele Familien ist dies eine sehr erfreuliche Nachricht. Wollen wir hoffen daß dies so bleibt. Die Besitzverhältnisse des Tonwerks haben sich geändert. Unter dem 27. Februar 1912 wird berichtet, daß die hiesige Nassauische Tonindustrie, Gebr. Lachs, G. m. b. H., von der Gemeinde Horchheim ein im Walde unweit Friedrichssegen auf der rechten Lahnseite gelegenes Grundstück in Größe von 1 848 Ruten zum Preise von 13 022, 76 Mark erworben hat. In diesem Grundstück wird Ton zur Herstellung der Ziegel gewonnen und mittelst einer Drahtseilbahn nach dem Werk befördert. Ein Jahr später, am 21. Februar 1913 wird über das Tonwerk berichtet, daß es seit Weihnachten 1912 den Betrieb eingestellt hat, um Reinigungen und Wie- derherstellungen vorzunehmen. Den Vollbetrieb wird das Tonwerk in den nächsten Tagen wieder aufnehmen. Gegenwärtig werden täglich Wagen Ton nach dem Kannenbäckerland verladen. Das Werk hat umfangreiche Tonlager auf der Schmittenhöhe in der Nähe des Schafsstalles. Der Ton wird von dort mit einer Drahtseilbahn nach dem über 3 Kilometer entfernten Werk oder Station Friedrichssegen befördert und von hier aus versandt. Wir erfahren am 5. November 1913: Das hiesige Tonwerk, Gebr. Lachs aus Düren gehörig, ging am 1. November 1913 durch Kauf an den Ziegelfabrikan- ten Edelhoff über. Der neue Besitzer will die Fabrikanlagen und Tongrubenfelder bedeutend erweitern. Hierzu wird am 4. Dezember 1913 ergänzend berichtet: Die Nassauische Tonindustrie, Gebr. Lachs, G.m.b.H., ging durch Kauf in den Besitz des Herrn Edelhoff (Dortmund) über und wird unter dem Titel Ziegelwerk Ems G.m.b.H. (Dortmund), weitergeführt. Das Werk wird bedeutend vergößert, u.a. wird der Bau eines großen Zickzackofens mit 60 Meter hohem Schornstein ausgeführt. Friedrichssegen, den 29. November 1913 Glänzender Erfolg eines Polizeihundes Vorgestrige Nacht wurde einer bömischen Arbeiterin auf Tonwerk Friedrichssegen aus ihrer Kammer ein Betrag von 500 Mark gestohlen. Der Diebstahl wurde alsbald bemerkt und der Polizei gemeldet. Gendarmeriewachtmeister Stöhrmann aus Braubach begab sich sogleich mit seinem Polizeihunde auf den Tatort, wo der Hund auf die Spur gesetzt wurde. Der Hund verfolgte die Spur und stellte einen Fabrikarbeiter aus Braubach. Nach längerem Leugnen gestand er die Tat. Das Geld hatte er in der Nähe der Stadt vergraben und fand sich vollständig vor. Der Arbeiter wurde verhaftet. ------------   Es ist sicherlich bekannt, daß unser Männergesangverein "Eintracht" 1996 sein 100-jähriges Bestehen feiern kann. In diesem Zusammenhang wurden inzwischen zugängliche Archivunterlagen des Stadtarchivs Lahnstein nicht nur hinsichtlich vorhandener Unterlagen über unsere Grube und unser Friedrichssegen, sondern auch auf Aktivitäten der Friedrichssegener Vereine hin gesichtet. Dabei fanden wir eine Notiz im Lahnsteiner Anzeiger vom 3. August 1895 über einen Gesangwettstreit des MGV Friede Becheln, den dieser anläß- lich des 25jährigen Bestehens veranstaltete. In dieser Notiz wird berichtet, daß der Männer-Gesangverein "EINTRACHT" Friedrichssegen