Herr Hugo Heep war nicht nur Lehrer, sondern auch engagierter Bürger unseres Dorfes. Unter seiner Stabführung hat der Männer-Gesangverein "Eintracht" Friedrichssegen stolze Erfolge erringen können. Nie war die Sangesfreude nach dem 1. Weltkrieg so ausgeprägt, als zu der Zeit in der Lehrer Heep kostenlos den MGV Eintracht leitete. Die Weltwirtschaftkrise, von der Deutschland ganz besonders betroffen wird, hat in diesen Jahren erschreckende und ganz bedrohliche Formen angenommen.Von den Sparmaßnahmen, die auf allen Gebieten der Verwaltung usw getroffen werden mußten, hat die Schule und der Lehrerstand den Löwenanteil tragen müssen. Der Winter kommt. Mit ihm wird die Not in Friedrichssegen ins Unermeßliche steigen. Fast niemand mehr hat noch Arbeit, mit gekürzten, ganz unzulänglichen Unterstützungen sollen die erwerbslosen Familien den Notwinter überstehen. Die Lehrerschaft faßte den Entschluß, durch soziale Maßnahmen verschiedenster Art, die bittere Not lindern zu Helfen. Auf Vorschlag von Lehrer Hugo Heep erklärte sich der Kreisjugendpfleger bereit, zur Betreuung der jugendlichen Erwerbslosen so genannte Erwerbslosen-Fortbildungskurse hier einzurichten. Der Kursus wurde von Lehrer Hugo Heep übernommen. An ihm nahmen während des Winters durchschnittllich 30 Erwerbslose teil. An 2 Abenden in der Woche unterrichteten die Lehrer Kohlhof und Pflüger im Deutschen, Rechnen, Geschichte, Staatsbürgerkunde und hielten außerdem eine "aktuelle Stunde".

Ab 1. Februar 1932 trat für Herrn Lehrer Kohlhof, Lehrer Bücking ein. Auf Vermittlung der Bezirksjugendpflegerin fanden hier eine Reihe von Lichtbildervorträgen vor gefülltem Saale statt. Parallel zu diesem Kursus ging ein anderer für die weibliche Jugend. Von 2 Damen des katholischen Frauenbundes Oberlahnstein wurden die weiblichen Teilnehmer an 2 Nachmittagen im Nähen, Flicken und Schneidern unterwiesen. Das Verdienst der Errichtung dieses Kurses gebührt Fräulein Anna Müller - Oberlahnstein. Beide Kurse fanden im Schulsaal der Oberstufe statt. Weil wegen der großen Notlage wohl kaum zu Weihnachten in den Familien eine Bescherung sein kann, veranstaltete die Schule eine Weihnachtsfeier mit Bescherung. Durch Spenden insbesondere von Herrn Multhaupt und mit dem Ergebnis einer 2maligen Theatervorstellung des Kinderchores gelang es uns, mit etwa 500 RM allen Kindern eine sehr reichhaltige Bescherung zu machen. Die Feier mußte als Familienfeier im Saale Wirges stattfinden und fand vor überfülltem Saale statt. Die Patres des Johannesklosters hatten mit Unterstützung der Schule am 6. Dezember eine Nikolausbescherung für alle Schulkinder veranstaltet. Während des ganzen Winters gelang es uns, Kleider, Schuhe und Wäsche in großer Menge unter die Bewohner zu verteilen, mehrmals auch Lebensmittel. Anfangs Januar 1932 konnten wir aus gesammelten Beträgen 120 Zentner Briketts unter die Bewohner verteilen. Zu all diesen innerörtlichen sozialen Maßnahmen kam hinzu, daß der Winter 1930 auf 1931 ein milder Winter war und so ist es rückblickend fast als ein Wunder anzuschauen, daß es gelungen ist, trotz der drückensten Not das deutsche Volk über diesen Winter zu bringen, ohne daß es zu nennenswerten Unruhen gekommen ist. Hier in Friedrichssegen hört man allgemein sagen, daß kaum ein mal ein Winter so leicht vergangen sei wie der letzte, dank der umfassenden Fürsorge

Mit Hilfe von Unterstützungen, die uns von der "Frankfurter Zeitung" zugegangen waren, sowie solchen von Herrn Multhaupt und Fräulein Schlaadt - Oberlahnstein - waren wir in der Lage, von der Schule aus den allergrößten Anteil der Schulbücher zu beschaffen. Es wäre auch anders nicht gegangen, denn von Abnahme der Arbeitslosigkeit ist nicht zu bemerken. Das Winterhalbjahr beginnt am 12. 10. 1932 wenig versprechend. Den Beschlüssen einer Erwerbslosenversammlung in Oberlahnstein folgend, inszenierten die Kommunisten hier einen Schulstreik. Zwar folgten "nur" 40 Kinder der Parole, jedoch war der Unterricht dadurch in den ersten 3 Tagen wertlos. Dann war die Ruhe wieder hergestellt. Die Erwerbslosigkeit ist allgemein. Die Schulveräumnisse nehmen zu, vor allem wegen Schuh- und Kleidermangels. Durch namhafte Spenden des Hauses Multhaupt und des Tonwerks gelang es auch diesmal wieder, den Kindern noch eine herrliche Weihnachtsfeier, an der fast die gesamte Bevölkerung teilnahm, und eine reiche Bescherung zu veranstalten.

Die Grippeepidemie, die ganz Deutschland heimsuchte, machte auch hier nicht Halt; sie breitete sich vielmehr so schnell aus, daß innerhalb weniger Tage außer Leherer Becher auch 42 % der Schüler daran erkrankten und auf kreisärztliche Anordnung vom 6. Februar bis 11. Februar 1933 die Schule geschlossen war. Hier wollen wir das Kapitel Schulen in Friedrichssegen schließen Das Berichtenswerte über die Schule ist in die normale Zeitabfolge eingebunden.


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