als 1a-Preis einen prachtvollen Glaspokal erringen konnte. Aus dem selben Jahre werden unter dem 31. August 1895 die für den Sedanstag vorgesehenen Aktivitäten bekanntgegeben: Das Programm zur Feier des 25jährigen Gedenktages der Schlacht bei Sedan ist wie folgt festgesetzt: Samstag 31. August , Abends 9 Uhr Zapfentreich und Fackelzug (Aufstellung Schule). Sonntag, den 1. September, Morgens 6 Uhr: Reveille, Morgens 8 Uhr: Kirchgang mit Musik (Aufstellung am Casino), Morgens 10 1/2 Uhr: Besuch des Kirchhofes und Niederlegen von Kränzen seitens des Kriegervereines an den Gräbern der verstorbenen Kameraden. Nachmittags 2 Uhr: Aufstellung des Festzuges am Casino 1/2 2 Uhr werden die Festjungfrauen, Gesangverein "EINTRACHT" und teilnehmende Bewohner der Ahler-Häuser und der am Moritzstollen mit Musik abgeholt. 1/2 3 Uhr: Ankunft auf dem Festplatz Begrüßungschor: Nun lasset die Glocken von Thurm zu Thurm (Gesungen von den vereinigten Gesangvereinen und Schulkindern). Festrede und Hoch auf den Kaiser Prolog und Überreichung eines Ehrentrunkes an die Veteranen durch die Festjungfrauen Dem Kaiser Heil (ges. v. d. vereinigten Gesangvereinen und Schul-- kindern Vertheilung von Sedanbretzel an die Schulkinder Conzert und Tanzbelustigung Abends 8 1/2 Uhr Zug vom Festplatz mit Fackeln nach dem Casino, Choral: "Großer Gott wir loben Dich" Glockengeläute und Beleuchtung der Kirche, Choral: "Nun danket alle Gott" Rückmarsch nach dem Festplatz Tanzbelustigung Aufstellung des Festzuges: Feuerwehr, Schulkinder, Musik, Fahne des Kriegervereins, Veteranen und Festjungfrauen, Kriegerverein, Casino "Glück auf", Gesangverein "Glück auf", Gesangverein "Eintracht", Belegschaft. Wie aus dem Festprogramm entnommen werden kann, war der MGV "EINTRACHT" in Ahl angesiedelt. Der heutige Ortsteil "NEUE WELT" hieß damals Moritzstollen. In der Ausgabe Nr. 42 des Lahnsteiner Anzeigers vom 15. März 1896 wird bekanntgegeben: Friedrichssegen, den 13. März 1896 Der Gesangverein "EINTRACHT" beabsichtigt am 7. und 8. Juni d. J. ein Fahnenweihfest zu begehen. Die Fahne ist bereits in Coblenz für 200 Mark gekauft worden. Unter Friedrichssegen, den 19. Mai 1896 erscheint dann hierzu die allgemeine Einladung: Ein Sängerfest, verbunden mit Fahnenweihe, feiert am 7. und 8. Juni 1896 der Gesangverein "EINTRACHT". Etwa 12 bis 15 Vereine haben ihre Mitwirkung zugesagt. Unter anderem wird der hiesige Gesangverein mit noch vier anderen Vereinen (ungefähr 90 Mann) unter Leitung des bewährten Dirigenten Herrn Köhler aus Bad Ems einen Begrüßungschor gemeinschaftlich vortragen. Die Bewirthung übernehmen die beiden Kasinowirthe. In der Ausgabe Nr. 89 des Lahnsteiner Anzeigers vom 9. Juni 1896 wird dann eingehend über das Fahnenweihfest berichtet. Gestern feierte unsere Grubencolonie ein Sängerfest, wie man ein solches hier noch nicht erlebt hat. Das schöne Wetter hatte viel zum Gelingen des Festes beigetragen und schon am frühen Mittag waren aus den verschiedenen Gegenden Vereine und Festgäste in großer Menge herbei geeilt, welcher Zuzug sich jedoch am Nachmittag bedeutend vermehrte. Der schön gelegene Festplatz mit seiner prachtvollen Herrichtung bildeten dann auch nach dem Eintreffen des Festzuges ein buntes Durcheinander, wobei den Speisen und Getränken fest zugesprochen wurde. Die zum Vortrag gebrachten Lieder der einzelnen Vereine fanden recht reichen Beifall. Ein um 6 Uhr über dem Thale erschienenes Gewitter, welches jedoch vorüberzog ohne zu schaden, hatte viele auswärtige Gäste zum Heimgang veranlaßt, wodurch es denn am Abend weniger gut besetzt war. Unter den Gästen waren aber auch unsere Herren Grubendirektoren mit ihren Familien und sprachen sich die Herrschaften sehr lobend über das Arrangement des Festes aus. Möge der heutige zweite Tag nun auch noch seinen schönen Verlauf finden, damit das ganze Fest dem Gesangverein zu Ehren gereiche. Dann ist lange Zeit nichts mehr über den MGV Eintracht zu lesen, bis dann am 10. April 1900 berichtet wird: "Der MGV Eintracht und die neu ge- gründete Musikkapelle des Thonwerks bringen dem Herrn Direktor A. Heberle ein Geburtstagsständchen" Eine weitere Nachricht über den MGV Eintracht findet sich dann erst wieder im Jahre 1912 und zwar anläßlich der 25jährigen Jubiläen der Lehrer Eckhardt und Bruchhäuser im Mai 1912. Dort brachte der Männerge- sangverein den beiden Jubilaren ein Ständchen. Dann finden wir erst 1921 weitere Nachrichten über den MGV Eintracht. Darüber wird bei der Berichterstattung über diesen Zeitabschnitt weiteres gesagt. -------- Es berichtet der in Limburg/Lahn erscheinende "Nassauer Bote" am 25.4.1895: "Grube Friedrichssegen bei Oberlahnstein, 25. April 1895: Mit dem hiesigen Silber- und Bleibergwerk steht es sehr flau. Von den seither hier etwa 450 beschäftigten Arbeitern wurden am 15. d. Mts. ca 180 Mann gekündigt, welche den 1. Mai ihre Arbeit verlassen müssen. Als Grund der Arbeiterentlassungen gilt allgemein, daß die hiesige Gru- be nahezu an Erzen ausgebeutet ist. Wie verlautet, soll in einer, am 26. d. Mts. in Wiesbaden stattfindenden Hauptversammlung der Bergwerksbesitzer, bestehend aus Franzosen, beschlossen werden, ob das hiesige Bergwerk gänzlich stillgelegt, oder nur noch in beschränktem Maaße weiterbetrieben werden soll." Daraufhin hat der Vorstand des Bergamtes in Diez die Verwaltung der Grube am 1. Mai 1895 um Stellungnahme zu dieser Zeitungsnotiz gebeten, denn be- reits am 2. Mai 1895 schrieb der Direktor der Grube Friedrichssegen, Herr Heberle, zurück: "Sehr geehrter Herr Bergrath, Auf Ihr gefl. Schreiben von Gestern theilen wir Ihnen ergebenst mit, daß der "Nassauer Bote" wieder in gewohnter Weise über uns herge- zogen hat. Thatsache ist, daß 126 Arbeiter am 30. v. Mts. abgegangen, hiervon waren jedoch von uns nur 65 Mann gekündigt. In Wiesbaden fand keine Hauptversammlung statt, sondern am 26. April eine Sitzung des Aufsichtsrates in Paris. Besondere Beschlüsse als die Ihnen schon bekannten, d.h. Einstellung der nicht rentablen Abbaue des liegenden Ganges wurden nicht gefaßt. Mit Hochachtungsvollem Glück Auf gez.: Heberle

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